Elon Musk scheint derzeit alles zu überragen, wie eine überlebensgrosse Statue eine Ebene. Er ist der reichste Mann der Welt, der «first buddy» von US-Präsident Donald Trump und der Chef des weltgrössten Elektroautoherstellers Tesla. Doch bei genauerem Hinschauen zeigen sich im Sockel einige Risse.
Davon war vor kurzem noch nichts zu sehen. Bei Tesla wirkte alles grundsolide. Die Verkäufe gingen seit 2011 immer nur hoch, im Jahr 2023 gar um 37 Prozent. Die Aktie explodierte ab 2020, bis zum Höhepunkt auf das gut Vierzehnfache. 2021 durfte er in der Kultsendung «Saturday Night Live» behaupten: «Ich habe das Elektroauto neu erfunden.»
Die ersten kleinen Risse tauchten 2024 auf. Musk konnte die Verkäufe von Tesla nicht weiter steigern, wie er es über ein Jahrzehnt lang getan hatte. Weltweit gingen sie leicht zurück, in der Europäischen Union sogar um 13 Prozent. Hätte Musk nicht aggressive Preisnachlässe angeboten, wären sie vielleicht gar eingebrochen. Musk hätte den Titel des weltgrössten Elektroautoherstellers verloren – an BYD aus China.
Musk wankte, glaubte aber offenbar, weiter Herr der Lage zu sein. Für 2025 versprach er eine Rückkehr zum früheren explosiven Wachstum – um 20 bis 30 Prozent. Doch wie die «Financial Times» berichtet, entgleiten ihm die Dinge eher. Der Januar brachte ein explosiv wirkendes Einbrechen seiner Verkaufszahlen.
Noch am besten war es in Grossbritannien mit nur 8 Prozent weniger verkauften Autos als im Vorjahr. In der Schweiz waren es 27 Prozent weniger. Richtig übel war es in Norwegen, den Niederlanden und Schweden, wo Musk 38, 42 und 44 Prozent weniger Teslas absetzen konnte. Und geradezu katastrophal war es in Deutschland und Frankreich, den beiden grössten Automärkten Europas: Musk verlor dort 60 beziehungsweise 63 Prozent.
Der Einbruch von Tesla lässt sich nicht mit einer allgemeinen Elektroauto-Misere erklären. Nur Musk hatte einen miserablen Januar, die Konkurrenz hingegen einen guten, die deutsche den besten aller Zeiten. Die Marken VW, Seat, Skoda und BMW konnten alle deutlich zulegen und Musk so über zwei Drittel seines Marktanteils abringen. Das meistverkaufte Elektroauto kommt seit längerem nicht mehr von Tesla. Schon vor einem Jahr titelte die «Bild»-Zeitung: «VW zieht an Tesla vorbei!»
Tesla scheint eher ein Musk-Problem zu haben. Seit einigen Jahren drängt er sich bei jedem Ereignis auf die Weltbühne und reklamiert eine Hauptrolle für sich. Doch laut Umfragen missfällt grossen Teilen des Publikums seine Darbietung, in den USA leicht mehr als der Hälfte, in Europa noch viel mehr. Für das Image von Tesla dürfte das ähnlich schädlich sein wie eine gigantische Schmutzkampagne. Der stark rechtslastige Politstar Musk kommt dem Autoverkäufer Musk in die Quere.
In den USA inszeniert sich Musk zurzeit als Kämpfer gegen staatliche Verschwendung. Vorbei am Kongress, und wohl auch am Gesetz vorbei, attackiert er die Entwicklungsbehörde USAID. Auf seiner Plattform «X» hetzt er unter seinen 200 Millionen Followern gegen sich ihm entgegenstellende Richter.
Sparen lassen sich bei USAID ungefähr 0,3 Prozent des Bundesbudgets. Verloren geht unter anderem ein Programm von Präsident George W. Bush, das weltweit bisher 25 Millionen Menschenleben gerettet hat. In einer neuen Umfrage des Pew-Instituts hat mehr als die Hälfte (54 Prozent) ein negatives Bild von Musk. Selbst unter den Republikanern sind es 24 Prozent, unter den Demokraten sogar 85 Prozent.
In Deutschland dürfte der Imageschaden noch grösser sein. In einer Umfrage hatten nur 21 Prozent einen guten Eindruck von ihm – somit volle 79 Prozent einen schlechten, wie die Newsagentur Bloomberg berichtet. Und wie Musk die deutsche Politik beeinflussen will, finden 85 Prozent der Befragten inakzeptabel.
Tesla-Aktionäre dürften hoffen, dass der Politstar Musk bald abtritt und die Bühne dem Autoverkäufer Musk überlässt. Jenem Musk, der mit Charme und Charisma kostenlos milliardenschwere Werbung machte. Jenem Musk, der überzeugt davon war, dass das Schicksal der Welt vom Überleben von Tesla abhänge.
Doch der Autoverkäufer Musk ist verschwunden. Stattdessen meinte der Politstar kürzlich: «Das Schicksal der Welt hängt von der Wahl in Deutschland ab.» Und ein guter Ausgang ist seiner Ansicht nach ein Sieg der Partei AfD. Nur sie könne Deutschland noch retten.
Diese AfD hat der deutsche Verfassungsschutz in seinem Jahresbericht als «Verdachtsfall» eingestuft. Demnach hat die Behörde genügend Anhaltspunkte dafür gefunden, dass bedeutende Teile der AfD die Verfassung ablehnen. 11'000 Personen hätten ein «Potenzial für Rechtsextremismus».
Zur Ideologie der AfD heisst es im Bericht: Es komme häufig die Vorstellung eines ethnisch homogenen deutschen Volkes zum Ausdruck. Es würden rechtsextremistische Narrative und Verschwörungstheorien bedient, wonach der politische Gegner diese ethnischen Deutschen verdrängen wolle. Funktionäre der Partei würden dafür Begriffe verwenden wie «Umvolkung» oder «grosser Austausch».
Zu dieser AfD sagte Musk im Januar an einer Veranstaltung in Berlin: «Es ist gut, stolz auf die deutsche Kultur und die deutschen Werte zu sein, und das nicht in einer Art Multikulturalismus zu verlieren, der alles verwässert.» Man wolle nicht, dass alles überall gleich sei, dass es nur eine grosse Suppe gebe.
Das Land konzentriere sich «zu sehr auf die Schuld der Vergangenheit», habe Musk der AfD noch gesagt. Damit habe er laut «New York Times» versucht, den Schatten der Nazis wegzuwischen, der Generationen von Deutschen dazu veranlasst habe, extreme politische Parteien aus dem öffentlichen Leben zu verbannen.
Es sind solche Auftritte, die stärker wirken, als es jede Negativkampagne könnte. Es kam beispielsweise sehr schlecht an in Polen, wo nach der deutschen Invasion ab 1939 etwa 6 Millionen Menschen starben. Ein polnischer Minister rief zum Boykott auf. «Alles, was ich sagen kann, ist, dass wahrscheinlich kein normaler Pole mehr einen Tesla kaufen sollte.»
Und es sind solche Auftritte, welche die langjährige Tech-Journalistin Kara Swisher zu der Überzeugung gebracht haben, dass Musk selbst an die Verschwörungstheorie vom «grossen Austausch» glaubt. Sie sieht in Musk einen traurigen kleinen Jungen, der als Kind zu wenig Liebe bekam und nun danach sucht. Swisher im Interview mit der «New York Times»: «Er ist ein schrecklicher Mensch geworden und sollte eine Therapie machen.» Es sind schwierige Zeiten für Tesla-Verkäufer.
Ich wiederhole: Trump, Musk & Co. sind nur da, um die USA für sich selbst auszurauben – für niemanden sonst.