In einer perfekten Welt ist man ein perfektes Paar, hat ein perfektes Daheim und perfekte Freunde. Man ist eine einzige riesige, selber gewählte Familie, die sich jedes Wochenende zum perfekten «Get-together» trifft.
Man lacht über die gleichen Witze, alle verstehen sich einfach nur blendend und neu dazu kommende Freunde und Freundinnen passen logischerweise alle perfekt in die perfekte Truppe.
Nun. Sandro und ich sind kein perfektes Paar. Wir haben ja nicht mal ein gemeinsames Daheim, das nur annähernd perfekt sein könnte.
Was wir auch nicht haben, ist eine gemeinsame Clique. Wofür auch? Wir lieben es, Zeit zu zweit zu verbringen und wir lieben es, Zeit ohne einander zu verbringen. Wofür braucht man den Schatz, wenn man mit eigenen Freunden abhängt? Und wieso besteht der Anspruch, dass alles eins wird, wenn man ein Paar ist?
Müsste ich ständig mit Sandros Bros abhängen, wäre ich maximal genervt. Sandros beste Freunde, er hat vier, kennt er seit der Primarschule. Seit der dritten Klasse sind die Magic 5 ein Herz und eine Seele (und eine hie und da ziemlich strapazierte Leber). Der eine ist IT-Nerd, der andere macht irgendwas mit Krypto, der dritte macht was mit Medien und der vierte ist Zahnarzt.
Zusammen sind sie aber vor allem etwas: eine einzige Kartoffel.
Sie lachen über Spongebob, schauen alte «Beavis-&-Butthead»-Videos, veranstalten Töggeli-Turniere und spielen Beerpong. Sie haben, seit sie 14 sind, ein «Rüümli», an dessen Wände aus nostalgischen Gründen Playboy-Bilder hängen.
Logischerweise haben sie auch eine Spielkonsole.
Im Sommer spielen sie Kubb und springen von ziemlich hohen Brücken in Flüsse. Manchmal treffen sie sich auch zum Znacht, wo sie dann Hähnchen auf Bierdosen machen.
Sie machen das schon ewig. Und während dieser Ewigkeit sind viele Frauen gekommen, gegangen, wieder gekommen, nie mehr gekommen, haben Herzen gebrochen und so. Man kennt es, Liebesleben in jungen Jahren halt.
Als ich die Magic 5 zum ersten Mal getroffen habe, waren Sandro und ich noch sehr lange kein Paar. Die Bros waren freundlich, sagten «Hoi, wettsch öppis trinke?», brachten mir ein Bier. Und redeten dann eigentlich nie mehr ein Wort mit mir. Nicht, weil ich sie nicht interessiere, sondern einfach, weil sie sind, wer sie sind und was sie sind: ein Fünfer-Team, das immer fünf war, fünf ist und fünf sein will.
Natürlich haben die 5 einen Freundschafts-Chat. An Sandros Lachen erkenne ich, wenn in diesem grad wieder Zeugs rumgeschickt wird, von dem ich in zehn Leben nicht verstehen werde, warum sie es lustig finden. Das muss ich aber auch nicht. Das ist Sandros Welt. Sandros Freunde. Sandros Insider-Jokes.
Die vier Dudes von damals sind natürlich nicht Sandros einzige Freunde. Natürlich habe ich in den letzten Jahren auch andere Leute aus seinem Umfeld kennengelernt, die ich sehr mag. Auf die ich mich freue, wenn ich sie mal im Ausgang sehe. Ich bin aber mit niemandem so eng, dass ich mich ohne Sandro mit ihnen treffen würde. Nicht, weil ich das per se ausschliesse. Ich forciere es einfach nicht.
Ausserdem, und da unterscheiden sich Sandro und ich, habe ich tausend eigene Freundschaften. Ich habe zwei beste Freundinnen, einen besten Freund und 997 sehr gute Freundschaften, die ich pflegen will. Das alles braucht Zeit und Energie und Raum. Dann habe ich noch eine aller-aller-aller-beste Freundin. Die ebenfalls viel Zeit und Raum wünscht.
Diese aller-aller-aller-beste Freundin bin ich selber.
Die andere Gruppe sind meine Mitmusiker, die ich seit 12 Jahren kenne. Dumme Dad-Jokes, Memes, Gespräche über Gaming oder Whisky sowie philosophieren über Klemmbausteine. Hervorragend!
Pflegt eure Männerfreundschaften, immer!