«Den ganzen Morgen geweint»: Hollywoods Abschied von Robert Redford ist herzzerreissend
Jahrzehntelang war er der Schönste. Und der Beste. Und auch nachdem er sich mehr und mehr von der Schauspielerei zurückgezogen hatte, blieb er der Beliebteste, der Übervater von allen, die sich im amerikanischen Filmbusiness als unabhängig und als Menschen mit Engagement und Gewissen betrachten. Robert Redford war der gute Amerikaner schlechthin. Grosszügig, gelassen, verantwortungsvoll.
Er, der Vater, der zwei seiner vier Kinder viel zu früh verlor, durch plötzlichen Kindstod und durch Krebs, wurde zum Förderer, zum Gründer des Sundance-Festivals für Independent-Filme, das nach seinem Erfolg «Butch Cassidy and the Sundance Kid» getauft war.
Es scheint, als habe es im Leben des Schauspielers keine Skandale gegeben und niemanden, den er jemals verärgert habe. Nur einmal hatte er einen Ausbruch, 2013, in seiner Funktion als Festivaldirektor, da galt Sundance nämlich als der «Place to be», und Paris Hilton schaute mit einer riesigen Partytruppe vorbei. So sei das Festival «kein grosser Spass mehr», sagte er, und überhaupt: «In welchem Film spielt sie mit?»
In «All the President's Men», dem Film über die Watergate-Affäre, spielte Redford den Journalisten Bob Woodward, der unermüdlich daran arbeitete, die Gesetzesverstösse von Präsident Nixon aufzudecken. Die Lügen wurden öffentlich gemacht und der Präsident musste zurücktreten. In den letzten Jahren wähnte sich Redford zurück in seinem eigenen Film: «Wir stehen vor einer Krise, die ich in meinem Leben nie für möglich gehalten hätte: einem diktatorischen Angriff von Präsident Donald Trump auf alles, wofür dieses Land steht.»
Es gibt nicht mehr viele, die mit ihm das amerikanische Kino in den 60er-, 70er- und 80er-Jahren zu einem aufregenden Ort voller Innovationen und immer wieder unverblümter Gesellschaftskritik gemacht haben, sie sterben aus. Seine Weggefährtin und gute Freundin Jane Fonda (87) oder Regisseure wie Martin Scorsese (82) und Francis Ford Coppola (86) halten noch die Stellung. Hollywood weiss, was es Robert Redford verdankt. Es ist in den folgenden Statements nachzulesen.
Meryl Streep
Sie spielt die nach Kenia ausgewanderte dänische Schriftstellerin Karen Blixen, er den britischen Abenteurer, Grosswildjäger und Piloten Denis George Finch Hatton, er lässt sich genauso wenig zähmen wie die Wildkatzen, vor denen er sie rettet, schliesslich stützt er ab ... «Out of Africa» (1985) heisst der hinreissende Schmachtfetzen von Sydney Pollack. Und so verabschiedete sich Meryl Streep via CNN: «Einer der Löwen ist verstorben. Ruhe in Frieden, mein lieber Freund.»
Julianne Moore
Julianne Moore und Robert Redford spielten nie zusammen in einem Film, er war bloss ihr erster Hollywood-Crush: «Er war der erste Filmstar, den ich liebte. Meine Schwester schickte mir dieses Foto aus Sundance – es war sehr schwer, mich in seiner Gegenwart normal zu verhalten. Ruhe in Frieden, Robert Redford, wir vermissen dich alle.»
Demi Moore
In «Indecent Proposal» (1993) bietet Redford als eiskalter Milliardär einem jungen Ehepaar in Geldnöten eine Million Dollar für eine Nacht mit der schönen Gattin (Demi Moore). Ein klassischer, erotisch angehauchter Film von Adrian Lyne («Nine 1/2 Weeks», «Fatal Attraction»). Moore schreibt: «Die Welt hat einen unglaublichen Schauspieler, Regisseur, Ehemann, Vater, Freund verloren ... Roberts Vermächtnis wird in vielerlei Hinsicht für immer weiterleben, und ich werde die vielen gemeinsamen Erinnerungen in meinem Herzen bewahren. Was würde ich für nur einen weiteren Tanz geben!»
Jane Fonda
Fünfmal standen Fonda und Redford gemeinsam vor der Kamera, in ihrem gemeinsamen Film-Debüt «Tall Story» (1960, Redford ist da allerdings nicht namentlich erwähnt), in «The Chase» (1966), in der Romanze «Barefoot in the Park» (1967), in «The Electric Horseman» (1979) und schliesslich in «Our Souls at Night» (2017). Sie waren ein Traumpaar, auf der Leinwand, als beste Freunde und als gute, engagierte Amerikaner.
«Unser letzter gemeinsamer Film war ‹Our Souls at Night›», schreibt Fonda auf Instagram. «Hier sind wir mit Iain Armitage (der bald ‹Young Sheldon› werden wird). Bob hat in jeder Hinsicht einen grossen Unterschied gemacht. Er verkörperte ein Amerika, für dessen Schutz wir jetzt kämpfen müssen. Er revolutionierte das unabhängige Filmemachen und brachte uns in so vielen Filmen zum Schwärmen. Ich bin heute sehr traurig. Ich habe den ganzen Morgen geweint. Aber zum Glück kann ich an so viele fröhliche, heitere Momente zurückdenken, in denen mich seine Streiche zum Lachen gebracht haben.»
«Ich schätze mich sehr glücklich, einen seiner ersten grossen Filme mit ihm gedreht zu haben, ‹Barefoot in the Park› (dabei habe ich mich unsterblich in ihn verliebt), und seinen letzten (den bereits erwähnten ‹Souls at Night›). Ich wollte ihn in den letzten Monaten besuchen, um sicherzugehen, dass zwischen uns alles in Ordnung war, aber ich habe nicht schnell genug gehandelt. Ich habe meine Lektion gelernt. Wenn Menschen in unserem Alter sind, Ende 80, sollte man nicht warten. Danke, liebster Bob, für all die Freude, die du uns über die Jahre bereitet hast. Ruhe in Frieden.»
Barbra Streisand
Eine marxistische jüdische Kellnerin verliebt sich in einen reichen Sprössling, die beiden verbindet das Schreiben, schliesslich wird er Drehbuchautor in Hollywood. Insgesamt alles andere als eine unproblematische Beziehung. «The Way We Were» (1973) heisst der Liebesfilm von Sydney Pollack.
Streisand schreibt: «Jeder Tag am Set von ‹The Way We Were› war aufregend, intensiv und pure Freude. Wir waren so gegensätzlich: Er kam aus der Welt der Pferde, ich war allergisch gegen sie! Dennoch versuchten wir immer wieder, mehr übereinander herauszufinden, genau wie die Figuren im Film. Bob war charismatisch, intelligent, intensiv, immer interessant – und einer der besten Schauspieler aller Zeiten. Als ich ihn das letzte Mal sah, als er zum Mittagessen kam, sprachen wir über Kunst und beschlossen, uns gegenseitig unsere ersten Zeichnungen zu schicken. Er war einzigartig, und ich bin so dankbar, dass ich die Gelegenheit hatte, mit ihm zusammenzuarbeiten.»
Morgan Freeman
«Es gibt bestimmte Menschen, von denen man weiss, dass man sich gut mit ihnen versteht. Nachdem ich 1980 mit Robert Redford bei ‹Brubaker› zusammengearbeitet hatte, wurden wir sofort Freunde. Die erneute Zusammenarbeit mit ihm bei ‹An Unfinished Life› war ein wahr gewordener Traum. Ruhe in Frieden, mein Freund.» (Quelle: X)
Antonio Banderas
«Robert Redford verlässt uns, eine Ikone des Kinos in jeder Hinsicht. Schauspieler, Regisseur, Produzent und Gründer des Sundance Festivals. Sein Talent wird uns für immer bewegen, es strahlt durch die Filmbilder und in unserer Erinnerung. Ruhe in Frieden.» (Quelle: X)
Scarlett Johansson
Scarlett Johansson mag aktuell die bestverdienende Schauspielerin Hollywoods sein. Doch den entscheidenden Schub versetzte Robert Redford ihrer Karriere. Nach ihrer Rolle in «The Horse Whisperer» (1998), bei dem Redford auch Regie führte, folgten für Johansson «The Man Who Wasn't There», «Ghost World» und «Lost in Translation».
«Bob Redford hat mich mit 11 Jahren für den Film ‹The Horse Whisperer› engagiert», erzählt Johansson «Entertainment Weekly». «Jeden Tag vor jeder Szene nahm er sich Zeit, setzte sich mit mir hin und erklärte mir alle Schritte, die meine Figur bis zu diesem bestimmten Punkt in der Geschichte geführt hatten. Egal, wie hektisch der Tag auch war, ich hatte immer das Gefühl, dass er sich alle Zeit der Welt für unsere Arbeit nahm.»
«Bob hat mir gezeigt, was Schauspielerei sein kann, und seine Grosszügigkeit und Geduld haben mich dazu angeregt, die Möglichkeiten dieses Handwerks weiter zu verfolgen. Dieselbe Grosszügigkeit und Liebe zur Kunst inspirierten Bob zur Gründung von Sundance, einem Ort, an dem Filmemacher voneinander lernen, sich gegenseitig inspirieren und die Talente der anderen entdecken können.»
«Bob, danke für dein Vertrauen in mich, deine Güte und deine Führung. Du hast so viele Künstler, mich eingeschlossen, dazu gebracht, tiefer zu gehen, präsent zu bleiben, kreative Grenzen zu überschreiten und weiter zu forschen, und dafür sind wir dir auf ewig dankbar.»
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