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Collien Ulmen-Fernandes: Diese Klischees über Männer und Frauen nerven

Christian Ulmen und Collien Ulmen-Fernandes / Omega Event- Pr
Christian Ulmen und Collien Ulmen-Fernandes haben eine gemeinsame Tochter.Bild: www.imago-images.de
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«Leute denken, mein Mann sei der Schlauere»: Collien Ulmen-Fernandes genervt von Klischees

16.10.2022, 19:44
Imke Gerriets / watson.de
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Es ist nicht so, dass Collien Ulmen-Fernandes keine Themen hätte. Derzeit ist sie gleich mit mehreren Projekten im TV zu sehen. Eins davon ist «HGTVs Beste», in der sie mit unterschiedlichen Prominenten wie Natascha Ochsenknecht oder Sonya Kraus Wohnträume bespricht. Privat hat Collien ebenfalls eine grosse Liebe für Renovierungsarbeiten und Verschönerungen am eigenen Haus. Nach acht Jahren zieht sie aus Potsdam weg und findet, dass es auch mal an der Zeit für was Neues sei, erklärte sie kürzlich gegenüber watson.

Doch seit Jahren setzt sie sich vor und abseits der Kamera immer wieder auch für Gleichberechtigung ein. Die Moderatorin ist seit 2011 mit Schauspieler Christian Ulmen verheiratet – und im Alltag erlebt sie immer wieder Situationen, in denen sie und ihr Mann nicht gleich behandelt werden.

Im Interview mit watson erklärt Collien, in welchen Momenten sie Missständen in der Gleichberechtigung begegnet, offenbart, dass ihr Mann Christian Ulmen als der Schlauere eingeordnet wird und sagt, wie sie solchen Klischees entgegentritt.

Stereotypen über Männer und Frauen begegnet man im Alltag immer wieder. Und leider fängt es oft schon bei Kleinkindern an ...
Collien Ulmen-Fernandes:
In geschlechtersensiblen Kitas achtet man darauf, dass man die Spielsachen nicht kategorisiert, also zum Beispiel nicht sagt: «Du stehst als Mädchen an der Werkbank, das ist aber interessant, das ist ja eigentlich eher ein Jungsspielzeug.» Man bewertet das nicht, sondern lässt die Kinder sich frei entfalten, ohne dass man ein Etikett aufklebt: «Werkbank gleich Jungsspielzeug. Und du kleiner Junge spielst mit einer Puppe, komisch, das ist doch eigentlich eher eine Mädchensache.»

Was denkst du darüber?
Solche Bemerkungen sollte man sich verkneifen. Wenn man das Spielzeug nicht kategorisiert, stehen nämlich auf einmal mehr Mädchen als Jungs an der Werkbank, weil ihnen niemand gesagt hat: «Das ist aber eine Jungssache.»

Du nutzt deine Reichweite, um genau auf solche Themen aufmerksam zu machen. Nicht zuletzt mit der ZDF-Dokureihe «laut. stark. gleich. berechtigt.» setzt du ein Zeichen. Wo siehst du da noch besonders Missstände?
Die sehe ich überall. Da weiss ich gar nicht, wo ich anfangen und wo ich aufhören soll. Man kommt ins Krankenhaus, mehrere besorgte Ärzte fragen: «Wenn Sie jetzt hier im Krankenhaus sind, ist denn dann das Kind versorgt?» Dann sage ich: «Ja.» Da denke ich mir: Krass, wenn mein Mann krank ist, sagt niemand: «Herr Ulmen, Sie sind jetzt krank, wer kümmert sich denn dann ums Kind?» Die Zuständigkeit wird noch ganz klar bei der Frau gesehen.

«Die Berufe wurden ganz klar mit männlich und weiblich gekennzeichnet, was aber in der Realität so überhaupt nicht der Fall war.»

Gibt es weitere Alltagssituationen, bei denen dir das besonders auffällt?
Ich hatte an meinem Krankenbett zwei Knöpfe. (Anmerkung der Redaktion: zuletzt postete sie im Juli ein Foto aus dem Krankenhaus auf Instagram. Den Grund ihres Aufenthalts hatte sie nicht bekannt gegeben. Der Instagram-Post unten ist aus dem Dezember 2019.) Auf einem war ein Mann zu sehen und auf dem anderen eine Frau. Dabei ging es nicht darum, ob ich möchte, dass eine Frau oder ein Mann mein Zimmer betritt, sondern der Männerknopf stand für «Ich brauche einen Arzt» und der Frauenknopf für «Ich brauche eine Pflegerin». Die Berufe wurden ganz klar mit männlich und weiblich gekennzeichnet, was aber in der Realität so überhaupt nicht der Fall war.

Sondern?
Wenn ich den Männerknopf gedrückt habe, kam eine Ärztin rein und beim Frauenknopf ein Pfleger. Da dachte ich mir: «Wahnsinn, die Knöpfe sind immer noch so, weil man das so gelernt hat.»

An welchen Momenten hast du selbst erlebt, dass du benachteiligt wirst?
Ich war mit meinem Mann in Hamburg. Wir waren beide krank, sind zum Arzt gegangen und er verschrieb Medikamente. Später haben wir auf das Rezept geguckt und festgestellt, dass er nur für Christian Medikamente ausgestellt hat. Ich habe bei ihm angerufen und gefragt, was denn mit meiner Medizin sei. Der Arzt meinte: «Ich dachte, Ihr Mann arbeitet und er muss jetzt ganz schnell wieder fit sein. Sie sind wahrscheinlich nur Hausfrau, dann ist das nicht so wichtig.»

«Dann habe ich irgendwann gemerkt, warte mal, aber die Leute, denen wir begegnen, haben immer das Gefühl, Christian sei der Schlauere.»

Wie bist du damit umgegangen?
Ich habe ihm gesagt: «Nein, Moment, es ist eigentlich genau umgekehrt. Ich habe in drei Tagen wieder einen Dreh und mein Mann ist gerade zu Hause. Sollen wir denn jetzt einfach die Medikamente tauschen?» Darauf antwortete er: «Das hätten Sie erwähnen müssen, dass Sie nicht nur Hausfrau sind.» Ich fand es erschreckend, dass er erstmal davon ausging: Die Frau wird schon Hausfrau sein und der muss ich jetzt nichts aufschreiben. Das war ein älterer Herr, der uns nicht kannte. Davon gibt es tausende Situationen.

Du bist seit über 20 Jahren im TV tätig. Gibt es noch Momente, wo du dich selbst noch beweisen musst?
Nicht mehr in dem Rahmen wie früher. Am Anfang hatte ich aber ganz stark das Gefühl, dass einem per se weniger zugetraut wird. Ich habe zusammen mit meinem Mann IQ-Test-Aufgaben gemacht und habe gut abgeschnitten. Dann habe ich irgendwann gemerkt, warte mal, aber die Leute, denen wir begegnen, haben immer das Gefühl, Christian sei der Schlauere.

Wie war denn das Ergebnis eures IQ-Tests?
Ich glaube, ich bekomme Ärger mit meinem Mann, wenn ich das erzähle (lacht). Auf jeden Fall wurde mir da bewusst, was uns immer von aussen auferlegt worden ist. Als ich schwanger war, habe ich permanent gehört: «Hoffentlich hat das Kind später den Geist von Papa und das Aussehen von Mama.»

«Man muss sich der Geschlechterklischees erst einmal bewusst werden.»

Was nimmst du aus solchen unangenehmen Momenten für dich mit?
Das ist ja das gängige Geschlechterbild. Das haben wir so gelernt. Ein Thema, dem wir uns in aller Ausführlichkeit bei «laut. stark. gleich. berechtigt.» widmen: Der Mann ist für die Intelligenz zuständig und die Frau fürs Aussehen.

Was rätst du anderen, wie sie sich gegen Klischees – auch im Alltag – wehren können?
Man muss sich der Geschlechterklischees erst einmal bewusst werden. Ich habe vieles auch lange nicht gemerkt. Erst in der Beschäftigung mit der Thematik fällt einem auf, welchen Geschlechterklischees man selbst unterliegt.

«HGTVs Beste» wird seit dem 4. Oktober immer dienstags um 21.10 Uhr bei Home & Garden TV ausgestrahlt.
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70 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Uno
16.10.2022 21:37registriert Oktober 2019
Naja, ich wir, sind getrennt mit einem Kind 50/50. Als Mann wird man immer zuletzt einbezogen, wenn es um das Kind geht. So steinig der Weg für Frauen auf eine Managerposition sein mag, so steinig ist der Weg für Väter auf eine Fairbehandlung bei geteiltem Sorgerecht.
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Trouble
16.10.2022 19:56registriert Februar 2016
Wenn ich das lese, denke ich vor allem: Was hat die Frau für ein absurdes Umfeld? Und ich meine das als Vorwurf ans Umfeld, nicht an sie.
Gibt's noch Kitas, die so komisch sind? Diese Knöpfe im Spital? Die Geschichte mit den Medikamenten? Ich weiss ja nicht, aber in meinem Umfeld kommen mir solche Sachen zum Glück nicht unter. Vielleicht weniger offensichtliche? Aber um die zu erkennen, bin ich wahrscheinlich generell zu müde.
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Jonaman
16.10.2022 20:29registriert Oktober 2017
Was für eine Kita sagt einem Mädchen aktiv, dass eine Werkbank ein Jungenspielzeug ist?!
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Neuer Robin-Hood-Film mit Hugh Jackman und Jodie Comer

Die Legende um den englischen Helden Robin Hood, der die Reichen bestahl, um den Armen zu helfen, ist in Hollywood schon viele Male aufgelegt worden. Nach Leinwand-Abenteuern mit Errol Flynn (1938), Kevin Costner (1991) oder Russell Crowe (2010) soll nun «Wolverine»-Star Hugh Jackman (55) in «The Death of Robin Hood» die männliche Hauptrolle spielen. An seiner Seite werde die britische Schauspielerin Jodie Comer (31, «The Last Duel») die Rolle der Geliebten Marian übernehmen, wie US-Branchenblätter am Freitag (Ortszeit) berichteten. Als Regisseur ist Michael Sarnoski («Pig», «A Quiet Place: Day One») an Bord.

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