Israel

Tel Aviv erneut unter Raketenbeschuss

Tel Aviv unter Beschuss.
Tel Aviv unter Beschuss.Bild: AFP
Kampf im Nahen Osten

Tel Aviv erneut unter Raketenbeschuss

12.07.2014, 17:2912.07.2014, 23:19
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Radikale Palästinenser haben am Samstagabend erneut Raketen auf die israelische Küstenmetropole Tel Aviv abgefeuert. Das teilte die Armee mit. Laut israelischen Medienberichten konnte die Flugabwehr die Geschosse abfangen. Das israelische Fernsehen berichtete, die Raketen seien über der Stadt abgefangen worden. Das Fernsehen zeigte Bilder von Feuerbällen im Nachthimmel.

Zuvor waren aus dem Gazastreifen drei Raketen in Richtung Jerusalem geschossen worden. Sie gingen im Westjordanland nieder. Ein Haus wurde dabei zerstört, aber niemand verletzt. Tel Aviv und Jerusalem waren in den vergangenen Tagen bereits mehrmals Ziele von Raketenangriffen aus dem Gazastreifen gewesen.

Israel hatte am Samstag seine massiven Luftangriffe auf den besetzten Gazastreifen fortgesetzt. Seit Beginn der Offensive am Dienstag wurden in dem palästinensischen Küstenstreifen bereits mehr als 130 Menschen, mehrheitlich Zivilisten, getötet.

Viele zivile Opfer

Das israelische Bombardement in Gaza trifft immer wieder auch Kinder. In den Spitälern greift zunehmend Mangel um sich. Manche befürchten den Zusammenbruch des Gesundheitswesens.

Die Cousins Kinan und Nur Hammad, beide fünf Jahre alt und schwer verletzt, liegen im vierten Stock des Schifa-Spitals in Gaza. Kinan verlor bei einem israelischen Luftangriff den Vater, die Mutter und die Schwester; der kleine Nur den Vater, den Bruder und die Grossmutter.

An ihren Betten sitzt Kinans Grossmutter Amal Hammad. «Am Mittwochabend war die ganze Familie im kleinen Garten ihres Hauses beisammen», berichtet die 54-Jährige. Plötzlich sei eine Rakete in dem Haus im Ort Beit Hanun im Norden des Gazastreifens eingeschlagen. Sechs Menschen, drei Männer und drei Frauen, seien getötet worden.

Ein verletzter Palästinenser wird geborgen.
Ein verletzter Palästinenser wird geborgen.Bild: Khalil Hamra/AP/KEYSTONE

Israel will zivile Opfer vermeiden

«Ich frage (den israelischen Regierungschef Benjamin) Netanjahu: Warum bestehst du darauf, Frauen und Kinder zu töten?», hadert ein Vater am Krankenlager seines Sohnes.

Abu Marahil will unter den frisch eingelieferten Verletzten im Schifa-Spital nur Frauen und Kinder gesehen haben. Israelische Militärstellen bestreiten, dass sie im Gazastreifen zivile Opfer verursachen wollten. 

Auch am Samstag verwiesen sie auf Zahlen, die belegen sollten, dass die Angriffe in erster Linie Militante und ihre Raketenstellungen ausschalten. Allerdings brächten die militanten Gruppen ihre Waffen und Kommandozentralen absichtlich in Wohnhäusern und Moscheen unter. 40 Prozent der Opfer der israelischen Angriffe seien Frauen und Kinder, sagen die Ärzte im Schifa-Spital. 

Ein zerbombtes Haus in Gaza.
Ein zerbombtes Haus in Gaza.Bild: AFP

Nur noch lebensrettende Eingriffe

Mahmoud Daher, der Vertreter der Weltgesundheitsorganisation WHO in den besetzten Gebieten, glaubt, dass im Gazastreifen der Kollaps des Gesundheitswesens droht. «Wenn es beim gegenwärtigen Bestand von medizinischen Vorräten zu einer Verschärfung der Lage mit sehr vielen Verletzten kommt, dann wird das Gesundheitswesen hier damit nicht fertig werden.»

Schon jetzt fehlt es an allen Ecken und Enden. Die Ärzte nehmen nur noch lebensrettende Eingriffe vor. Mahmoud Daher kennt einen Gallenkranken, dessen Operation in den letzten zehn Monaten immer wieder verschoben wurde. «Patienten wie er leiden an jedem Tag. Sie müssen mit starken Schmerzen leben», so der WHO-Vertreter.

Israel kündigt weitere lange Tage des Kämpfens an 

Raketen auf Israel, Bomben auf den Gazastreifen: Der blutige Konflikt in Nahost geht unvermindert weiter. Auch am Tag fünf der israelischen Bombardements im Gazastreifen zeichnete sich am Samstag kein Ende des Blutvergiessens ab. 

Der israelische Verteidigungsminister Mosche Jaalon sagte nach Medienberichten, Israel bereite sich auf weitere «lange Tage des Kämpfens» vor. Nach ständigem Raketenbeschuss aus dem Gazastreifen bombardiert Israel seit der Nacht zum Dienstag Stellungen der Hamas und ihrer Verbündeten im Gazastreifen. 

Israelische Bodentruppen machen sich bereit.
Israelische Bodentruppen machen sich bereit.Bild: AFP

Die USA riefen die verfeindeten Seiten zur Einstellung der Kampfhandlungen auf. «Je schneller wir eine Waffenruhe erreichen können, umso besser ist das für beide Seiten», sagte der Sprecher von US-Präsident Barack Obama, Josh Earnest, am Freitag (Ortszeit) in Washington. 

«Es wird Zeit, dass wir den Weg zu Ende gehen»

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu will jedoch die Militäroperationen nicht einstellen, solange die Hamas Israel mit Raketen beschiesst. Um die radikalen Islamisten zur Beendigung des Raketenfeuers zu zwingen, schliesse Israel «keine Option aus», sagte Netanjahu am Freitagabend bei einer Medienkonferenz in Tel Aviv. 

Aussenminister Avigdor Lieberman hatte sich am selben Tag für eine Bodenoffensive ausgesprochen. «Es wird Zeit, dass wir den Weg zu Ende gehen», sagte Lieberman dem israelischen Fernsehen. Die Herrschaft der Hamas im Gazastreifen müsse beendet werden. An der Grenze wurden grosse israelische Truppenverbände zusammengezogen.

UNO-Sicherheitsrat besorgt

Die Mitglieder des UNO-Sicherheitsrats haben sich extrem besorgt über die Eskalation der Gewalt im Nahen Osten gezeigt. In einer gemeinsamen Mitteilung forderten die 15 Länder am Samstag in New York eine Waffenruhe zwischen Israel und der islamistischen Hamas im Gazastreifen.

Das Völkerrecht, das auch den Schutz von Zivilisten einschliesse, müsse eingehalten und direkte Verhandlungen zwischen Israel und den Palästinensern wieder aufgenommen werden. Das mächtigste UNO-Gremium will sich bei einer Sondersitzung am Montag (18.00 Uhr MESZ) erneut mit dem Thema befassen. (viw/jas/sda/dpa) 

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