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Neuer TikTok-Trend: Frauen leaken die Memos ihrer Ex-Freunde

Sprachnachrichten WhatsApp
Frauen veröffentlichen momentan Sprachnachrichten ihrer Ex-Freunde.Bild: Shutterstock

Frauen veröffentlichen Sprachnachrichten ihrer Ex-Freunde im Netz – Polizei warnt

Momentan geht ein Trend auf TikTok viral, bei dem Frauen die Sprachnachrichten ihrer Ex-Freunde veröffentlichen. Dabei bewegen sie sich jedoch an der Grenze der Legalität.
07.08.2024, 05:0607.08.2024, 08:48

Seit der #MeToo-Bewegung ist die Öffentlichkeit sensibilisierter auf Gewalt gegen Frauen. Trotzdem geschehen hinter verschlossenen Türen immer wieder (und immer mehr) Gewalttaten, die niemand mitbekommt. Das zeigt auch ein neuer Trend auf TikTok: Junge Frauen veröffentlichen die Sprachnachrichten ihrer Ex-Partner, die voll mit Drohungen und Beschimpfungen sind. Dabei begehen jedoch nicht nur die Männer eine Straftat.

«Wenn wir uns sehen, wird es unsere letzte Begegnung sein, ich schwör dir bei Gott, ich drück dir die neun Millimeter an den Kopf, du F*tze» – diese Nachricht hat Emily* auf TikTok veröffentlicht. Ihr Ex-Freund hat ihr diese Memo nach ihrer Trennung geschickt. Unter dem Video häufen sich schockierte Kommentare von anderen Usern.

Doch Emily ist längst nicht die Einzige, die solche Nachrichten bekommt. Wenn man auf der Plattform nach «Audios vom Ex» sucht, ploppen Hunderte von genau solchen Videos auf.

Gewaltandrohungen und Misogynie

Fast alle der veröffentlichten Videos sind von Frauen, die die dunkle Seite ihres Ex-Freundes aufdecken. Beim Anhören der Aufnahmen ist klar, dass sich keiner der Ex-Partner bewusst war, dass die Worte jemand anders hören könnte als die Ex-Freundin – schon gar nicht die Öffentlichkeit. So strotzen die Sprachnachrichten vor Misogynie und Gewaltandrohungen. Plötzlich wirkt die Dunkelziffer, von der man bei häuslicher Gewalt oft spricht, sehr real.

In der Schweiz waren 2023 11'479 Personen von häuslicher Gewalt betroffen. Die Zahlen zeigen deutlich, dass besonders Frauen Opfer von häuslicher Gewalt sind. So waren es 6993 Frauen (61 Prozent) und 2750 Männer (24 Prozent). Die restlichen Prozente betreffen Minderjährige.

TikTok sei jedoch nicht der richtige Ort, um auf dieses Problem aufmerksam zu machen. Das meint Kenneth Jones, Mediensprecher der Kantonspolizei Zürich:

«In der Schweiz ist es grundsätzlich nicht erlaubt, private Sprachnachrichten ohne Zustimmung aller Beteiligten online zu veröffentlichen.»
Kenneth JonesKAPO Zürich

So verletze die Veröffentlichung solcher Nachrichten das Recht auf Privatsphäre und das Datenschutzgesetz. Fabian Teichmann der Anwaltskanzlei Teichmann International führt dabei aus: «Es muss unterschieden werden, ob die Person an der Stimme erkennt werden kann. Wenn nicht, würde grundsätzlich eine Persönlichkeitsverletzung an diesem Umstand scheitern. Das Gleiche gilt für Screenshots von Chat-Verläufen.»

Viele der Sprachnachrichten sind aber tatsächlich nicht verzerrt oder anders verändert und die Personen an der Stimme klar erkennbar. Die Männer könnten hier also tatsächlich Strafanzeige erstatten.

Das soll Frauen aber nicht davon abhalten, Drohungen und andere Gewalt zu melden. Kenneth Jones rät bei Drohungen immer die Behörden aufzusuchen. Denn, wie Fabian Teichmann meint: «Eine strafrechtlich relevante Drohung muss nicht direkt mündlich erfolgen. Sollte der Empfänger oder ein Dritter durch eine Drohung über Sprachnachricht in Schrecken oder Angst versetzt werden, so kann Strafanzeige erhoben werden.»

Anlaufstellen für Opfer von häuslicher Gewalt

Unter häuslicher Gewalt versteht man körperliche, psychische oder sexuelle Gewalt innerhalb einer Familie oder in einer aktuellen oder aufgelösten Paarbeziehung.
Betroffene können sich bei den kantonalen Opferhilfestellen melden, die auf der Website der Opferhilfe Schweiz zu finden sind. Die Beratung ist kostenlos, vertraulich und anonym. Sollten sich Frauen zu Hause nicht mehr sicher fühlen, finden sie in Frauenhäusern eine sichere Unterkunft. Weitere Unterstützung bietet das Frauen-Nottelefon. Betroffene Männer können sich an die Anlaufstelle Zwüschehalt oder an das Männerbüro Zürich wenden.
Bei Straftaten im Ausland können Schweizer Staatsangehörige die Helpline des EDA kontaktieren: +41 800 24 7 365.

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*Name geändert

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318 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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insert_brain_here
07.08.2024 06:21registriert Oktober 2019
Und so, liebe Kinder, kommt ein chinesisches Unternehmen ohne grossen Aufwand und ohne irgendjemanden einen Rappen für die Rechte zahlen zu müssen an Terrabytes Trainingsmaterial für KI-Stimmen 🙃
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Nes Presso
07.08.2024 05:55registriert Mai 2022
Bewusst sollte sich jeder sein, dass solche Sprachnachrichten sich nicht in Luft auflösen nachdem sie abgeschickt wurden. Allein aus Dummheit würde ich sie bestrafen. Und solche Nachrichten gehören sich nicht und zeigen nur das wahre Gesicht der Person. Emotionen hin oder her. Es war ja eine Morddrohung.
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Walter Sahli
07.08.2024 06:51registriert März 2014
Und was haben die Herren Jones und Teichmann gesagt, passiert nach einer Strafanzeige? Und in welcher Frist, Frau Vela? Das haben Sie doch sicher gefragt, nicht wahr? Ursprung der Veröffentlichungen dürfte ja in erster Linie das Gefühl der Frauen sein, dass ihnen die Polizei und die Justiz nicht oder nicht rasch genug hilft und sie ungeschützt dem Täter ausgeliefert sind.
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