Vielleicht ist es mega simpel. Ich werde einfach gerne mental gekitzelt, bevor ich physisch berührt werde. In überfüllten Clubs habe ich noch nie ein Gespräch geführt, das mich nur annähernd irgendwo in der Kopf-Herz-Gegend gekickt hat.
Scheissegal und völlig überbewertet, finden meine Freunde, die in One-Night-Stands die sexuelle Erfüllung finden. Ich handkehrum, halte ONS vor allem für Russisch Roulette.
Ich hatte bis heute drei One Night Stands. Das ist wenig, ich weiss. Ich will dennoch keinen vierten mehr. Nach drei Mal unverbindlichem Sex weiss ich: Null Vertrautheit lähmt mich, macht mich gar zum Brett im Bett. Das wünsche ich keinem. Und weil wir Menschen uns selbst am nächsten sind, mir am allerwenigsten.
Was ich mir auch nicht wünsche, sind Begegnungen mit den Männern, mit denen ich diesen vermeintlichen easy geilen, in Zürich sehr verbreiteten und modernen Sex, hatte. Genau das ist mir aber gestern passiert. Im Supermarkt zwischen Haferflöckli und Dörrpflaumen können wir einander nicht mehr ausweichen.
Wir, das sind Paul. Oder Peter. Vielleicht heisst er auch Pius. Und ich. Viel mehr weiss ich nicht. Nur dass in seinem Wohnzimmer eine Glasvitrine steht, ein Boxsack im Schlafzimmer hängt, er im EG wohnt und Alkohol im Kühlschrank hat.
Paul-Peter-Pius und mich verbindet aber ein Rekord: Vom Kennenlernen im Club bis zum Adieu an seiner Haustüre sind letzten Sommer gerade mal 80 Minuten vergangen. 50 davon haben wir im Club verbracht. 10 für den Weg, 5 für den Wohnungsrundgang. Bleiben 15 für den Sex.
Schon als wir uns küssten, harmonierten Paul-Peter-Pius und ich nicht. Bevor ich mir überlegen konnte, wie ich aus dieser Nummer rauskomme, war der Akt schon vorbei und ich angezogen vor seiner Haustüre.
Hier zwischen den Regalen ist er schon wieder schneller als ich. Paul-Peter-Pius fasst verdammt rassig ins Gestell und haut ab. Er ist so schnell, dass ich nicht mal sehe, wonach er gegriffen hat. Es bleibt also dabei. Ich weiss Paul-Peter-Pius’ Namen nicht, weiss nicht, was er beruflich macht und was seine Hobbies sind. Neu weiss ich auch nicht, ob er lieber Haferflocken oder Schoggimüesli isst.
Auf dem Heimweg schreibe ich meinen zwei besten Freundinnen von meiner Begegnung. Als mich die blanke Panik einholt. Hat er auch einen Gruppenchat unter Männern? Steht da jetzt sowas wie:
...?
Ich versuch ganz ruhig zu atmen. Über den Dingen zu stehen. Mir selber gut zuzureden. Es ist zum Beispiel wie Kochen und Backen. Backen kann ich, kochen nicht. Velofahren kann ich, Autofahren eher schwierig. Schlittschuhe laufen kann ich, snöben nicht. Sex kann ich. One Night Stands nicht.
Und ihr alle, die ständig bei Sexgöttern und Porno-Prinzessinnen in der Kiste landet, seid entweder alles Lügner oder alles Reinkarnationen von Mutter Theresa. So oder so: Leckt mich doch!
Adieu,
... Stadtmensch, Single, Anfang 30 – und watsons neue Bloggerin, die nicht nur unverfroren aus ihrem Liebesleben berichtet, sondern sich auch deinen Fragen annimmt. Und keine Sorge, so wie auch Emma, wirst auch du mit deiner Frage anonym bleiben. Madame Amour ist es nämlich sehr wichtig, auch weiterhin undercover in Trainerhosen schnell zum Inder über die Strasse hoppeln zu können.
Dann schick sie per Mail an Emma: emma.amour@watson.ch