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Emma Amour
05.10.2020, 10:0206.10.2020, 07:57
Liebe Emma,
als wir beide Single waren, haben meine gute Freundin und ich uns immer alles geschrieben und erzählt in Sachen Männern, Dating und Sex.
Nun bin ich nach jahrelangem Falsch-Aussuchen mit einem tollen Mann zusammen und habe seit Ewigkeiten mal eine gesunde Beziehung auf Augenhöhe.
Meine Freundin ist aber immer noch im Tinder-Karussell gefangen und kassiert eine Abfuhr nach der anderen. Und das von den grössten Idioten. Sie ist sehr klug, schön, lustig und leidenschaftlich.
Meine Ratschläge, mal eine Tinder-Pause zu machen, findet sie gut, einen Tag später datet sie den nächsten Vollidioten. Und schreibt mir. Ich kann die Nachrichten nicht mehr zählen, in denen es darum ging, ob er zurückschreibt, warum er nicht zurückschreibt, was sie machen soll usw.
Sie ist so in der Opferrolle gefangen und ich kann es langsam nicht mehr hören, weil sie alle meine Ratschläge ignoriert. Sie leidet und fühlt sich energielos. Sätze wie: Ohne Beziehung macht es keinen Sinn, Dinge zu erleben.
Andere Freundinnen fangen an, den Kontakt mit ihr zu meiden. Ich merke auch, dass ich immer weniger Lust habe auf sie und finde mich ein Arschloch. Das geht nun etwa ein Jahr so.
Was soll ich tun? Ehrlich sein? Abwarten und Fresse halten?
Danke dir,
Sandra
Liebe Sandra,
tausend Dank für diese so wertvolle Frage, zumal ich sicher bin, dass du sehr vielen Freundinnen- und Freunden aus der Seele sprichst. Früher oder später haben wir wohl alle so jemanden im Freundeskreis wie die von dir beschriebene Freundin.
Es ist in der Tat eine Gratwanderung, wie man mit so jemandem umgehen soll. Ich hatte mal eine enge Freundin, die mir meinen letzten Nerv geraubt hat, weil sie so verzweifelt war und sich noch vor Date 1 als Opfer gesehen hat.
Ich selber war da gerade ziemlich frisch verknallt und hatte genau deswegen ein umso schlechteres Gewissen, sie zu kritisieren. Schliesslich litt sie ja schon genug und ich schwebte grad auf Wolke 7.
Wir sind ja höflich und wollen nicht auf jemandem rumtrampeln, der sowieso schon am Boden liegt.
Auch ich merkte irgendwann, dass ich den Kontakt zu ihr mied. Das war der Moment, wo ich die Notbremse zog. Ich habe meinen ganzen Mut zusammengenommen und ihr gesagt, was mich stört, warum es mich stört, und dass ich es uncool finde, dass sie zwar alles bei mir ablädt, aber null offen für Feedbacks und Tipps ist.
Im ersten Moment hat sie leer geschluckt. Und ich hatte Herzklopfen und leichte Schweissausbrüche. Und weil ich sowieso schon quasi ein bisschen in dieser Hölle war, habe ich sie genutzt, um ihr auch noch zu sagen, dass ihre Opferhaltung gepaart mit Verzweiflung maximal unattraktiv aufs andere Geschlecht wirken.
Sie war dann ein paar Tage beleidigt. Ich derweil sehr erleichtert. Nachdem sie sich selber reflektiert hat, hat sie sich bei mir bedankt, hat eine Tinder-Pause eingelegt und dann einen Mann offline getroffen, mit dem sie ziemlich lange sehr glücklich war.
Ich kenne deine Freundin nicht und habe keine Ahnung, ob und wie sie auf eine klare Ansage deinerseits reagieren wird. Das soll aber absolut sekundär sein. Ich finde, dass es hier auch um dein Seelenwohl geht und du in einer guten Freundschaft unbedingt die Möglichkeit haben musst, Tacheles reden zu können. In jeder Situation.
Ich wünsche dir viel Mut, Erfolg und wer weiss, vielleicht bringt euch so ein klärendes Gespräch wieder sehr viel näher zusammen. Das wäre schön.
Deine
Und was würdest du Sandra antworten?
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Emma Amour ist ...
… Stadtmensch, Single, Mitte 30 – und watsons Bloggerin, die sich gerade einen Sommer lang eine Auszeit gönnt. In der Zwischenzeit gibts donnerstags jeweils Cleos Storys. Cleo ist Emmas BFF. Montags bleibt alles wie gehabt. Emma hat nämlich fleissig vorgearbeitet und sich vor ihrer Pause euren Fragen angenommen.
Apropos Fragen: Die könnt ihr weiterhin an emma.amour@watson.ch schicken. Antwort gibts ab November. Ach ja, damit sich Emma voll und ganz ins Abenteuer Leben stürzen kann, schwänzt sie während ihres Sabbaticals die Kommentarspalte. Natürlich wird sie hie und da heimlich mitlesen, weil: «Ich kann es nicht abstreiten, ich vermiss die Userschaft. Ist Userschaft ein gebräuchliches Wort?»
Das bin nicht ich, aber so würde ich als Illustration aussehen. Öppe.bild: watson
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Obwohl wir uns mindestens 15 Staffeln «Tschugger» wünschen würden, ist nach 4 Schluss. Aber jetzt wird erst einmal am ZFF Kinopremiere gefeiert. Wir haben einen unserer Walliser Superstars zum Videotermin getroffen.
Sterbensöde wird die Welt sein, wenn «Tschugger» aus ist. Was soll uns da noch trösten? Vielleicht ein Raclette mit Mango Chutney und Mascarpone à la Bax (David Constantin), dem Beverly-Hills-Cop aus dem Wallis, dessen Ohr beinahe zu einem Van-Gogh-Ohr geworden wäre? Oder die Erinnerung an einen fetten Gucci-Prada-Rap von Valmira (Annalena Miano), die so blond und eisern wie eine Wagnersche Walküre ihren Plan vom Fame verfolgt und erst ihr Herz entdeckt, als es schon fast zu spät ist?
Vielleicht noch, man braucht nicht einen Partner um das Leben zu geniessen, gute Freunde, Familie reichen völlig für ein erfülltes Leben.
Diese Fixierung auf einen Partner und dass ist das einzige was glücklich machen kann, dann lösen sich alle Probleme scheint mir ein alter sinnloser Zopf aus dem Mittelalter zu sein. Als Frau abhöngig war vom Mann, finanziell + rechtlos gehalten und der Mann ohne Frau kein Gewerbe Landwirtschaft führen konnte, keine Erben hatte.
So ist es zum Glück nicht mehr +meiner Meinung nach steht der Gesellschaft noch sehr viel emanzipation bevor.
Tolles Weltbild, sag das mal als Mann....