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Steigende Preise an italienischen Stränden lassen Besucherzahlen sinken

Strand Italien Sonnenschirme
In Reih und Glied stehen Sonnenschirme und -liegen am Strand des Badeortes für Urlauber bereit.Bild: Roberto Brancolini/IPA via ZUMA

Preise an italienischen Stränden lassen Besucherzahlen sinken

Ein Schirm und zwei Liegen in einem der vielen Strandbäder am Mittelmeer – das kann in diesem Sommer richtig teuer werden. Viele Plätze bleiben leer. Von Krise will die Regierung aber nichts wissen.
11.08.2025, 14:34
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t-online

Billig ist es schon lange nicht mehr, sich in einem von Italiens vielen Strandbädern einen Platz an der Sonne zu mieten. Aber so teuer wie in diesem Sommer war es noch nie. Im «Twiga», einem luxuriösen Club an der Küste der Toskana, der einst dem Formel-1-Manager Flavio Briatore gehörte, kostet ein einziger Tag im «Herrscherzelt» – vier Betten, vier Kinderbetten, vier Liegestühle, drei Stühle, ein Tisch – jetzt im August 1'500 Euro. Essen und Trinken nicht inklusive.

Aktuell ist das an Italiens Küsten der teuerste Ort – was verkraftbar wäre, weil so ein Angebot ohnehin nur für eine superreiche Klientel gedacht ist. Problem nur, dass von den mehr als 7'000 Bädern in Privatbesitz auch viele weitere die Tarife nochmals angehoben haben. Für einen Platz an der Sonne werden auch andernorts hohe Preise verlangt. Bislang haben die meisten Italiener den alljährlichen Preissprung mitgemacht. Jetzt allerdings bleiben viele Liegen leer.

Verband: Rückgang um 25 bis 30 Prozent

Der Tourismusverband Assobalneari Italia spricht für die bisherige Saison von einem Rückgang der Gästezahlen um 25 bis 30 Prozent. Nur an Sonntagen sei es noch voll. Die Branche hofft, dass jetzt, da sich das Land auf den alljährlichen Höhepunkt seines Sommers zubewegt, den Feiertag Ferragosto am 15. August, alles wieder wird wie früher. Das Wetter spielt zumindest mit: 35 Grad plus sollen es werden. Allerdings gibt es berechtigte Zweifel, ob das reichen wird.

Mit ihren stabilimenti balneari – so heissen die privaten Strandbäder in der Landessprache – verbindet die Italiener eine Art Hassliebe. Eigentlich gehören die mehr als 7'500 Kilometer Küste dem Staat – also allen. Jedoch ist mehr als die Hälfte der Strände an Privatleute verpachtet, oft schon seit Jahrzehnten, oft unter der Hand und oft auch zu Spottpreisen. Manche nennen das Vetternwirtschaft, andere mafiöse Strukturen. Viele Pächterfamilien sind schwerreich geworden.

Auf ausländische Urlauber im Sand blickt man von oben herab

Andererseits hat man sich längst daran gewöhnt, dass man hier für den Strand im Unterschied zu den meisten anderen europäischen Ländern bezahlen muss. Die Strandliege (Italienisch: lettino) und der Sonnenschirm (ombrellone) gehören zu den nationalen Kulturgütern. Auf Urlauber aus dem Ausland, die sich nur mit einem Handtuch auf Körner oder Steine fallen lassen, blickt man gern von oben herab – und wenn es nur aus 20 Zentimetern Höhe ist.

Im landesweiten Durchschnitt lag die Tagesmiete für zwei Liegen und Sonnenschirm vergangenes Jahr nach Angaben der nationalen Beobachtungsstelle für das Badewesen – die gibt es – bei etwas mehr als 30 Euro. In diesem Jahr dürfte es kräftig in die Höhe gehen. Im Strandbad «La perla del Tirreno» von Santa Marinella – einem keineswegs luxuriösen Badeort in der Nähe von Rom – verlangen sie jetzt 60 Euro. Die Tasse Cappuccino kostet fünf, der Thunfisch-Cheeseburger 14 Euro.

Hundert Euro pro Familie keine Seltenheit

Unter hundert Euro kommt eine Familie kaum noch weg, auch wenn sich viele mittlerweile ein Lunch-Paket mitbringen. «Das können wir uns ein oder zwei Tage die Woche leisten – mehr nicht», sagt Dario D'Alatri, ein Familienvater aus der Hauptstadt. Die Geschäftsführerin des Strandbads in Santa Marinella, Leila Fares, rechtfertigt sich in der Zeitung «La Repubblica» damit, dass die Schirme bei ihr weiter auseinander stehen als üblich, alles jeden Tag gereinigt wird und 20 Leute an Personal bezahlt werden müssen.

Solche Diskussionen gibt es eigentlich jeden Sommer. In diesem Jahr jedoch hat sich daraus eine grössere Welle der Empörung entwickelt. Einer von Italiens beliebtesten Schauspielern, Alessandro Gassmann, brachte den Unmut mit einem Appell an die Strandbad-Besitzer auf den Punkt: «Liebe Freunde, ich habe gelesen, dass die Saison nicht gut läuft. Vielleicht habt ihr mit den Preisen ein bisschen übertrieben. Senkt sie, und vielleicht wird es dann besser.»

Tourismusministerin nennt Berichte «alarmistisch»

Mit Ausnahme einzelner Rabatt-Aktionen – drei Schirme zum Preis von zweien, Sondertarife nach 14 Uhr – zeigte der Appell bislang kaum Wirkung. Assobalneari-Präsident Fabrizio Licordari entgegnet: «Es gibt Strandbäder für jedes Budget.» Als Ursache für den Rückgang macht er die Inflation aus, die viele Familien belaste. «Die gestiegenen Lebenshaltungskosten haben die Kaufkraft stark verringert. Selbst mit zwei Einkommen reicht das Budget in vielen Fällen nicht mehr aus.»

Von der rechten Regierung in Rom unter Ministerpräsidentin Giorgia Meloni haben die Italiener keine schnelle Hilfe zu erwarten. Tourismusministerin Daniela Santanchè will von einer Krise nichts wissen. Solche Berichte seien «alarmistisch» und «irreführend». Die Strandbad-Besitzer hingegen können sich auf Rom bislang verlassen: Verschiedenste Regierungen halfen mit, dass sich die Pächterfamilien seit 2006 um die Umsetzung einer EU-Richtlinie für neue Ausschreibungen herummogeln können.

Einstweilen kann man empfehlen, den Urlaub tief in den Süden zu verlegen: Auf Sizilien, in Porto Empedocle, kosten Schirm und zwei Liegen nach einem landesweiten Vergleich nur 20 Euro pro Tag. Oder einfach: Handtuch und Sonnenschirm mitbringen und dann hinunter in den Sand. Das ist gratis.

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