Wer mich kennt, weiss, dass ich manchmal nicht ganz weiss, was ich will. Oder was ich nicht will. Und dass Fomo hie und da ein real thing ist in meinem Leben.
Haha.
Sandro ist da etwas anders. Bestimmter. Vielleicht mutiger. Jedenfalls weiss er, dass er gerne Kartoffeln hätte. Ich will (höchstwahrscheinlich) keine. Wir haben schon mal darüber geredet. Dann haben wir das Thema ruhen lassen und nun ist es wieder da. Und plagt uns. Plagt mich.
Neulich jedenfalls ist Sandros Kinderwunsch so gross, dass er mir sagt, dass sein Herz weh tut beim Gedanken, nicht Papa zu werden. Er betont, dass es nicht um irgendein Kind geht. Er sagt, er will eines mit mir. Nur mir. Dass der Wunsch ja schon lange da ist. Er aber immer stärker werde und er nicht mehr wisse, wie er damit umgehen soll.
Ich derweil habe keinen Kartoffelnwunsch. Also hie und da minim. Ich finde die Vorstellung schön. Wenn ich mir aber die Realität meiner Freundinnen mit Kartoffeln anschaue, will ich mit keiner tauschen.
Wir könnten es anders machen, findet Sandro. Nicht so konventionell. Wir können das Leben als Familie ja gestalten, wie wir wollen. Im Van als digitale Nomaden um die Welt reisen. Oder so.
Immer, wenn Sandro so was vorschlägt, bin ich kurzfristig Feuer und Flamme. Dann erlischt die Flamme und ich will nicht mehr. Oder hab Schiss. Schwer zu sagen. Was ich aber weiss, ist, dass da, wo all meine Freundinnen schon vor zehn Jahren das Reissen nach Kartoffeln haben, nichts ist. Also nicht nichts. Einfach nur sehr wenig.
Sandro schlägt eine Paartherapie vor. Also eine Sitzung. Eine professionelle Meinung von aussen, wie man mit solch einer, Pardon, Kack-Situation umgehen soll.
Zwölf Tage später sitzen wir also bei einer Paartherapeutin, die uns wärmstens empfohlen wurde. Sandro und ich sitzen auf, logisch, einem schwarzen Ledersofa. Sie auf, logisch, einem schwarzen Sessel. An den Wänden hängen Bilder von Früchten. Stillleben oder so. Gefällt mir nicht. Bin ja aber auch nicht wegen Kunst oder Einrichtung hier.
Was unser Anliegen und was unser Ziel sind, will sie wissen. Ich muss das erste Mal sehr loslachen. Das muss ich immer, wenn ich unsicher bin. «Reiss dich zusammen, Ems», sagt Sandro.
Therapeutin legt los mit ihren Notizen. Wahrscheinlich rät sie uns bald zur Trennung.
Sandro schildert unseren Zwiespalt.
Dann dürfen wir sagen, was wir aneinander super finden, was weniger, wie unsere Kommunikation läuft, wie unsere Zukunftsvorstellungen aussehen. Sandro malt ein klares Bild. Eines, das mich an die Happy-Family-Toffifee-Werbung aus den 90ern erinnert.
Ich sage, dass ich das herzig finde. Und dann sage ich, dass ich mir alles vorstellen kann. Und dass ich bei alles immer wieder mal happy Kartoffeln rumrennen sehe. Und dann aber auch wieder nicht. Dass ich heute aufs Land ziehen und XL-Zucchetti züchten will. Dass ich kurze Zeit später rein gar nie irgendwas ändern will, weil heute alles so schön perfekt ist.
Dann will ich wieder Baby-Robben retten. Oder als Quereinsteigerin Gefängniswärterin werden.
Sandro verdreht die Augen. Therapeutin hebt die rechte Augenbraue, während sie schreibt und schreibt und schreibt.
Am Ende schlägt sie vor, dass «du, Emma, vielleicht ein paar Mal ohne Sandro kommst».
Okay.
Wow.
Fühlt sich wie Nachsitzen anno dazumal an.
Aber gut. Machen wir. Kommt Zeit, kommt Rat. Kommt Kartoffel oder keine.
Ja, ja, ich schnalle es ja auch.
Schon gut, wenn ich da einige Male selber einchecke.
Ufzgi habe ich auch bekommen. Ich soll mal random alle meine Gedanken zu Papier bringen, die ich habe, wenn ich an Kartoffeln denke.
Was soll ich sagen? Good luck, liebe Therapeutin. Und good luck, liebe User:innen.
Nun als zweifacher Papa von zwei Mädchen (2 Jahre und 3 Monate alt) ist mein Fazit:
Ich würde lieber sterben oder auf der Strasse leben als auf meine zwei Meitlis zu verzichten. Die Freiheiten vorher sind mir sowas von scheissegal und jede Sekunde mit den Beiden ist der schönste Moment ever.
"Wir können es ja anders machen als die anderen"
Na da bist du wohl sicher der erste😂
Aus Erfahrung: ich konnte und kann es mir vorstellen Härdöpfel zu haben. Meine Frau nicht.
Da ich mich somit mit dem Thema etwas auseinandergesetzt habe, rate ich dir ab eine Frau zu Kindern zu überreden.
Ja vielleicht geht's gut, vielleicht aber auch nicht (regretting motherhood und so) . Und dann sitzen leider nicht nur einer oder zwei, sondern 3 in der Scheisse.
Und einer davon, kann mit Sicherheit nichts dafür.