Eintrag vom 10. November 2016:
Liebes Tagebuch,
du kennst mich. Besser als jedes andere Tagebuch. Logisch. Ich hab ja auch nur ein Tagebuch. Aber egal jetzt. Auf alle Fälle: Du weisst nur allzu gut, dass ich mich normalerweise für diese irrelevante Weltpolitik nicht interessiere.
Ich bin ohnehin bereits die Präsidentin des Wohnzimmers. Und die Verteidigungsministerin von Balkonien. Was geht mich da der Rest an?
Doch die letzten Tage waren einfach furchtbar, liebes Tagebuch!
Immer sind es diese fürchterlichen Homo Sapiens, die zum Präsidenten gewählt werden. Das ist nicht fair! Wo bleibt da die Gleichberechtigung? Warum ist es nie eine Katze?
Mit mir im weissen Kratzbaum Haus wäre alles tausendmal besser. Ich kann es
sogar beweisen, liebes Tagebuch. Ich habe bereits eine Liste gemacht, was ich in meiner Amtszeit als Weltherrscherin Präsidentin alles tun würde:
Arbeitslosigkeit? Ich verstehe das Problem nicht. Es gibt doch so viele Berufe, die noch bemannt werden müssen!
Einfach unglaublich, liebes Tagebuch, aber trotzdem wahr: So viele Präsidenten und Versprechen – und doch hat sich bisher nichts geändert. Mein Mensch füllt meinen Futternapf nach wie vor mit dem gleichen grässlichen Trockenfutter. Traurige Welt!
Weisst du, liebes Tagebuch, ich bin eine verständnisvolle Katze. Wenn Menschen traurig oder wütend wegen Flüchtlingen sind, dann verstehe ich das. Anderseits muss ich aber sagen:
Wenn eine Katze von ihrem zuhause flieht, ist der Mensch meistens selber schuld. Hätte es im Haus genügend Futter, Kartonkisten, treue Sklaven Diener und Streicheleinheiten gegeben, wäre sie nie weggelaufen. So einfach ist das.
Vielleicht sind diese Homo Sapiens ja deshalb so verbittert – sie kriegen nicht genügend Umarmungen! Ich bin davon überzeugt, dass sich auf diese Art und Weise eine Menge an Weltproblemen lösen lassen.
Wieso sollen wir Katzen uns kastrieren lassen – Menschen aber nicht? Und während sie einen leckeren Burger verdrücken, müssen wir uns mit Dosenfutter begnügen? Das ist unfair!
Denn ich bin ausserdem eine offene und ehrliche Katze. Immerhin lasse ich die Öffentlichkeit hin und wieder in meinem Tagebuch mitlesen. Welcher Politiker kann das schon von sich behaupten?
Ich bin zwar nett, aber wenn du nicht für mich stimmst, dann schaffe ich trotzdem nicht nur Geraldine, sondern auch dich aus!
Mit hoheitsvollen Grüssen,
zukünftige Weltherrscherin Präsidentin Olga von Schnurrhausen