Jan hat viel Bart. Was Jan nicht so viel hat, ist Profil und eine eigene Meinung. Bis ich das aber merke, dauert es eine ganze Weile. Am Anfang steht nämlich einfach ein Gespräch an einem sehr unspektakulären Donnerstagabend an einem sehr gewöhnlichen Bartresen.
Wobei nein, ganz so gewöhnlich ist hier nichts. Die Barkeeperin ignoriert mich. Kann ja mal passieren. Ich bin ja locker. Und hab Zeit. Bla Bla. Nach zehn Minuten aber machts mich hässig. Also frage ich den Typen vor mir, ob er mir drei Dinks mitbestellen kann. Er kann.
Ich drück ihm das Geld in die Hand, bedanke mich freundlichst und will weiter. Bis ich eben seinen Bart sehe. Und die Lippen, die zum Bart gehören. Das Gesicht. Das dunkle Haar. Verwuschelt. Dunkelblauer Pullover. Perfekt sitzende Jeans. Brille.
Ohä.
«Darf ich mich mit einer Zigi revanchieren?», frage ich. Ich darf. Jan ist Gelegenheitsraucher. Und das hier ist eine super Gelegenheit, finde ich. Zufällig ist meine Zigimarke seine Lieblingszigimarke. Und wie wir so draussen in der Kälte stehen und reden merken wir: Wir ticken genau gleich. Meine Lieblingsbar ist seine Lieblingsbar.
Sommer ist unser beiden liebste Jahreszeit. Er steht auch auf Bill-Murray-Filme. Und den «Hippie-Bus» von Dodo findet er auch lustig. Und Spaghetti Bolognese hält auch er für eines der grössten Geschenke an die Menschheit.
(Bitte, gern geschehen für den Ohrwurm.)
Ja-Jan und ich tauschen Nummern, um uns bereits am nächsten Abend wieder zu treffen. Ich schlage einen Abendspaziergang vom Üetliberg runter vor. Findet er grandios. Unten angekommen fragt er, was ich noch machen will. Ich sag, jetzt sei er dran mit einem Vorschlag.
Ihm ists aber lieber, dass ich entscheide. Also plädiere ich für Raclette am Weihnachtsmarkt. Ja-Jan jubelt. Raclette sei nach Spaghetti auch sein Lieblingsessen.
Ganz langsam finde ich Jan ein bisschen creepy. Und mich ein bisschen gar wenig gspürig. Hätte ich besser hingeschaut, hätte ich gemerkt, dass rund 90 Prozent der Konversation ich führe und er einfach alles bestätigt, das ich sage.
So wie normalerweise an Dates. Einfach umgekehrt. Wo der Mann die meiste Zeit spricht. Und ich sicher nicht aus Prinzip alles bestätige. Oder wenn, dann um mir ein Spässli draus zu machen.
Anyhow.
Je länger jedenfalls Ja-Jan zu allem Ja sagt, desto unsexier finde ich ihn. Und staune, wie schnell es nun geht.
Nun will ich wissen, wie weit ich es treiben kann.
«Ich liebe Beatrice Egli und Gölä», sage ich.
Egli findet er auch super. Gölä hat gute Lieder. Früher sei er auch ganz grosser Fan gewesen.
«Die SVP», posaune ich, «hat je länger je bessere Ideen.» Nun ist Ja-Jan sehr froh, «dass es endlich mal jemand sagt.»
«Ich finde es mega okay, für einen Tag in eine fremde Stadt zu fliegen, einfach so.» Das sei ja lustig. Da würde er jetzt auch nicht Nein sagen!
Holy Shit.
Während also Ja-Jan und ich unser Raclette essen, stelle ich fest, wie schlecht mein Gewissen ist. Ja-Jan ist ein netter Kerli. Einfach nicht meiner. Und vielleicht bin ich eine Bitch, weil ich nein zu ihm sage. In der Liebe aber, sagte meine Grossvater selig stets, sollten wir in erster Linie uns selber am nächsten sein.
Jetzt gerade bin ich mir sogar sehr nahe.
Und auf dem Heimweg bin ich auch sehr nahe. Sehr nahe dran, Suff-SMS-Sandro zu schreiben. Und mit ihm zu schlafen. Sein Ja dazu wäre das einzige Ja in den letzten 24 Stunden, das mich ernsthaft berühren und freuen würde.
Scheiss Adventszeit. Macht mich immer so hohl emotional. Und biz spitz.
Von wegen O du fröhliche …..
@Sandro: Brauchst dir nicht ins Fäustchen lachen. Ich hab dir NICHT geschrieben. Und werde dir nicht schreiben. Nicht heute, nicht morgen. Den ganzen Dezember nicht. Und auch sonst nie mehr.
(Ok, vielleicht am Wochenende. An irgendeiner Hundsverlocheten. Scheiss Alkohol! I love you, Alkohol!)
Adieu,
Emma so: Willst du eine Ziggi?
Nein-Jan: Igitt - Was rauchst du da für ein Stink-Kraut? Nie im Leben!
Emma so: Ich sterbe für Spagetti Bolognese.
Nein-Jan: Die find ich im Fall chotzgruusig.
Emma so: Dä Hippybus vom Dodo isch hammer.
Nein-Jan: Dr Dodo sich en Laggaff und sein Song beweist, dass er noch nie in einem VW-Bus gesessen ist.
Dann Emma so? Zu dir oder zu mir?
Jetzt nimmt die Geschichte doch noch ein gutes Ende.
Denn Nein-Jan so: Nein, ins Hotel.