Sprichwörter und Redewendungen finde ich hohl. Ausser die eine, die Cleo bei jeder Krise auftischt. Wenn Sophie oder ich mal wieder alles schwarz sehen, das noch längst nicht eingetroffen ist, sagt Cleo jeweils «Wir gehen über das Brüggli, wenn wir da angekommen sind».
Seit wir das so machen, ist alles weniger schlimm geworden. Ausser jetzt gerade. Wegen des Corona-Lockdowns läuft alles anders. Vor allem aber läuft es so, dass wir so viel Zeit wie noch nie zuvor, also ich zumindest nicht, daheim verbringen. Social Distance bewahren ist das neue gemeinsame Abhängen.
Facetime statt Face-to-Face-Time.
Was wie ein Klagelied klingt, soll aber keines sein. Diese Zeit der Entschleunigung hat nämlich auch gute Seiten:
Mir ist die Doppeldeutigkeit dieser Aussage bewusst. Deswegen: Ich weiss, wie eine Darmspülung geht. Ich habe neulich eine gemacht. Und dann hatten der Zyklop und ich Analsex. Obwohl ich Analsex eigentlich nicht so fühle. Oder nicht so fühlte. Weil sich der Zyklop und ich enorm viel Zeit gelassen haben und enorm viel Gleitmittel benutzt haben und dazwischen Wein tranken, wars dann zum ersten Mal in meinem Leben nicht nur okay, nein, ich Emma Amour, hatte so richtig tollen Analsex. Ich merke: Sich Zeit zu lassen, lohnt sich. Liebe Grüsse an meine Ungeduld.
In Restaurants und Bars bemitleide ich Paare immer, die kein Wort miteinander reden. Ich bin mir stets sicher, dass die sich nichts zu sagen haben. Nach rund vier Monaten sind der Zyklop und ich soweit, dass wir uns wunderbar anschweigen können. Sowohl beim Kochen als auch mal beim Essen. Das Beste: Die Minuten des Nichtssagen fühlen sich null schräg an. Im Gegenteil: Die Stille lässt genug Raum für Sicherheit, Vertrautheit und das tolle Gefühl der absoluten Zusammengehörigkeit, ohne sich ständig berieseln und/oder unterhalten zu müssen.
... du schreibst dir handgeschriebene Briefe. So wie Cleo mir und Sophie. Und weil Cleo Cleo ist, schreibt sie die Briefe auf zauberhaftes Herzchen-Papier und schickt uns kleine Geschenke mit. So habe ich goldene Socken bekommen mit einem Gesicht auf den Fersen. Sophie, die diese Wochen ihren sehr grünen Daumen entdeckt, hat verschiedene Samen erhalten. Cleo ist und bleibt die zauberhafteste Freundin, die wir uns wünschen können.
Mir fehlen alle. Sogar meine nervige Tante. Selbst meine hysterische Mutter vermisse ich. Geschweige denn meine engste Crew. Da Not aber erfinderisch macht, verabrede ich mich regelmässig zu Skype-Dinners. Montag essen mit Mama und Papa («Schatz, wie müssen wir dieses Videoprogramm wo installieren?»), Dienstag Znacht mit Cleo und Sophie, Mittwoch Dinner mit Zyklop bei ihm oder mir, Donnerstag Ego-Znacht, Freitag Tante, Mama und ich. Wochenende Zyklop und ich. Jetzt kommts: Diese virtuellen Dinners sind schön. Und trotz der Ferne so nah. Und dass ich mich dafür weder frisieren oder sonstwie aufhübschen noch meine Leggins ausziehen muss, ist ein zusätzlich sehr angenehmes Supplement.
Uns hats gepackt. Der Zyklop und ich verbringen Stunden damit, Uno zu spielen. Natürlich gewinnt er hie und da. Gegen mein Pokerface aber, meine nun sehr ausgeklügelte Strategien und meine Euphorie hat der Gute am Ende aber keine Chance. Was ihn sehr ärgert. Was mich sehr freut. Falls dus also vergessen hast, liebe Userin, werter User: Kram die Karten hervor. Uno ist geil. Und komm mir jetzt nicht mit «Monopoly ist geiler!».
Apropos Zyklop: Es ist ein grosses Geschenk, während einer solchen Zeit wie der aktuellen frisch verknallt zu sein. Der Zyklop und ich sind das noch. Wenn du aber dazu verdammt bist, deine Frischverliebtheit ständig in den eigenen vier Wänden zu zelebrieren, kommst du sehr viel schneller im realen Pärli-Alltag an. Unter normalen Umständen würde es wahrscheinlich noch eine Weile dauern, bis wir uns auf den Sack gehen, uns anpöbeln, immer wieder mal happy sind, dass wir nicht zusammen wohnen und es nun sogar Nächte ohne Sex gibt. Nächte, in denen wir einfach schlafen. Wir sind jetzt halt schon nach knapp vier Monaten da angekommen. 10 Prozent schade. 90 Prozent aber ein tolles Gefühl des Angekommen-Seins.
Eigentlich mag ich Bella nicht. Bella kläfft, hechelt stets nervös im Zeugs rum und ist sehr aufdringlich. Ausserdem ist Bella ein sehr kleiner Hund. Kleine Kläffer erobern mein Herz nie. Bella ist Cleos Hund. Sie mag ihn auch mal mehr, mal weniger. Und doch gehört Bella einfach zu Cleo. Und wer Cleo liebt, der muss auch mit Bella dealen. Während ich normalerweise Bella aus dem Weg gehe, will ich sie jetzt zum ersten Mal in all den Jahren knuddeln. Manchmal merkt man erst, was man eben doch gern hat, wenn es nicht da ist. Bella, darauf kauf ich dir ein Pack Leckerli, das grösser ist als du.
Seit Jahren versuche ich, die perfekte Béchamel-Sauce hinzukriegen. Es ist mir NIE gelungen. Jetzt endlich hab ich den Zauber der perfekten Mischung und Würze gefunden. Wenn du jetzt denkst, dass ich dir das Geheimnis verrate, vergiss es. Ausser du offenbarst mir dein perfektes Rezept. Ob für Lemon Curd, Cheescake oder noch tolleren Analsex, entscheidest du.
Adieu,
Emma, bist du denn noch nicht bei Frantic angekommen?