Leben
Frauen der Geschichte

Maria Anna: Mozarts Schwester war genauso talentiert

Maria Anna Mozart
Maria Anna Mozart stand ihr Leben lang im Schatten ihres Bruders.Bild: coessm.org
Frauen der Geschichte

Im Schatten ihres Bruders: Mozarts Schwester war genauso talentiert

Jeder kennt wohl Wolfgang Amadeus Mozart. Doch hast du schon einmal etwas von seiner Schwester Maria Anna gehört?
03.05.2025, 17:3903.05.2025, 17:39
Kendra Kotas
Kendra Kotas
Mehr «Leben»

Stundenlanges Üben, Talent und Leidenschaft. All dies nützte Maria Anna Mozart nichts. Denn sie war eine Frau im 18. Jahrhundert.

«(...) daß sie so viele Stunden beym Flügl sollte zugebracht haben, ohne nützlichen Gebrauch davon machen zu können.»

Dies schrieb Wolfgang Amadeus Mozart seiner Schwester Maria Anna in einem Brief im Jahr 1777. Maria Anna Mozart, von allen nur Nannerl genannt, hatte das Talent für eine grosse Karriere als Pianistin. Doch ihr Leben lang stand sie im Schatten ihres berühmten Bruders.

Maria Anna das Wunderkind

Maria Anna Walburga Ignatia Mozart wurde 1751 als viertes Kind des Hofviolinisten Leopold Mozart und seiner Frau Anna Maria Walburga in Salzburg geboren. Da von den insgesamt sieben Kindern fünf das erste Lebensjahr nicht überlebten, blieben sie und ihr 1756 geborener Bruder Wolfgang Amadeus die einzigen Kinder.

Wie ihr Bruder profitierte Maria Anna von einer guten Allgemeinbildung sowie umfassendem Klavierunterricht. Ihr Vater war auf beide «Wunderkinder» sehr stolz und nahm sie mit an die europäischen Höfe, um deren Talent allen zu präsentieren. Er war aber auch sehr ehrgeizig, weswegen er seine Kinder auf Erfolg drillte.

«…dass mein Mädl eine der geschicktesten Spilerinnen in Europa ist, wenn sie gleich nur 12. Jahre hat…»
Leopold Mozart, 1764

Weil die Kinder gut beim Publikum ankamen, ging die gesamte Familie Mozart auf eine dreijährige Konzertreise, welche von 1763 bis 1766 stattfand. Die Familie bereiste Länder wie Deutschland, Frankreich, England, Holland und die Schweiz.

Mozartkinder
Ein Porträt der zwei Wunderkinder mit ihrem Vater.Bild: the art Archive

Der Vater war scheinbar ein Marketing-Genie. Er wusste es, wie er seine Kinder am besten den Menschen präsentierte und wie er die Presse für sich einspannte. Leopold Mozart machte sich vor Ort über den Geschmack des Publikums schlau und liess dann seine Kinder die Stücke einstudieren. Er arrangierte Treffen mit Adeligen und vereinbarte die Gagen.

Maria Anna war zu dieser Zeit eine der ersten Pianistinnen, welche in ganz Europa Konzerte gaben. In einer Zeitung im Jahr 1763 stand über Maria Anna:

«Stellen Sie sich einmal ein Mägden von 11 Jahren vor, das die schweresten Sonaten und Concert der grösten Meister auf dem Clavessin oder Flügel auf das Deutlichste, mit einer kaum glaublichen Leichtigkeit fertiget und nach dem besten Geschmack wegspielt. Das muss schon viele in eine Verwunderung sezen.»
Augsburgischer Intelligenz-Zettel, 19. Mai 1763

Trotz des grossen Talents: Maria Anna war ein Mädchen, weshalb sich die Aufmerksamkeit ihres Vaters mehrheitlich auf den Sohn richtete. Anders als ihr Bruder erhielt sie auch keinen Kompositions-, Geigen- oder Orgelunterricht, obwohl dieser zu der Zeit für Musiker als unerlässlich galt.

Da es dazumal unüblich war, eine Karriere als Pianistin einzugehen, ging die 17-jährige Maria Anna 1768 auf eine letzte Konzertreise nach Wien. Danach zeigte ihr ihre Mutter die Arbeiten einer Hausfrau, während ihr Bruder mit ihrem Vater auf weitere Reisen gingen.

Huberversität: Kulturepochen
Das wohl berühmteste Mozart-Porträt, in Anlehnung an das Familiengemälde von 1780/81 postum gemalt von Barbara Krafft im Jahr 1819
https://de.wikipedia.org/wiki/Wolfgang_A ...
Wolfgang Amadeus Mozart: Er machte die Karriere, die für Maria Anna unmöglich war.Bild: Wikimedia

Die Arbeit als Klavierlehrerin

Beim Dasein als Hausfrau blieb es aber nicht. Die Musik liess sie nicht los: Sie spielte für durchreisende Bekannte oder begleitete Sänger auf dem Klavier. Ausserdem arbeitete sie zwischen 1772 und 1784 als Musiklehrerin für vorrangig höhere Töchter. Mit ihrer Tätigkeit besserte sie auch das Einkommen der Familie beträchtlich auf.

Ihr Schüler Joseph Wölfl, der die Mozartbriefe verwaltete, wurde später als Pianist und Komponist in ganz Europa bekannt. Auch Maria Anna konnte scheinbar komponieren, wie in einem Brief von ihrem Bruder 1770 herauszulesen ist:

«Ich habe mich recht verwundert, dass du so schön Componiren kanst, mit einem wort, das lied ist schön, und probiere öfter etwas.»

Mozart bedauerte wohl ebenfalls das verschwendete Talent von seiner Schwester.

Zu dieser Zeit gab es schon einige wenige Frauen, welche als Erwachsene eine musikalische Karriere einschlugen.

Maria Annas Repertoire ist schwer zu rekonstruieren, da aus der Korrespondenz der Familie die Klavierstücke meist nicht namentlich genannt wurden. Leopold Mozart schrieb 1974 seiner Frau die Anweisung:

«Nebst den Bachischen und ParadiesSonaten kann die Nannerl auch des Wolfg: geschriebne Sonaten und Variationen, und andere Sonaten mit nehmen, was sie will…»

Die Rede war aber viel von den «schwersten Stücke[n]» und den «grösten Meistern».

Maria Anna und die Männer

Nach dem Tod ihrer Mutter 1778 musste Maria Anna den Haushalt ihres Vaters führen. Wenige Jahre später verliebte sie sich in Franz Armand d’Ippold, Hauptmann und Hofmeister der Edelknaben. Da sie mit 30 für diese Zeit schon spät dran war, wünschte auch ihr Bruder Maria Anna einen Ehemann. Er schreibt ihr:

«Ma très chère souer, glaub mir, in allem Ernste, dass das beste für dich ein Mann wäre. Und eben deswegen, weil es sehr Einfluss auf deine Gesundheit hat, wünschte ich von Herzen, dass du bald heiraten könntest.»

Maria Anna war zu dieser Zeit von einer Krankheit geplagt. Auch sie würde gerne heiraten. Doch ihr Vater war dagegen. Nach seinem Geschmack waren die Finanzen des Auserwählten zu mager.

Johann Baptist Berchtold zu Sonnenburg
Johann Baptist Berchtold zu Sonnenburg.Bild: wikipedia

Maria Anna heiratete – jedoch einen anderen, der diesmal vom Vater ausgewählt wurde. 1784 ehelichte sie den Freiherrn Johann Baptist von Berchtold zu Sonnenburg und zog nach St. Gilgen, weg von der geliebten Kulturstadt Salzburg. Der frisch Angetraute und zweifache Witwer brachte fünf unmündigen Kinder in die Ehe. Maria Anna gebar drei weitere.

Die Ehe war laut Maria Annas Briefen an ihren Vater eine grosse Enttäuschung. Aber auch ihr Vater machte ihr das Leben schwer. Dieser holte ihren ältesten Sohn gegen ihren Willen zu sich nach Salzburg. Da ihr Mann an dem Kind keinerlei Interesse hatte, liess dieser das Ganze geschehen. Von ihren leiblichen Kindern erreichte nur der älteste Sohn das Erwachsenenalter.

Unterstützung des Bruders

Dank der Hilfe der Bediensteten konnte Maria Anna weiterhin drei Stunden pro Tag Klavier spielen. Auch für ihren Bruder stand sie mit Rat und Tat immer zur Seite, wenn dieser bei musikalischen Fragen Hilfe benötigte. Von Eifersucht oder Neid war aus den Briefen des Geschwisterpaars nichts herauszulesen. Nur nach seiner Eheschliessung mit Konstanze distanzierte sich ihre Beziehung ein wenig. Nach Mozarts Tod kümmerte sich Maria Anna um sein Andenken. Sie gilt als eine der wichtigsten Quellen für Verleger, Musikhistoriker und Mozart-Enthusiasten.

Auch Maria Annas Ehemann starb. 1801 kehrt sie nach Salzburg zurück. Bis sie 74 Jahre alt ist, arbeitet sie als Klavierlehrerin. Aufgrund einer Erblindung musste sie damit aufhören. 1829 starb sie im Alter von 78 Jahren. Von der Mozart-Familie hatte sie das längste Leben.

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Diese Frauen sind 2024 an der Macht
1 / 33
Diese Frauen sind 2024 an der Macht
Giorgia Meloni ist seit 2022 italienische Ministerpräsidentin und damit die erste Regierungschefin des Landes.
quelle: keystone / filippo attili/chigi palace pres
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Männer denken nur an das eine – und es ist das Römische Reich?!
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
37 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
regen
03.05.2025 17:55registriert November 2014
ja, fannny mendelsson und auch clara wieck schumann, beides begnadete pianistinnen und komponistinnen, standen im schatten eines eifersüchtigen bruders, bzw. eines durchgeknallten ehemannes.
6012
Melden
Zum Kommentar
avatar
Jorge de los alpes
03.05.2025 19:27registriert April 2014
Leider lebte sie im falschen Zeitalter, wo Frauen keine Rechte hatten und deren Talente nicht beachtet wurden.
5216
Melden
Zum Kommentar
avatar
Ebert vs. Siskel
03.05.2025 21:25registriert Oktober 2023
Die könnten wenigstens eine Mozartkugel-Sonderausgabe machen mit dem Konterfei von Nannerl.
3610
Melden
Zum Kommentar
37
    Tipps & Tricks, wie du Gefässe richtig bepflanzt
    Attraktiv bepflanzte Blumenkästen, Töpfe und Tröge bringen Farbe und Leben auf deinen Balkon, deine Terrasse oder deinen Sitzplatz. Damit du lange Freude daran hast, solltest du beim Pflanzen ein paar Dinge beachten.

    Wähle ein genug grosses Gefäss. Je mehr Erdvolumen du deiner Pflanze gönnst, desto besser kann sie sich entwickeln. Bei Gehölzen sollte der Umfang des Topfes etwa ein Drittel grösser sein als die Pflanzenkrone. Unerlässlich für jedes Gefäss ist ein Wasserabzug, der nicht verstopfen kann. Lässt du deine Pflanze ganzjährig im Freien stehen, muss der Topf zudem frosthart sein.

    Zur Story