Bei mir hat sich in sehr kurzer Zeit so einiges getan! Ich bin über die Bücher und in mich gegangen (nein, nicht so, wie ihr jetzt denkt), habe an meinem Schreibstil gefeilt und einen grossen Schritt gewagt: Ich bin trotz meinen Vorbehalten nach Zürich gezogen und wage einen Neustart.
Basel war mir dann doch zu langweilig und ländlich. Valentin habe ich hinter mir gelassen und ihn mit unseren Shibari-Seilen an die Johanniterbrücke gefesselt. Dort soll er sich mal gut überlegen, was er eigentlich will. Wieso ich ihn dorthin verbannt habe, davon vielleicht mehr ein andermal ...
Denn nun geht es erstmal wieder um mich. Ich kann es kaum erwarten, Zürich zu entdecken, und was eignet sich besser dazu, als in die Welt der Dating-Apps einzutauchen? In der «Metropole» Zürich scheint das ja fast zum guten Ton zu gehören.
Tinder, in den vier Jahren, seit ich dich kenne, bist du schlecht gealtert. Auf dir scheint es nur Menschen zu geben, die gerne klettern, Yoga und Skitouren machen. Oh, die Skitouren! Alle sind die Menschen hier grosse AbenteurerInnen – wenn sie nicht gerade tagein, tagaus in ihren Corporate Jobs vor ihrem PC sitzen. «Be the change you want to see in the world!», «ich will mal Kinder», «matchen und dann nicht schreiben – verstehe ich nicht!». Jedes Profil ein Abklatsch des nächsten.
Die Funktion «Heute Abend Zeit?» gefällt mir hingegen gut. Dort findest du Dates für den heutigen Abend. Mein einziger Anlauf damit endet aber so, dass einer mich direkt zu sich nach Hause bestellen will, ohne auch nur ein kurzes Treffen zuvor in der freien Wildbahn. Nein, danke. Wenigstens hat er sich erstaunlich respektvoll verabschiedet.
Da habe ich schon ganz anderes erlebt. «Hey, woher kommst du?», «Ich komme aus XY.» – uuund entmatcht. Wow. «Hey, was suchst du auf Tinder?», frage ich einen anderen. «Oh, so eine typische Frage einer Schweizerin», antwortet der sexy Australier. «Ich weiss meistens in etwa, was ich will», antworte ich. «Das hört sich schon jetzt viel zu kompliziert an!», sprach er, zagg und entmatcht!
Ist Tinder der Boomer unter den Apps, so ist Joy Club der, der früher auf dem Pausenhof verkloppt wurde. Heute fährt er ein protziges Auto, geht pumpen und grilliert am Wochenende mit seinen Kumpels bei übelster Techno-Musik auf der Chinawiese.
Auf Empfehlung eines Freundes schaue ich mich also in diesem «Club» um. Und meine Fresse, ich fühle mich in meine schlimmsten Swinger-Alpträume versetzt. Unaufgeforderte Dick Pics, platte, schleimige und einfach nur eklige Anfragen und davon vierzig pro Tag.
Das fragt mich der selbsternannte «Gentleman alter Schule, der die Frau gerne verwöhnt». «bd» steht übrigens für «big dick», wie Google mir verriet. Ich lasse es mal darauf ankommen und antworte mit «...», er sogleich mit:
Ich ziehe die Notbremse und antworte mit der vorgefertigten Absage: «Sorry, bei mir funkt es nicht. Viel Erfolg bei der weiteren Suche ...». Er lässt sich nicht unterkriegen: «Schade für dich! Wäre exclusiv» und beehrt mich mit einem Dick Pic, das ganz bestimmt nicht seinen Schwanz zeigt.
Nun gut, Männer und ungeprüfte Paare zahlen für einen Monat 33 Franken, um überhaupt Nachrichten schreiben zu können. Wieso also nicht aufs Ganze gehen? Apropos Paare: Sie bisexuell oder bi-interessiert, er hetero, sie sind «ein aufgeschlossenes Paar», das meiner Interpretation zufolge vor allem seinetwegen hier ist.
Sexy, sexier, feeld! Ich bin hin und weg. Auf Empfehlung einer Freundin (ich sass an einem Freitagabend einsam und horny zuhause) bin ich auf die Gratis-App Feeld gestossen. Die Menschen sind wahnsinnig gutaussehend, künstlerisch-kreativ tätig, oft poly, unverkrampft, viele queer. Mal mit echtem Namen und Gesicht, mal anonymer, aber bisher immer respektvoll, interessant und authentisch.
Neben einer Kurzbio kannst du auch deine sexuellen Wünsche angeben, etwa BDSM, Kissing, Massages, Kink, Singles, Paare. Hat Feeld das geschafft, was Joy im Sinn hatte? Ganz natürlich über sexuelle Vorlieben zu reden und dennoch respekt- und niveauvoll zu bleiben? Ich wage es zu hoffen – und halte euch auf dem Laufenden!
Die Streberin unter den Apps. Nebst Dates kannst du auch nach BFFs oder Bizz (Business-Kontakten) suchen. Sie wurde mir schon unzählige Male als die App empfohlen; sogar von meinem Therapeuten. «Wenn du matcht, muss die Frau zuerst schreiben! Sonst kann der Mann sie nicht kontaktieren», höre ich immer wieder als Argument. Das stimmt so aber gar nicht, denn man kann auch einfach Fotos kommentieren, Match und Geschlecht hin oder her. Wenn ihr dann mal chattet, kannst du im Vergleich zu Tinder auch Sprachnachrichten, Fotos oder Videos senden.
Und wenn wir schon bei Tinder sind: Im Vergleich sind bei Bumble die hübscheren Menschen. Sie sehen aber auch ein wenig so aus, als seien sie gerade einem Katalog entsprungen; zu aalglatt irgendwie.
Die Profile erinnern an die Freundschaftsbücher aus der Primarschule: Hobbys, das will ich mal werden, Sternzeichen, Kinderwunsch ... Etliche Fragen können beantwortet werden und die meisten machen rege davon Gebrauch. Spannend zum Herumstöbern, mir hat es aber zu viele Infos aufs Mal – und wieso sprechen hier eigentlich alle nur Englisch? Der Fantasie wird keinen Raum gelassen und mir mutet alles zu pragmatisch an. Vielleicht fühlt es sich so an, auf Paarship zu sein? Hat jemand von euch Erfahrungen damit? Anyone? Bitte einfach in die Kommentarspalte schreiben, danke!
Was gäb es nicht noch alles für andere Apps ... Hinge, auf der sich Expats tummeln, deren Audiodateien mich dahinschmelzen lassen, OK Cupid, die es schon seit 2004 gibt, Lovoo mit dem Motto «Meet. Greet. Heartbeat.» (ich fände ja passender «Meat. Great. Heartache.») und wie sie alle heissen. Der Nerv für noch mehr Rumgeswipe fehlt mir aber im Moment. Lieber konzentriere ich mich auf die paar heissen Matches, die ich jetzt schon habe ... Davon dann mehr nächste Woche!
Bevor es aber so weit ist: Auf welche Apps schwört ihr und wieso?
Süsse Grüsse,