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Der Rapper mit dem halben Schädel: So geht es Dr. Knarf heute

Der deutsche Rapper Dr. Knarf
Dr. Knarf verletzte sich lebensgefährlich, als er Haschöl herstellten wollte. Bild: instagram/derechtedr.knarf

Der Rapper mit dem halben Schädel: So geht es Dr. Knarf heute

31.08.2023, 12:2831.08.2023, 13:55
Leon Schäfers / watson.de
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2017 wäre er bei einem Unfall beinahe ums Leben gekommen – bald muss er sich dafür vor Gericht verantworten. Die Rede ist natürlich vom deutschen Rapper Dr. Knarf, der beim Herstellen von Drogen Opfer einer Explosion wurde. Im Falle einer Verurteilung könnten ihn schlimmstenfalls 15 Jahre Haft erwarten. Aber wer steckt überhaupt hinter Dr. Knarf?

Wie Dr. Knarf zur Musik gefunden hat

Fangen wir ganz von vorne an: Dr. Knarf wurde als Niko Brenner 1984 in Hamburg geboren und hat die ersten Jahre seines Lebens in Schleswig-Holstein verbracht. Wegen diverser «Gewaltexzesse» innerhalb der Familie, so erklärte Knarf es kürzlich im «100% Realtalk Podcast» mit MC Bogy und B-Lash, haben sich seine Eltern allerdings früh getrennt. Mit seiner Schwester und seiner Mutter habe er anschliessend regelrecht eine «Frauenhaus-Tour» quer durch ganz Deutschland machen müssen. Schlussendlich sind sie in Köln gelandet.

Sein musikalisches Interesse sei früh entstanden, schon als Kind habe er viele Instrumente spielen können. Später hat er auch seine Faszination für Hiphop entdeckt, etwa seit der Jahrtausendwende mischt er schon in der Deutschrap-Szene mit. Dr. Knarf, der sich auch Kniwo nennt, hat seine ersten Releases also schon am Start gehabt, noch bevor er volljährig war. Apropos volljährig: Mit 18 Jahren sass er ein halbes Jahr in Untersuchungshaft. Die Erfahrungen, die er dort gemacht hat, hat er auf seinem Album «Fickt euch alle 2004» verarbeitet.

Neue Doku
Der WDR hat mit Dr. Knarf eine neue Dokumentation gedreht, die seinen Kampf zurück ins Leben zeigt. In der ARD-Mediathek kannst du den Film sehen.

2007 folgte dann sein «Ta$h Mixtape», was seine erste ganz offizielle Veröffentlichung darstellen sollte. Parallel dazu hat er ein BWL-Studium angefangen und wieder abgebrochen, um 2008 dann Musik und Psychologie in Köln zu studieren. Ab hier hat er sich aber noch stärker auf seine eigene Rap-Karriere fokussiert.

Dr. Knarf baut seine Musikkarriere aus

Es sollte nicht mehr allzu lange dauern, bis Knarf sein Studentenleben vollständig an den Nagel hängte. Statt zur Uni zu gehen, gründete er mit E.L.E. Media ein eigenes Label und stellte im Jahre 2011 den Bau eines eigenen Tonstudios fertig. Seine Teilnahme bei der Fernsehsendung «Cover my Song» stellte ihn im selben Jahr einem etwas breiteren Publikum vor; sein Solo-Album «Kniwolution» war von hier aus nicht mehr fern.

Auch war Dr. Knarf als Teil der Rap-Crew HKC – was für Hamburg-Köln-Connection steht – bekannt. Die grösste musikalische Aufmerksamkeit dürfte er bis hierhin aber durch seine Zusammenarbeit mit dem kolumbianischen «Crack Family»-Musikerkollektiv erlangt haben. Das Musikvideo zum Song «Liquid Crack» zählt zum jetzigen Stand 13 Millionen Aufrufe auf YouTube.

Der grosse Durchbruch sollte ihm aber verwehrt bleiben. 2017 stand jedoch der Release seines mehrfach verschobenen Albums «Prometheus» an und einige Musikmagazine haben prophezeit, dass er mit seiner neuen Platte endlich kommerzielle Erfolge verbuchen kann. Tatsächlich sollte Dr. Knarf in diesem Zeitraum auch deutlich mehr mediale Aufmerksamkeit erlangen – doch leider nicht wegen seiner Musik.

Der berüchtigte Drogen-Unfall

Der 6. Februar 2017 ist der Tag, der Dr. Knarfs Leben für immer verändern sollte. Zusammen mit einem Freund hat er in einem Tonstudio Drogen hergestellt, so zumindest der Vorwurf. Butan-Haschöl, also ein hoch konzentriertes Cannabisextrakt, um genau zu sein. Dabei sind zwei Propangasflaschen in die Luft geflogen. Laut damaligen Medienberichten wie von Heute haben Augenzeugen davon gesprochen, wie der Rapper brennend auf die Strasse gerannt und wenig später kollabiert sei.

Dr. Knarf und sein Freund schwebten in Lebensgefahr. Der Rapper musste für gut drei Monate in ein künstliches Koma versetzt werden, denn bei dem Unfall wurden mehr als 40 Prozent seines Körpers verbrannt. Allerdings erlitt Knarf während des Komas vier Schlaganfälle – was eine halbseitige Lähmung zur Folge hatte, die bis heute anhält. Die Ärzte erkannten damals aber wohl lediglich, dass sein Schädelinnendruck auf kritische Werte ansteigt. Um dem entgegenzuwirken, mussten sie einen Teil seiner Schädeldecke entfernen, was auch der Grund für seine Kopfform ist.

So meldete sich Dr. Knarf 2019 zurück:

Video: other_external/facebook/kniwoknarf

In einem Interview mit «TV Strassensound», das im Juni erschienen ist, liefert Dr. Knarf ein paar Details zu der medizinischen Prozedur. Er erklärt, dass ihm die Schädeldecke damals nicht wieder eingesetzt werden konnte, da er sich obendrauf mit einem Krankenhauskeim infiziert hatte. Plus: Hätten die Ärzte seine Schlaganfälle früher erkannt, dann hätte seine Schädeldecke in erster Linie gar nicht entfernt werden müssen.

Ganz generell vertritt Knarf die Ansicht, dass er aus dem Krankenhaus «kaputter» rausgekommen sei, als er reingekommen ist. Immerhin: Langfristig gesehen ist eine Rekonstruktion seines Schädels geplant.

Dr. Knarf: Schulden und Gerichtsprozess

Eine optimistische Zukunft für Dr. Knarf wird allerdings noch von anderen Baustellen überschattet. Wie er im «100% Realtalk Podcast» erzählt, habe er Privatinsolvenz anmelden müssen. Denn während seiner Zeit im Krankenhaus soll seine private Krankenversicherung die Zahlungen eingestellt haben. Der Grund: Er habe in seinem Versicherungsvertrag angegeben, dass er keine Drogen nehmen würde. Seine Krankenversicherung hat aber Jahre später, so vermutet Dr. Knarf es jedenfalls, Fotos in den sozialen Medien gefunden, die ihn mit einem Joint im Mund zeigen.

Der Versicherungsvertrag sei daher im Nachhinein für ungültig erklärt worden. Dem Krankenhaus, in dem er sich lauter Operationen unterziehen musste, schuldet er noch etwa 250'000 Euro. Ein weiterer Stein, der noch in seinem Weg liegt: Knarf wird sich im Herbst vor Gericht verantworten müssen. Darüber hat die Bild vor Kurzem berichtet. Schliesslich war die Herstellung der Drogen – trotz missglücktem Ausgang – illegal. Die konkreten Vorwürfe gegen ihn lauten: «Handel mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und fahrlässige Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion».

Sollte er verurteilt werden, könnten ihn laut «Bild» schlimmstenfalls 15 Jahre Haft erwarten. Der besagte Artikel lässt auch Dr. Knarf selbst zu Wort kommen, der sich vor einer möglichen Verurteilung fürchtet. «Dieses Damoklesschwert schwebt ja seit sechseinhalb Jahren über meinem Kopf», erklärt er dort. Und weiter: «Andererseits kann ich dann einen Schlussstrich ziehen und hätte endlich Gewissheit.»

Der Blick in die Zukunft

Von den Drogen hat Dr. Knarf sich mittlerweile vollständig losgesagt. Das hat er bereits im letzten Jahr im Gespräch mit Leeroy Matata klargestellt. Früher habe er hauptsächlich Cannabis, im Jahr vor dem Unfall auch verstärkt Codein konsumiert. Seither sei er aber komplett clean. Für ihn sei es ausserdem ein Segen, dass sein Sprachzentrum auch nach dem Unfall und seinen Schlaganfällen noch vollkommen intakt ist.

Das bedeutet: Rappen liegt für ihn weiterhin im Bereich des Möglichen. Laut eigenen Aussagen hat er kürzlich ein neues Label mit dem Namen «CMG» gegründet – so etwas wie der deutsche Ableger seiner Kolumbien-Connection. Über dieses Label soll sein Album «Prometheus», was schon vor seinem Unfall releast werden sollte, endlich erscheinen.

Zwar wurde der Release der Platte erneut verschoben, wenn aber eines aus Dr. Knarfs Instagram-Account klar wird: Er gibt nicht auf. Und somit ist es wohl nur noch eine Frage der Zeit, bis es nach all den Jahren neue Musik von ihm zu hören gibt.

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9 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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001620.39476059@apple
31.08.2023 14:45registriert Februar 2022
Also Bottom Line: Dr Knarf hatte ne harte Kindheit, hat sich in seiner jüngeren Adolescent-Zeit zun “Gangsta-Rapper” entwickelt und heute ist er einfach ein Vollidiot, der auf Kosten der Allgemeinheit immer noch auf “cool and street credibility” macht. Wenn jemand mit 34 Jahren ein Drogenlabor baut, habe ich null Verständnis für alles was danach kommt. In diesem Fall nur “Sch…e”.
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THEOne
31.08.2023 12:55registriert März 2019
hätte er das studium besser mal beendet
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