Am Montagabend fand bei den Filmfestspielen von Cannes die Premiere von «The Apprentice» statt, dem ersten Spielfilm über das Leben von Donald Trump. Die Reaktion des früheren US-Präsidenten liess nicht lange auf sich warten: Wie das Branchenblatt «Variety» berichtet, will Trump die Filmemacher verklagen. Er ist damit nicht alleine, auch der Milliardär Daniel Snyder wütet: Er hatte die Produktion mitfinanziert, im Glauben, es handle sich um ein wohlwollendes Porträt.
«Dieser Müll ist pure Fiktion», wetterte Steven Cheung, der Kampagnen-Sprecher von Trump, «er stellt eine bösartige Diffamierung dar und sollte niemals das Tageslicht erblicken.» Angesichts seiner Premiere an der Croisette freilich ein schwieriger Wunsch, dem der Sprecher sogleich eine Verschwörungstheorie folgen liess: Die Hollywood-Eliten würden sich verzweifelt in den laufenden Wahlkampf einmischen, da sie wüssten, dass Donald Trump erneut das Weisse Haus erobern werde.
«The Apprentice», betitelt wie die gleichnamige Autobiografie, zeichnet den Aufstieg Trumps zum Immobilienmagnaten in den späten 1970er- und 1980er-Jahren nach. Zu Beginn sehen wir noch einen unreifen, bemüht höflichen, fast schüchtern jungen Mann, der von seinem übermächtigen Vater getriezt wird. Wie ein abgehetzter Vertreter sammelt er Geld von säumigen Mietern, die hochgestochenen Pläne für sein New Yorker Luxushotel liegen wegen eines Diskriminierungsprozesses auf Eis.
Doch rasch lernt der vom rumänisch-amerikanischen Schauspieler Sebastian Stan mit viel Maske und Haarpracht verkörperte Trump in einem exklusiven Nobellokal den Anwalt Roy Cohn kennen. Dieser findet Gefallen am jungen Trump, dem nachgesagt wird, er ähnele Robert Redford. Cohn nimmt ihn unter seine Fittiche, erledigt seinen Prozess mit illegalen Methoden und lehrt ihn seine drei goldenen Regeln: Erstens, immer im Angriffsmodus sein. Zweitens, Wahrheit ist immer subjektiv, im Ernstfall alles abstreiten. Drittens, niemals eine Niederlage eingestehen.
Wohin die Beherzigung dieses Weltbilds geführt hat, ist spätestens seit der verlorenen US-Präsidentschaftswahl 2020 bekannt. Womöglich ist die mediale Omnipräsenz von Trump und die Normalisierung seiner Obszönitäten auch ein wesentlicher Grund, warum «The Apprentice» bei der amerikanischen Kritik eher lau wegkommt: Irrelevant, das kennt man alles, so der Tenor. Was würde Trump denn im Herzen antreiben, was er nicht ohnehin täglich öffentlich hinausposaune?
Die Wahrnehmung von Trump neu erfunden hat der vom iranischen Regisseur Ali Abbasi gedrehte Film tatsächlich nicht, wie könnte er auch? Doch die stringent erzählte Gangster-Geschichte im zwielichtigen Setting der USA im Übergang von Nixon zu Reagan eifert in ihren stärksten Momenten einem jungen Martin Scorsese nach. Und sie lehrt auch etwas über die Mechanismen einer manichäischen Ideologie, die die Welt nur in «Winner» (die zugleich «Killer» sind) und «Loser» einsortiert.
Denn bald hat der Schüler seinen Meister locker in den Lehrstunden der Rücksichtslosigkeit überflügelt. Roy Cohn (dämonisch: Jeremy Strong, der seine Paraderolle aus «Succession» um eine finstere Note erweitert), muss am eigenen Leib erfahren, dass das Leben sich nicht nach aufgeblasenen Ego-Regeln richtet. Als der heimlich homosexuell lebende Anwalt an Aids erkrankt, lässt Trump ihn aus Ekel ebenso fallen, wie er zuvor schon dem eigenen Bruder die Tür gewiesen hatte.
Und auch Trumps erste Ehefrau wird zum Opfer ihres Ehemanns, an einer krassen Stelle: Nachdem sich Ivana Trump (Maria Bakalova) über den Look ihres Ehemanns lustig macht («Du siehst aus wie eine Orange»), reisst Trump sie an den Haaren, wirft sie zu Boden und vergewaltigt sie. Dass der Film diese Szene ohne Kontext stehen lässt und seine Figuren danach weitermachen, als sei nichts geschehen, ist problematisch. In der Realität hatte die 2022 gestorbene Ivana ihrem Mann im Zuge der Scheidung Vergewaltigung vorgeworfen, dies jedoch 2015 dementiert. (aargauerzeitung.ch/lyn)
Das ist das Lustigste, was ich heute gelesen habe. 🤣🤣🤣🤣👍
Das M. steht übrigens für Perversling.