Es sind die Jahre von 1933 bis 1945, Stalin und Hitler sind beide an der Macht, und die Ukraine ist, wie der Historiker Timothy Snyder sagt, ein «Herz der Finsternis» - so finster, man schaut lieber weg.
In jenen Jahren werden in der Ukraine mehr Menschen getötet als irgendwo sonst. Snyder: «Es gab keinen gefährlicheren Ort auf der Welt.»
Diese Geschichte kennen wenige. Weil die Ukraine nach dem 2. Weltkrieg verschwindet, hinter dem Eisernen Vorhang und in der Sowjetunion.
Ein Blick zurück auf diese Tragödien, und weiter, bis 500 vor Christus, als die «schwarze Erde» dem grossen Athen zum Verhängnis wird.
Eine dieser Tragödien endet mit der grössten menschengemachten Hungersnot der Geschichte. Es sterben drei bis vier Millionen Menschen im «Holodomor» - Ukrainisch für «Tötung durch Hunger».
Laut Historiker Snyder will Joseph Stalin eine «interne Kolonialisierung». Denn man habe keine externen Kolonien, die man ausbeuten könne - anders als die grossen Kolonialmächte.
Das, so Snyder, ist in Kurzform die Logik von Stalins erstem Fünfjahresplan. Dieser Plan ist in der ganzen Sowjetunion schmerzhaft gewesen. Aber eines der Hauptziele ist es, die fruchtbare schwarze Erde der Ukraine zu kontrollieren.
Weil das zentral ist, sind die Ziele besonders hoch - die Methoden besonders grausam. Es muss mehr Getreide abgeliefert werden. Die «Entkulakisierung» ist noch härter. Kulaken sind Bauern, die privates Eigentum haben. Lenin nannte sie «Blutsauger und Vampire».
Unter Stalin sollen «die Kulaken als Klasse liquidiert werden» - heisst: enteignet, erschossen oder deportiert.
Diese Kollektivierung der Landwirtschaft scheitert, die ersten Menschen verhungern. Stalin braucht Schuldige.
Im Machtapparat wird die Lüge erfunden, es steckten polnische Spione dahinter. Der Erfinder dieser Lüge wird später selbst mit dem Tode bestraft von der sowjetischen Bürokratie - er habe nicht genug getan gegen die polnischen Spione.
Vor allem aber gibt Stalin der Ukraine die Schuld, ukrainische Nationalisten würden die Reformen sabotieren. Stalin lässt seinen Unterdrückungsapparat los.
Es wird noch mehr Getreide konfisziert; selbst als klar ist, dass Hunderttausende oder Millionen sterben werden. Später wird den Bauern verboten, in die Städte zu gehen und zu betteln. Niemand darf die Ukraine verlassen.
Sie wird, so Snyder, zu einer Art von Gefängnis. «Es sterben Millionen, die nicht hätten sterben müssen.»
Wie Stalin habe auch der deutsche Diktator Adolf Hitler die Ukraine als «Kornkammer» verstanden, so Snyder. «Als einen Ort, der einen ganzen Kontinent ernähren kann.»
Für Hitler sei die Ukraine das Gebiet gewesen, das Deutschland kontrollieren muss, um die «jüdische Weltverschwörung» zu überleben und eine Weltmacht zu werden.
Zugleich wähnt Hitler die Welt in einem Endkampf von herrschenden Rassen über knappe Ressourcen. Deutschland muss zuschlagen, ehe es andere Rassen tun, und darum den «Lebensraum Ost» erobern – weitgehend die heutige Ukraine.
Arbeiten für die Nazi-Deutschen sollen auf diesem Boden die Ukrainer. Hitlers Vorbild waren die USA, oder zumindest was er deren Geschichte entnahm.
Die USA hatten Menschen aus Schwarzafrika als Sklaven arbeiten lassen. Für Deutschland würden - in Hitlers Worten - die Ukrainer die «N****» sein.
Nach dem Zweiten Weltkrieg verbreiten sich im Westen falsche Vorstellungen vom Zweiten Weltkrieg, sagt Snyder. So etwa, dass die Mehrheit der umgebrachten Juden in Nazi-Deutschland gelebt habe.
Tatsächlich sterben ungleich mehr Juden auf dem Gebiet, das Snyder im gleichnamigen Buch «Bloodland» nennt: ungefähr die heutige Ukraine und Belarus, Polen und die baltischen Staaten.
Das hat auch den einfachen Grund, dass in diesem Gebiet vor Kriegsbeginn viel mehr Juden leben als in Deutschland. Wie Snyder aufzeigt, werden 165'000 deutsche Juden getötet, was allein schon ein abscheuliches Verbrechen sei.
Zugleich stellt es nur einen kleinen Teil der Tragödie von Europas Juden dar: weniger als 3 Prozent aller 6 Millionen, die im Holocaust umgebracht werden.
Es zeigt sich Jahrtausende zuvor, welch grosse Bedeutung sie hat, diese schwarze Erde der heutigen Ukraine.
Es ist das Jahr 479 vor Christus, die Perserkriege sind vorbei. Gewonnen hat ein Bündnis von griechischen Stadtstaaten, angeführt von Sparta und Athen. Verloren hat das Grossreich von Persien, die damalige Supermacht.
Athen triumphiert, erlebt ungefähr fünf Jahrzehnte der Blütezeit, ehe es zum Desaster kommt, in welchem die schwarze Erde der Ukraine entscheidend ist.
Die griechischen Stadtstaaten bleiben nach ihrem grossen Sieg zerstritten, viele von ihnen hatten ohnehin aufseiten des persischen Reiches gekämpft. Und dieses Reich gibt nicht auf.
Seine Chance ist gekommen, als Athen seine Machtausdehnung übertreibt, Sparta sich bedroht fühlt und schliesslich den Peloponnesischen Krieg provoziert.
Athen wie Sparta bitten Persien um Unterstützung. Persien kann somit teilen und herrschen.
Es unterstützt die spartanische Schiffsflotte, womit Sparta dann Athen am Hellespont schlagen kann - dem Zugang zum Getreide der Schwarzmeerregion.
Danach ist Athen wehrlos, als Sparta die Getreidezufuhr aus der Schwarzmeerregion blockiert - von der Athen weitgehend abhängig ist . Athen muss sich geschlagen geben.
Die griechischen Stadtstaaten bekriegen sich danach noch jahrzehntelang. Athen versucht vergeblich, den Zugang zur Schwarzseeregion wieder zu beherrschen.
Irgendwann erreichen die Griechen ein «Gleichgewicht des Unvermögens», wie der britische Historiker Roderick Beaton festhält im Buch «The Greeks - A Global History». Persien hatte lange leichtes Spiel.
«Deprimierend» nennt Historiker Beaton, was die Griechen damals taten. Doch der Nachwelt wird ein anderes Narrativ überliefert - auch durch Texte, die bis heute überlebt haben: «Die Perser» von Aischylos, «Historien» von Herodot.
Was bis in die heutige Zeit nachhallt, ist laut Beaton das Narrativ vom heroischen Kampf eines vermeintlich krass unterlegenen Underdogs gegen eine Invasion durch ein Grossreich und die Bedrohung durch einen Tyrann. (aargauerzeitung.ch)
Man kann schon eine Story über Stalin und Hitler in Bezug zur UA machen. Da dann aber auch noch die alten Griechen hineinzuvermusen, wirkt dann aber doch sehr beliebig.
Die ukrain. Geschichte würde genügend hergeben, um sich einfach nur auf das 19. und 20. Jhrt. zu beschränken.
Auch der Lead, dass "Diktatoren die UA schon früher zum gefährlichsten Ort der Welt gemacht" hätten, ist ziemlich deplatziert-reisserisch:
Die Ukraine IST KEIN "gefährlicher Ort", sondern war leider nur allzu oft ein "Spielball" der Mächte.
Bis heute wird der Holodomor in Russland tot gewiegen. Gemäss Russischer Geschichtsschreibung hat das nie stattgefunden.
Heute versucht Putin etwas ähnliches. Die Felder der Ukraine werden zerstört, das Korn gestohlen. Und er sagt - wie Stalin - das seien alles Nazis.