Wie ihr wohl schon lange wisst, bin ich kein Experte in Sachen Trennungen. Deshalb bin ich auch nicht hundertprozentig sicher, dass ich getrennt bin. Vielleicht sind wir auch nur in einer Pause. Wir hätten auch gar kein Ross-Rachel-Problem ... Ich habe viele Schwestern, ergo habe ich viel Friends schauen müssen. Was ich sagen will, für alle Friends-Hasser: Ich habe die ungeklärte Situation bisher nicht ausgenutzt. Ich schaue Frauen schon fast gar nicht an und glaubt mir, Leute, das heisst etwas. Aber ich bin gerade immun gegen Frauen.
Ich gebe euch einen kleinen Rundown, was Lara-technisch passiert ist. Hanna sagt, das interessiert kein Schwein, aber Hanna hasst Lara, es ist also logisch, dass sie das sagt.
Lara und ich hatten ja so eine Halb-Trennung, nachdem sie mit dem Unicorn, das dann wohl gar nicht mehr Unicorn genannt wird, schliesslich hatten sie nur zu zweit Sex, was das Unicorn dann wohl eher zu einem, ja hundsgwöhnlichen Ross macht, aber ich weiss jetzt nicht, ob man das so sagen darf, oder ob das jetzt tier-despektierlich ist, also hornloses Unicorn, keine Ahnung, ich meine das nicht abschätzig, das Nicht-Unicorn konnte ja an der beschissenen Situation auch gar nichts dafür, das wusste ja nicht, was wir für Abmachungen hatten.
Item.
Nachdem Lara Sex mit dem Nicht-Unicorn hatte, ich wütend wurde, sie Pause wollte, dann nicht mehr Pause wollte, dann von dem Sex mit dem fucking Ex erzählte und dann wieder Pause und nicht mehr Pause wollte, nachdem passierte eine Weile nichts.
Zwei Wochen lang hörte ich nichts von ihr. Sie sagte, sie melde sich, also wartete ich, dass sie sich melden würde.
Ich bin ehrlich. Es gab mehrere Situationen, in denen ich fünf vor Whatsapp schreiben war. Es gab auch mehrere Situationen, in denen ich fünf vor Nummer löschen war.
Nach zwei Wochen hat Lara einen sehr schönen, aber irgendwie auch unschönen Brief geschrieben. Darin stand in langen Ausführungen, wie toll sie mich fand und warum sie denkt, dass gerade wir zusammen sein sollten. In ebenfalls langer Ausführung stand dann aber auch, dass wir das auf keinen Fall sollten. Zwei komplett gegensätzliche Aussagen. Ich wollte abermals zurückschreiben, aber Hanna hat es mir verboten.
Hanna und ich waren gerade ein Wochenende in Davos, Skifahren, Kafi mit Schnaps trinken, Sonnenbrand holen. Das hat jetzt nicht geholfen, Abstand zu schaffen, weil ich die Berge mit Lara assoziiere, weil wir uns ja in Davos kennengelernt haben. Jedenfalls kam da der Brief. Also der Brief war kein Brief. Es war ein Dokument. Also schon ein Brief. Ein pdf. Einfach per Whatsapp geschickt.
Ich kann da jetzt keine Sätze wiedergeben, das wäre unfair, aber ich habe den Brief Hanna gezeigt und sie meinte: «Das ist so toxisch! Lara ist eine Narzisstin! Der darfst du nie mehr zurückschreiben!» Das sagte sie mehrmals.
Ich hatte wirklich null Komma null Lust auf das Gespräch. Ich finde sowieso, dass heutzutage viel zu schnell von toxisch und narzisstisch die Rede ist. Es gibt keine miesen Beziehungen mehr, nur noch toxische. Und wer früher ein Arsch war, ist heute ein Narzisst. Als würden solche Begriffe der Sache einen akademischen Touch verleihen.
Eigentlich wollte ich mit Hanna gar nicht über Lara reden. Aber nicht über sie zu reden, geht auch nicht. Denn ich sag's, wie's ist: Über andere Dinge nachdenken, kann ich gerade nicht. Ich weiss nicht, ob das Liebeskummer ist. Ich bezweifle es. Ich bin nicht traurig, dass es vorbei ist. Ich bin nur verwirrt.
Wenn ich mir das genau überlege, war ich die meiste Zeit mit Lara verwirrt. Es gab Zeiten, da wünschte ich mir, ich hätte unsere Gespräche mit dem Handy aufgezeichnet, dann hätte ich immerhin beweisen können, dass sie sagte, was sie plötzlich negierte. Sie konnte einfach das Gegenteil behaupten. War felsenfest davon überzeugt, etwas nie gesagt zu haben. Das sagte sie so überzeugend, dass ich oft selbst nicht mehr wusste, ob meine Erinnerung richtig war.
Ich konnte auch nur wütend sein, wenn sie nicht da war. Wenn wir etwas besprachen, wurde die Wut zu Verwirrung. Egal, was passiert war, jedesmal wenn ich ihr länger zuhörte, war ich überzeugt, dass ich das Problem war. In allen Bereichen. Dass ich zu wenig locker, zu wenig modern, zu wenig einsichtig, zu wenig entspannt war. Vielleicht hatte sie mit allem Recht. Vielleicht war ich immer das Problem.
«Sie ist manipulativ», würde Hanna diesen Gedanken kommentieren. Aber ich weiss nicht, ob das stimmt. Lara war auch sehr verständnisvoll. Und wir hatten sehr gute Gespräche. Sehr gute Momente. Ich hatte manchmal das Gefühl, niemand versteht mich so gut wie sie. Und dann hatte ich wieder das Gefühl, egal, wie ich mich erklärte, sie wollte nichts verstehen. Und das konnte sie so gut erklären, bis ich auch nichts mehr verstand.
Versteht ihr, was ich meine?
Und: Soll ich ihr antworten?
So long,
Ben
Das ist textbook Gaslighting. Das IST manipulativ, das IST toxisch.