Gates plädiert für Strategiewechsel im Umgang mit Klimakrise: «Andere Probleme»
Bill Gates hat eine Neuausrichtung im Umgang mit der Klimakrise gefordert – und dabei Armut und Krankheiten als vordringlichere Probleme bezeichnet. In einem Blogbeitrag mit dem Titel «Drei harte Wahrheiten über das Klima» erklärte der US-Milliardär seine «neue Sichtweise auf das Problem».
Darin schrieb er: «Es ist an der Zeit, das menschliche Wohlergehen in den Mittelpunkt unserer Klimastrategien zu stellen.» Ein Grossteil der Klima-Community konzentriere sich aufgrund düsterer Prognosen zu sehr auf kurzfristige Emissionsziele. Das raube wichtige Ressourcen. Stattdessen solle sich die Welt stärker auf Massnahmen konzentrieren, die das Leben der Ärmsten unmittelbar verbesserten.
Der Zeitpunkt von Gates’ Äusserungen ist brisant: Nur einen Tag zuvor hatte UN-Generalsekretär António Guterres ein Verfehlen des 1,5-Grad-Klimaziels in den kommenden Jahren als «unvermeidlich» bezeichnet. In einem Interview mit dem britischen Guardian sprach Guterres von «verheerenden Konsequenzen», sollten Kipppunkte überschritten werden.
Die internationale Gemeinschaft hatte sich 2015 in Paris auf das Klimaschutzabkommen geeinigt, wonach die Erderwärmung auf deutlich unter zwei und möglichst 1,5 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter begrenzt werden soll. Dafür ist eine drastische Reduzierung der weltweiten Treibhausgasemissionen nötig.
Wissenschaftler warnen vor katastrophalen Folgen für die Menschheit, wenn es nicht gelingt, die globale Erwärmung zu begrenzen. Durch den fortschreitenden Klimawandel nehmen extreme Wetterphänomene wie Hitzeperioden, Stürme und Starkregen zu. Zudem sind Forscher besorgt wegen Domino-Effekten, die unser Leben und die Natur unumkehrbar verändern könnten.
Ein Kipppunkt in der Klimaforschung ist ein kritischer Schwellenwert, bei dessen Überschreiten ein Teil des Erdsystems vergleichsweise plötzlich und oft unumkehrbar in einen neuen Zustand kippt.
Gates: «Nicht das Ende der Menschheit»
Microsoft-Gründer Gates kritisiert drastische Warnungen nun als eine «Weltuntergangsvision», die seiner Meinung nach falsch sei. In seiner Veröffentlichung am Montag auf der Webseite «Gates Notes» schrieb der Unternehmer: «Obwohl der Klimawandel ernsthafte Folgen haben wird – besonders für Menschen in den ärmsten Ländern – wird er nicht das Ende der Menschheit bedeuten. Die Menschen werden in den meisten Regionen der Erde auch künftig leben und gedeihen können.»
Die anstehende UN-Klimakonferenz Cop30, die im November in der brasilianischen Regenwaldstadt Belém stattfindet, bezeichnete er als «eine Chance, sich wieder auf das zu konzentrieren, was mehr zählt als Emissionen und Temperaturveränderungen: das Leben von Menschen zu verbessern».
Er schrieb weiter: «Der Klimawandel wird arme Menschen stärker treffen als alle anderen. Aber für die meisten von ihnen wird er nicht das einzige oder grösste Risiko für ihr Leben und Wohlergehen sein.» Die wirklichen Probleme seien – so Gates – «Armut und Krankheit, wie eh und je».
Gates hatte früher regelmässig selbst in drastischen Worten vor den Folgen der Erderwärmung gewarnt und Geld in Klimaschutzprojekte investiert. Könnte seine Kehrtwende auch mit der Politik von US-Präsident Donald Trump zusammenhängen?
Während Trumps Vorgänger Joe Biden den Klimaschutz zu einem zentralen Anliegen seiner Regierung gemacht hatte, bezeichnete Trump im September vor der UN-Vollversammlung die wissenschaftlichen Erkenntnisse zum Klimawandel als den «weltweit grössten Betrug aller Zeiten». Am ersten Tag seiner zweiten Amtszeit verfügte er im Januar den erneuten Austritt der USA aus dem Pariser Klimaabkommen. Er treibt den Ausbau der Öl- und Gasförderung in den USA voran.
Gates: «Der Klimawandel ist ein sehr wichtiges Problem»
Gates adressiert in seinem Schreiben mögliche Kritiker und stellt klar: «Der Klimawandel ist ein sehr wichtiges Problem. Es muss gelöst werden, ebenso wie andere Probleme wie Malaria und Unterernährung. Jedes Zehntelgrad Erwärmung, das wir verhindern, ist enorm nützlich, denn ein stabiles Klima erleichtert es, das Leben der Menschen zu verbessern.»
Mitte November beginnt in Brasilien die jährliche UN-Klimakonferenz, bei der versucht werden soll, die internationalen Bemühungen zur Begrenzung der Emissionen durch verbindliche Absprachen und Zusagen zum Erfolg zu führen. Angesichts verschiedener Krisen wie der Corona-Pandemie und mehrerer Kriege waren die Anstrengungen zur Bekämpfung der Auswirkungen des vom Menschen verursachten Klimawandels in den vergangenen Jahren in den Hintergrund geraten.
Verwendete Quellen:
- Gates Notes website
- theguardian.com: Bill Gates says climate crisis won’t cause ‘humanity’s demise’ in call to shift focus to ‘improving lives’ (englisch)
- Mit Material der Nachrichtenagentur afp

