Freitagabend – und ich stand mit einer kleinen Gruppe von ebenso kletterbegeisterten Freunden in der Boulderhalle. Die eigenen Hobbys bieten ja meistens die beste Möglichkeit, um gleichgesinnte Menschen kennenzulernen – so wie heute. Tom hatte spontan einen guten Kollegen mitgebracht: Valentin. Und halleluja. Irgendwie haute er mich um. Dachte anfangs zwar kurz, dass er gar nicht so mein Typ wär und vielleicht sogar ein wenig «zu alt»... Denn zu dem Zeitpunkt war ich 25 und er 36. Aber wie immer lohnte es nicht, vorschnell zu urteilen.
Diese Gedanken lösten sich auch ziemlich schnell in Luft auf. Nämlich in dem Moment, in dem er mich zur Begrüssung umarmte. Wir kamen uns dabei so nah, dass sich so gut wie alle Körperpunkte berührten. Oberschenkel an Oberschenkel. Intimbereich an Intimbereich. Bauch an Bauch. Brust an Brust. Der Atem des anderen am Hals. Woooow. So schön hat mich noch nie jemand umarmt, dachte ich. Es fühlte sich so an, als hätten sich unsere Chakren miteinander verbunden. Nicht dass ich wüsste, wie sich das anfühlt, aber so stell ich's mir vor.
Es war das komplette Gegenteil von diesen kurzen, oberflächlichen Umarmungen, die ich bis dato kannte. Irgendetwas Prickelndes war da von Anfang an zwischen uns. Seine Berührung löste da schon ein stilles Feuerwerk in mir aus und ich fragte mich, ob er es auch hörte?
Klingt jetzt sicher kitschig, aber hey, solche Menschen gibt's wirklich. Solche, die einem auf ganz neue und unerwartete Art und Weise den Kopf verdrehen. Wir verstanden uns so gut, dass wir uns nach einer Weile etwas von der Gruppe «abkapselten». So konnten wir uns in Ruhe «beschnüffeln» und näher kennenlernen. Wir wechselten uns immer ab mit bouldern und legten Gesprächspausen ein. Als ich herausfand, dass er Physiotherapeut ist, fühlte ich mich direkt sicherer und wählte als nächstes eine schwierigere Route aus. Ich steh ja auf Herausforderungen. Was soll schon passieren.
Angespornt durch seine motivierenden Worte von unten versuchte ich einen Griff zu erreichen, der im Nachhinein wohl doch zu weit weg war … denn: RUMS! Ich landete neben Valentins Füssen. Und autsch … ich konnte meinen Kopf nicht mehr schmerzfrei nach rechts drehen.
«Gut, dass du dich ausgerechnet heute verletzt, wo du einen Physiotherapeuten kennengelernt hast. Setz dich mal hin, ich schau es mir mal an...», sagte Valentin und war sehr einfühlsam mit seinen Berührungen. «Ist meine Art mit dir zu flirten, waisch?», versuchte ich in einem witzigen Ton zu antworten – und dabei nicht rot zu werden.
Seine Diagnose lautete schliesslich: eingeklemmter Nerv. Halb so wild – ich soll es nachher zu Hause gut wärmen und dann regelt sich das von ganz allein wieder. Wir gesellten uns wieder zurück zu den anderen und blieben die restliche Stunde einfach am Boden. Mein nicht so eleganter Sturz brachte jedenfalls unsere Gesprächsthemen in eine lustige Richtung. Wir erzählten uns unsere peinlichsten Fails und versuchten uns gegenseitig zu toppen. Spätestens bei der «besoffenen Pinkel-Story» war die Schamgrenze nicht mehr vorhanden. Wir haben so viel gelacht, dass ich den Schmerz im Nacken ganz vergass. Als wir uns dann später verabschiedeten, gab er mir seine Nummer, mit dem Kommentar, dass er hofft, dass ich mich bei unserem nächsten Treffen nicht verletze. (Da war ich schon so: 😍)
Die folgenden Tage flirteten wir zwei textmässig so viel, dass Katha (eine meiner besten Freundinnen) mich ständig fragte, ob ich was genommen hätte. Wahrscheinlich, weil ich das Grinsen gar nicht mehr aus meinem Gesicht bekam. Kannte mich so selbst nicht mehr. Lange war es her, dass mich ein Mann so aus dem Konzept gebracht hatte. Eins war klar: Wir wollten uns wiedersehen. Valentin schlug also vor, dass wir am kommenden Freitag zusammen Yoga machen können, was ich für eine super Idee hielt. Er fügte hinzu:
Oh ja, du charmanter Physiotherapeut, dann komm ich definitiv auf dich zurück. Berühr' mich, so viel du möchtest.
Hach. Wer schwebt nicht gern auf Wolke 7? Auf der ist anfangs noch alles rosarot. Jede Macke des anderen findet man da noch süss. Ich bleib also gern noch bitz hier oben, dachte ich und konnte es kaum erwarten, ihn wiederzusehen. Ihm erging es genau gleich. Uns beiden war insgeheim klar, dass unser erstes Date wohl eher in Richtung Hot Yoga gehen würde ...
Aber das erzähl ich euch dann ein anderes Mal. Mini-Spoiler: Es war ein Date mit Happy Ending!
Habt ihr eure Liebsten auch im «real life» kennengelernt? Oder funktioniert das mittlerweile wie bei fast all meinen Freunden wirklich nur noch online ...? Erzählt's mir!
See ya!
Diese Woche gab’s Physio-Fantasien. Aber immerhin habe ich echte Wärme zwischen deinen Zeilen zu fühlen geglaubt. Ich denke, ich habe wieder etwas Hoffnung für diese Kolumne.