Ach, wie oft muss man sich beim Thema Whisky mit Platitüden und Halbwahrheiten herumschlagen! Single Malt Scotch sei qualitativ «besser» als Blended Scotch, hört man etwa gerne (nö – das hat mit Qualität nichts zu tun, sondern mit Beständigkeit). Oder: Je obskurer ein Brand, umso «edler» (nö, an einem hundskommunen J&B etwa gibt es null Einschränkungen bezüglich Qualität). Hey, meist sind solche vorschnell gezogenen Schlüsse einzig in der Preisetikette begründet.
Und zu Irish Whiskey (ja, mit «e» – dazu unten mehr) haben die wenigsten eine Meinung, ausser, dass man Jameson bekommt, wenn man an der Bar eine Runde Shots bestellt. Mit amerikanischem Bourbon verhält es sich ähnlich: «Ist das nicht das Zeugs, das man mit Cola mixt?»
Räumen wir doch mit ein paar Vorurteilen auf! Es gibt vorzügliche Whiskys in jeglicher Preisklasse. Und diese kommen aus aller Welt. Aus den USA etwa – womit wir beim heutigen Thema wären: Bourbon, Baby!
Nun, wie trinkst du deinen Bourbon?
Nein, trink deinen Bourbon nicht als Shot. Und auch nicht im Whiskey-Cola (Rum passt eh besser zu Cola). Ich würde sogar weiter gehen und behaupten: Bourbon ist kein Partydrink.
Trink deinen lieber zu Hause. Gemütlich mit Freunden. Dazu musst du dich nur an diese knappen Empfehlungen halten:
Um als Bourbon zu gelten, muss ein Whiskey ein paar Auflagen erfüllen: Er muss in den USA hergestellt werden (nein, nicht zwingend in Kentucky, obwohl sich dort bis heute die meisten Destillerien befinden). Er muss aus einem Destillat einer Getreidemischung von mindestens 51 Prozent Mais hergestellt werden (daneben sind meistens Roggen oder Gerste enthalten). Weitere Vorgaben sind der Alkoholgehalt, der bei der Herstellung 80 Prozent nicht übersteigen und zu Beginn der Reife nicht mehr als 62,5 Prozent betragen darf, und die Lagerung in neuen, angekohlten Eichenfässern. Letzteres etwa ist ein wichtiger Unterschied zu Scotch, der in ehemaligen spanischen Sherry-Fässern oder – ha! – amerikanischen Bourbon-Fässern gereift wird, die vorher mit Schwefelkerzen gereinigt wurden.
Trotz dieser Vorgaben bleibt Bourbon eine eher breit gefächerte Spirituosen-Kategorie, die für den Novizen zuweilen etwas unüberschaubar wirken kann. Aber alleine schon die Lektüre der Flaschenetikette gibt einiges an Info her. Gewiss, in einigen Fällen sind diese Informationen verschlüsselt, wie etwa beim traditionellen Buchstaben-Code, den Four Roses verwendet, um den Ort der Destillation, den Hefestamm, ob es sich um reinen Bourbon handelt und so weiter anzugeben. Bei High West etwa wird aber die Getreiderezeptur angegeben und ob der Bourbon oder Rye von den Grossdestillerien MGP Indiana oder Heaven Hill stammt oder in-house selbst destilliert wurde.
Nun, niemand verlangt von dir, über Nacht zum nerdigen Connaisseur zu werden. Für den Anfang achte einfach auf den Begriff «Straight Bourbon», was bedeutet, dass dem Produkt kein anderes Destillat beigemischt wurde. Und als zweiten Schritt guckst du mal auf die Altersangabe auf dem Etikett, falls die vorhanden wäre. Laut Gesetz muss ein Straight Bourbon mindestens zwei Jahre lang gereift sein. Ist der Whiskey älter, wird der Brand dies mit «aged» kennzeichnen wollen. Vor allem, wenn er von einem neueren Hersteller stammt, ist der Bourbon eher jung – was aber der Qualität und dem Genuss nicht zwingend abtut.
Was uns zum nächsten Punkt bringt:
«Wenn du mehr als 40 Dollar ausgibst, machst du was falsch.» Diese Aussage von Whiskey-Unternehmer Beau Williams im Interview mit Liquor.com liegt nun ein paar Jahre zurück und müsste deshalb wohl ein klein wenig nach oben korrigiert werden, aber im Kern ist sie weiterhin korrekt: Alles über 50 Stutz ist nur für Nerds interessant.
Gewiss, für Sammler gibt es Extra-Aged-Small-Batch-Pappy-Van-Winkle-Abfüllungen für Zighunderte Dollar zu haben. Doch für kleinere Budgets bis zu 50 Franken pro Flasche findet man qualitativ Grossartiges. Einen Wild Turkey 101 Proof, etwa. Oder Maker's Mark. Oder die Produkte der Heaven's Hill Destillerie (Evan Williams, Larceny u. a.).
Du hast dir nun also was Feines gekauft. Auf welche Art trinkst du ihn nun?
Wie bereits erwähnt, Bourbon ist kein Partydrink. Viel besser schenkst du dir etwas davon in ein stinknormales Rocks-/Old-Fashioned-Glas ein und nippst daran.
Oder, noch besser, gerne auch in einem klassischen schottischen Glencairn Glass.
Straight up oder on the rocks? Beides. Bourbon-Whiskeys haben in der Regel starke, eindeutige Geschmacksnoten, die sich nicht durch ein paar Eiswürfel einschüchtern lassen.
Bei höheren «proofs» (= Brände mit höheren Alkoholanteilen) darf man analog wie bei einem guten Scotch einen Gutsch Wasser beigeben. Hey, schliesslich leitet sich das Wort Whisk(e)y vom gälischen uisge beatha ab, was so viel bedeutet wie «Wasser des Lebens» (uisge = «Wasser», beatha = «Leben»).
Ja, auch hier gilt: Dank der starken Geschmacksnoten lässt sich Bourbon durchaus als Cocktail geniessen. Nein, wir reden hier nicht von Whiskey-Cola. Hier geht es um die altehrwürdigen Klassiker: Old Fashioned. Sazerac. Manhattan. Ihr wisst schon.
Drinks-Historiker werden nun argumentieren, dass die obigen Cocktails aus einer Epoche stammen, in der Rye Whiskey die Norm war, weshalb man auch heute noch diesen dafür verwenden kann oder soll. Und beim Sazerac gibt es Option Cognac statt Whiskey. Fakt ist, aber, dass klassische Whiskey-Cocktails mit einem guten Bourbon hervorragend klappen.