Michael Carroll ist der wohl berühmteste Lotto-Gewinner-Verlierer Europas. Er stammt aus einer englischen Unterschichtfamilie. Seine Mutter arbeitete in einer Konservenfabrik, sein Vater sass elf Jahre im Gefängnis, weil er ein Paar erstochen hatte. Mit dreizehn Jahren machte Carroll zum ersten Mal Bekanntschaft mit den Justizbehörden. Er wurde wegen Ladendiebstahls zu einer Haftstrafe verurteilt.
2002 gewann er im Alter von 19 Jahren umgerechnet 15 Millionen Franken. Damals arbeitete er als Müllmann und besass nicht mal ein Bankkonto. Einen Teil des Geldes verschenkte er an Familie und Freunde. Als Fan der Glasgow Rangers investierte er über eine Million Pfund in den Fussballverein. Er kaufte sich Schmuck, organisierte Partys und Autorennen in seinem Garten, an denen immer auch viele Drogen und Prostituierte zugegen gewesen sein sollen.
Mehrmals verschwand Carroll hinter Gittern wegen Beteiligung an einer Schlägerei, Drogenbesitz und weil er betrunken Stahlkugeln auf Autos schmiss. 2010 bewarb er sich für seinen alten Job – als Müllmann.
Bis zu ihrem Lottogewinn lebten Lara und Roger Griffiths glücklich in einem ehemaligen Stadthaus in Boston Spa, einer kleinen englischen Gemeinde. Sie zahlten ihre monatliche Hypothek ab und Roger träumte davon, Rockstar zu werden.
2005 gewann das Paar umgerechnet 2,1 Millionen Franken beim Lottospielen. Innerhalb weniger Wochen wurden Autos gekauft, um die Welt gejettet und in den teuersten Hotels übernachtet. Sie liessen eine Scheune in einem Reichenviertel umbauen und mit luxuriösen Möbeln ausstatten. Ihre beiden Töchter schickten sie auf eine private Mädchenschule. Roger stellte seine Rockband aus Jugendjahren wieder zusammen und nahm eine Platte auf.
Doch auf den Rausch folgte der Kater. Das Paar verspekulierte sich auf dem Immobilienmarkt und verlor viel Geld. Trotzdem lebte es weiter in Saus und Braus, machte teure Ferien und trank nur Champagner. Bis eine ihrer Immobilien aufgrund eines defekten Heizkessels abbrannte und grosse Summen an Reparaturkosten anstanden. Roger soll ausserdem eine Affäre unterhalten haben.
Für das Paar bedeutete diese Pechsträhne das Aus für die Ehe. Die Töchter wurden von der Privatschule genommen und auf eine staatliche Grundschule geschickt. Seinen Porsche musste Roger zurückgeben. Auch seine Rock-Platte floppte. Sie verkaufte sich nur 600 Mal.
Am 25. April 2020 kurz vor 17 Uhr betrat eine unbekannte Person die Shell-Tankstelle in Muri bei Bern, um einen Lottoschein abzugeben. Bei der Zahlenziehung am Abend stellte sich heraus: Diese Person hatte die perfekte Kombination gewählt und eine Million Schweizer Franken gewonnen. Einige Tage später liess sich der unbekannte Glückspilz an demselben Tankstellenshop die sogenannte Gewinneinforderungs-Quittung ausstellen. Doch diese traf nie bei Swisslos ein. Der Gewinn wurde nie abgeholt.
Auch ein Aufruf der Lotteriegesellschaft einige Monate später half nichts. Viele vermeintliche Gewinner meldeten sich mit abenteuerlichen Geschichten – nicht aber der gesuchte Glückspilz. Die Million wurde an den kantonalen Lotteriefonds weiterverteilt und kam gemeinnützigen Projekten zugute.
Swisslos-Sprecher Willy Mesmer sagte damals gegenüber den Medien, es komme häufig vor, dass Lottospielerinnen ihre Gewinne nicht abholten: «Im Geschäftsjahr 2019 haben wir 13,7 Millionen Franken nicht abgeholte Gewinne ausgewiesen.» Allerdings habe es sich dabei um die Summe aus vielen kleinen Gewinnen gehandelt.
(sar)