Das Marvel-Universum und seine Superhelden faszinieren Millionen von Zuschauenden weltweit. Allein dieses Jahr kommen vier neue Filme zum Marvel Cinematic Universe hinzu: «Morbius» im März, «Doctor Strange: In the Multiverse of Madness» im Mai, «Thor 4» im Juli und «Black Panther» im November. Nicht zu vergessen: Disney-Plus-Serien wie «Moon Knight», «Ms. Marvel» und «She-Hulk».
Wer so viel produziert, benötigt auch viele Mitarbeitende. Genau die beklagen sich in letzter Zeit immer öfter über schlechte Arbeitsbedingungen im Studio. Überarbeitung aufgrund mangelnder Planung und schlechte Löhne sollen die Norm sein.
Letztes Jahr hat sich der Comiczeichner Ed Brubaker öffentlich über seine Entlohnung für seine Arbeit an der Serie «The Falcon And The Winter Soldier» genervt und sagte, er werde unfair bezahlt für seine Arbeit. Eine Recherche von «The Hollywood Reporter» zeigt nun, dass Marvel hierbei nach einem ausgeklügelten System vorgeht.
Letztes Jahr zog die Schauspielerin Scarlett Johansson vor Gericht, weil sie der Ansicht war, Marvel habe ihren Vertrag gebrochen. Weil Marvel den Film «Black Widow» auch auf der Streamingplattform Disney Plus zeigte, während er immer noch im Kino lief, hätte man so potenziell die Einspielsumme geschmälert. Abgemacht worden sei eine Produktion fürs Kino. Die beiden Parteien konnten sich inzwischen einigen.
Die Co-Erfinderin des «Black Widow»-Charakters Yelena Belova, Devin Grayson, erwartete gemäss ihrem Vertrag eine Zahlung von 25'000 US-Dollar für ihre Arbeit – genauso wie Comiczeichner J.G. Jones, der mit ihr zusammen den Filmcharakter erschuf. Die beiden staunten nicht schlecht, als sie dann bloss einen Fünftel der Summe, also 5000 Dollar erhielten. Und statt den versprochenen 2000 Dollar pro Episode mit Yelena, erhielt sie lediglich 300 Dollar pro Folge, als die Serie «Hawkeye» auf Disney Plus erschien.
Marvel schafft es, die angepriesenen Beträge zu verkleinern, indem sie Unmengen kleingedruckter Klauseln in den Verträgen mit den Künstlern verstecken.
Im Vertrag, den Devin Grayson 2007 unterzeichnete, waren folgende Beträge festgelegt: 25'000 Dollar, wenn der Charakter auf der Kinoleinwand erscheint, 2000 für eine Folge über 30 Minuten im TV, 1000 für eine Folge im TV unter 30 Minuten. Sollte die Figur in einem Video-Game erscheinen, würde ein Pot von insgesamt 30'000 Dollar aufgeteilt auf alle Künstler, die einen Charakter darin mitentwickelt haben.
In Wahrheit wird die Summe von 25'000 Dollar möglicherweise mit anderen Künstlerinnen und Künstlern geteilt, die auch an einem Charakter mitwirkten. Wie Grayson sagt, sei dies irreführend, da der volle Betrag prominent erwähnt werde im Vertrag.
Florence Pugh as Yelena Belova ✨ pic.twitter.com/Vbj4zbONpq
— мαяνєℓσℓιι ☾ (@Marvelolii) July 21, 2022
Hat der Charakter zudem nur eine Nebenrolle, sprich erscheint nur in maximal 15 Prozent der Spielzeit, schmälert das die Lohnzahlung nochmals drastisch.
Als Frau in einem männerdominierten Berufsfeld traute sich Grayson nicht, gross von der Vertragsunterzeichnung zu erzählen. Sie war froh um die Summe, die Marvel ihr versprach. Der einzige Grund, wieso sie sich jetzt zu Wort melde, sei, dass sie denkt, Marvel sollte halten, was es seinen Creators verspricht. Mithilfe eines Anwaltes war es ihr möglich, im Dschungel der Vertragsklauseln einen Überblick zu erhalten.
Co-Creator J.G. Jones wollte sich gegenüber «The Hollywood Reporter» nicht genauer äussern zur Zahlung von Seiten Marvel, er habe jedoch einen ähnlichen Betrag erhalten wie Grayson. Er sagt: «Gespräche mit anderen Creators zeigen, dass die Angebote Marvels einer Lockvogeltaktik gleichen. Sie locken dich mit einer grossen Summe an und verkleinern diese immer weiter bis zur tatsächlichen Auszahlung.»