Leben
Native

Elektro vs. Verbrenner: Wenn der Verbrennungsmotor heute erfunden würde

Elektroantrieb vs. Verbrenner: So klar sind die Vorteile, wenn man den Spiess umdreht

29.09.2025, 11:1129.09.2025, 15:50
Präsentiert von
Branding Box
Präsentiert von
Branding Box

Die Idee zu diesem Artikel stammt nicht von uns. Aber sie ist so gut, dass wir sie euch nicht vorenthalten wollen. Sie stammt von Rory Sutherland, einem britischen Werbeexperten, der trotz seines Alters (58) ein TikTok-Star wurde. Er schreibt alle zwei Wochen im britischen Magazin Spectator, das leider nur Abonnenten vorbehalten ist. Wir haben seine Ideen mit unseren Überlegungen vermengt.

Die Ausgangslage ist folgende: Stellt euch vor, wir leben in einer Welt, in der sämtliche Fahrzeuge elektrisch angetrieben werden. Und in dieser Welt erfindet ein cleverer Ingenieur den Verbrennungsmotor. Den versucht er nun Vertretern von VW, Stellantis, Polestar, Volvo, Mercedes, Audi, Porsche und wie sie alle heissen, schmackhaft zu machen.

Unser Herr Neumann (l.) erklärt Vertretern grosser Automobilkonzerne das Konzept seines neu erfundenen Verbrennungsmotors.
Unser Herr Neumann (l.) erklärt Vertretern grosser Automobilkonzerne das Konzept seines neu erfundenen Verbrennungsmotors.Bild: Shutterstock

Victor Neumann: «Geschätzte Autobauer! Ich habe einen neuen Motor entwickelt!»
Vertreter der Autobranche (VdA): «Schiessen Sie los, Herr Neumann!»
Neumann: «Mein Motor macht kleine Explosionen, ganz viele pro Sekunde, schiesst damit Kolben weg, die an einer Welle eine Drehbewegung auslösen, die mit einem Getriebe dann als Antrieb genutzt werden kann.»
VdA: «Jesus Maria, das tönt kompliziert.»
Neumann: «Das ist es auch. Mein Motor hat extrem viele bewegliche Komponenten – Hunderte –, viel mehr als bei einem Elektromotor!»
VdA: «Macht ihn das nicht anfälliger für Störungen und Defekte?»
Neumann: «Doch! Aber dafür gibt es ja Öl!»
VdA: «Ihr Motor benötigt Öl?»
Neumann: «Selbstverständlich! So schafft er dann bis zu 300'000 Kilometer!»
VdA: «Das ist deutlich weniger als unsere Elektromotoren.»

VdA: «Sie haben ein Getriebe erwähnt. Wir nehmen an, Sie meinen unsere klassischen Eingang-Getriebe?»
Neumann: «Nein. Es handelt sich um ein Mehrgang-Getriebe.»
VdA: «Warum braucht Ihr Motor ein Mehrgang-Getriebe?»
Neumann: «Weil das nützliche Drehmoment bei meinem Motor nur in einem relativ engen Drehbereich liegt. Das Fahrzeug benötigt deshalb eine Gangschaltung.»
VdA: «Und der Fahrer muss die Gangschaltung benutzen?»
Neumann: «Richtig! Indem er ein zusätzliches Pedal durchdrückt – ich nenne es Kupplung –, damit den Antrieb unterbricht, mit einem Hebel in der Mitte des Fahrzeugs den neuen Gang einlegt und den Antrieb dann wieder herstellt, indem er das Pedal vorsichtig wieder loslässt.»

*Einige VdAs schütteln bereits ungläubig den Kopf*

Neumann findet, der kleine, leise, effiziente, starke, einfache Elektromotor soll durch einen grossen, lauten, ineffizienten, schwachen, komplizierten Verbrennungsmotor ersetzt werden.
Neumann findet, der kleine, leise, effiziente, starke, einfache Elektromotor soll durch einen grossen, lauten, ineffizienten, schwachen, komplizierten Verbrennungsmotor ersetzt werden. Bild: Shutterstock

VdA: «Tönt nach einer nicht ganz so flüssigen Fahrt.»
Neumann: «Das ist so, ja.»
VdA: «Ist Ihr Motor dafür leiser als unsere elektrischen?»
Neumann: «Nein.»
VdA: «Stärker?»
Neumann: «Nein.»
VdA: «Effizienter?»
Neumann: «Nein.»
VdA: «Kleiner?»
Neumann: «Nein – ich fürchte, wir müssen den Frunk dafür opfern.»

*Der erste VdA steht auf und geht*

VdA: «Kann ich mit Ihrem Verbrennungsmotor Energie rekuperieren?»
Neumann: «Nein.»
VdA: «Wie sieht es mit One Pedal Drive aus?»
Neumann: «Das geht leider auch nicht. Der Motor darf nie stillstehen. Um stillzustehen, muss der Motor vom Antrieb getrennt werden. Dafür müssen Sie die Kupplung drücken.»
VdA: «Und man beansprucht die Bremsklötze mehr?»
Neumann: «Richtig – es braucht öfter neue Bremsklötze.»

Wieso einfach, wenn's kompliziert geht?
Wieso einfach, wenn's kompliziert geht?Bild: Shutterstock

VdA: «Was verursacht eigentlich die kleinen Explosionen?»
Neumann: «Ein Gasgemisch, das im Fahrzeug aus Luft und Benzin oder Diesel zusammengemischt wird, das durch sogenannte Zündkerzen entzündet wird.»
VdA: «Und die Zündkerzen? Die halten ewig?»
Neumann: «Nein. Sie müssen hin und wieder ersetzt werden.»
VdA: «Und Sie haben von Benzin oder Diesel gesprochen?»
Neumann: «Richtig!»
VdA: «Kann ich Benzin und Diesel auch zu Hause tanken?»
Neumann: «Selbstverständlich nicht. Das wäre viel zu gefährlich. Um zu tanken, müssen Sie an eine Tankstelle fahren. Davon wird es dann aber Tausende geben in jedem Land.»
VdA: «Und das Benzin oder der Diesel? Wie produzieren wir die?»
Neumann: «Aus Öl ferner Länder. Wir kaufen es denen dann ab.»
VdA: «Und das Öl kommt wie zu uns?»
Neumann: «Mit riesigen Schiffen und Lastwagen, nachdem es aus dem Boden geholt wurde, wobei es hin und wieder für schlimme Naturkatastrophen sorgt.»
VdA: «Mit unseren Solaranlagen auf unseren Dächern oder mit Windkraftanlagen können wir so ein Fahrzeug nicht mehr betanken. Dafür leiten wir sehr viel Geld ins Ausland?»
Neumann: «Richtig.»

VdA: «Was passiert eigentlich mit dem verbrannten Gasgemisch nach den Explosionen?»
Neumann: «Das leiten wir aus einem sogenannten Auspuff in die Atmosphäre!»
VdA: «Aber das riecht man doch?»
Neumann: «Ein bisschen, ja, wo es viele Autos hat; mehr als dort, wo es wenige hat.»
VdA: «Aber das Zeugs ist harmlos?»
Neumann: «Nein. Wenn wir davon zu viel in die Luft blasen, erwärmt sich die Erde, was zu diversen traurigen, teuren und ungewollten Folgekosten führt.»

VdA: «Hat Ihr Motor eigentlich auch Vorteile?»
Neumann: «Man kann mit einer Tankfüllung 1200 Kilometer am Stück fahren – wenn’s sein muss, 10 Stunden hintereinander.»

*Nun verlassen die meisten VdAs den Saal*

Rest der VdAs: «Aber alle Experten raten zu mindestens 15 Minuten Pause alle 2 Stunden?»
Neumann: «Es gibt noch einen Vorteil! Mein Fahrzeug wird ein bisschen leichter!»

Herr Neumann schreit ins Leere. Die Vertreter der Automobilindustrie sind weg. Über alle Berge, leise, kraftvoll, effizient, mit einheimischem Strom, in ihren Elektrofahrzeugen.

Trede: «Es braucht keinen Bandstrom mehr»

Video: srf/arena
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Die besten Bilder vom Blutmond
1 / 20
Die besten Bilder vom Blutmond

Der Blutmond versetzte die Welt in der vergangenen Nacht in Staunen. Hier sind die besten Bilder von rund um den Globus – wir fangen an mit Colombo, Sri Lanka.

quelle: keystone / chamila karunarathne
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Bei dieser Landung am «spektakulärsten Flughafen der Welt» bricht ein Fahrwerk ab
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
Du hast uns was zu sagen?
Hast du einen relevanten Input oder hast du einen Fehler entdeckt? Du kannst uns dein Anliegen gerne via Formular übermitteln.
357 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Overton Window
29.09.2025 11:32registriert August 2022
Gut geschrieben, aber spätestens nachdem die CEOs begreifen, dass sie mit so einem Motor auch NACH dem Verkauf noch ganz viel Geld mit Unterhalt und Reparaturen verdienen können, werden sie wieder in den Saal zurückkehren...
29014
Melden
Zum Kommentar
avatar
Leap
29.09.2025 12:14registriert August 2023
Sehr cooler Ansatz, die Absurdität des ganz normalen Wahnsinns sichtbar zu machen!
🤣👍🙏👏👏
17816
Melden
Zum Kommentar
avatar
Big Picture
29.09.2025 12:30registriert November 2023
Vielleicht wird der Artikel endlich einigen die Augen öffnen. Was noch vergessen wurde, die Abgase sind gesundheitsschädlich und können in einem geschlossenen Raum zur Bewusstlosigkeit oder dem Tod führen.
15013
Melden
Zum Kommentar
357
«Keine Ahnung vom echten Leben» – J. K. Rowling schiesst gegen Emma Watson
Die Privatfehde zwischen der «Harry Potter»-Schauspielerin und der Schöpferin der Erzählwelt geht in die nächste Runde. Rowling wirft Watson Ahnungslosigkeit vor.
Sie blicken auf eine gemeinsame Erfolgsgeschichte zurück: Jahrelang arbeiteten Schauspielerin Emma Watson und Autorin J. K. Rowling bei den «Harry Potter»-Verfilmungen zusammen. In dieser Zeit verstanden sich die beiden blendend, traten gemeinsam bei Events auf, gaben Interviews.
Zur Story