Gen Z schaut Stefan Raabs neue Late-Night-Show
Stefan Raab ist zurück und hat seine eigene Late-Night-Show auf RTL. Mit dem Namen: «Die Stefan Raab Show». In dieser hat er jeden Mittwoch um 20.15 Uhr eine 15-minütige Sendung, vor der Primetime-Sendung «Das Sommerhaus der Stars». Zum Auftakt läuft die Sendung in der ersten Woche sogar jeden Tag – erstmals lief sie am Montag, dem 15. September.
In den sozialen Medien schnitt die neue Late-Night-Show alles andere als gut ab. Viele Userinnen und User teilten gegen Raab und seine neue Sendung aus – obwohl diese vom Konzept her grosse Ähnlichkeiten mit TV Total hat, der Sendung, mit welcher sich Raab von 1999 bis 2015 als Entertainer einen Namen machte.
Damit stellt sich die Frage: Ist der Humor von Stefan Raab aus der Zeit gefallen, sodass er bei der Generation Z gar nicht mehr ankommen kann? Flavia und Nina, zwei der jüngsten watson-Redaktorinnen, haben sich die 15-minütige erste Folge angeschaut, um sich selbst ein Bild zu machen – und dabei ein vernichtendes Urteil gefällt. Das ist ihr Fazit in fünf Punkten.
Von der Basketballmannschaft bis zu schlechten Einspielern
Flavia: Stefan Raab hatte einen Basketballkorb in der Sendung, den er hin und wieder versuchte zu treffen. Der Hintergrund dafür ist wahrscheinlich, dass die Deutschen gerade Basketball-Europameister wurden. Eigentlich ein positiver Aspekt, dass probiert wird, die Aktualität in die Show miteinzubeziehen. Doch wie er diese durch die Show probiert weiterzuziehen, ist too much. Er wirft den Basketball, drückt einen Knopf auf seinem Stehtisch, ein Bild wird eingeblendet, auf dem man sieht, dass er den Korb trifft. Hat er natürlich nicht, aber das, nehme ich an, war wohl der Gag. Ich dachte mir: «Okay, ist ein Schmunzler wert für die Eine oder den Einten, aber reicht auch.» Stefan Raab dachte sich aber, ach komm, wir machen das noch etwa fünf Mal so in der Sendung. Diese Korbballszenen nahmen ihm sicherlich im gesamten 45 Sekunden Sendezeit. Nicht wenig, wenn er nur 15 Minuten hat.
Nina: Der oben beschriebene Sketch mag einmal lustig sein. Wenn man noch nicht weiss, was einen erwartet, und man denkt: «Ja okay, etwas auflockernd zum Start, kann man darüber schmunzeln». Doch spätestens nach dem zweiten Mal ist er veraltet und nicht mal mehr ein Zucken des Mundwinkels wert. Die billige Anspielung darauf, dass die deutsche Nationalmannschaft wenigstens im Basketball etwas auf die Reihe bringt, im Gegensatz zum Fussball, ist eher unlustig, zumindest für uns als Schweizer.
Mehr Sexismus als bei «GZSZ»
Flavia: Den Sexismus aus den 90ern kann Raab noch immer nicht bleiben lassen. Eine Szene aus «GZSZ» wurde eingeblendet, in der die beiden Stimmen von den GZSZ-Stars und der Inhalt abgeändert wurden. Es ging darum, dass GZSZ-Star Jo Gerner, viel lieber Stefan Raab schauen möchte, als mit seiner Frau zu sein. Ein Kommentar von ihm: Stefan Raab habe die grösseren Brüste als sie. Mehr muss ich dazu wohl nicht mehr sagen.🙄
Nina: In der nachgesprochenen «GSZS» Szene sagt Jo Gerner (bzw. eben Stefan Raab) unter anderem, dass dieser Stefan Raab eben einfach besser sei als seine Partnerin. Ein wenig eigene Bauchpinselei. Oh wie toll, der Stefan Raab ist zurück. Sorry to break it to you, du hast nicht gefehlt, Stefan. Die billigen Busen-Witze der 90er darfst du bei dir behalten und musst sie nicht mit uns allen teilen. GZSZ hat noch einen seichten Unterhaltungswert. Eine GZSZ-Szene, die von Stefan Raab mit billigen, selbstverliebten Sprüchen nachgesprochen wird, ist hingegen lediglich peinlich.
Welcher Gast macht sich in der nächsten Folge zum Clown?
Flavia: Für mich war es ein kurzer Hoffnungsschimmer, als Studiogast Michael «Bully» Herbig auf die Bühne kam. Doch für den Auftritt in der Kombination mit Stefan Raab gab es auch hier keinen Schmunzler meinerseits. Die beiden machten sich bei einer Tanzchoreo zum Affen. Die traditionelle Trachtenband im Hintergrund, die dazu Musik machte, tat mir Leid.
Nina: «Bully» bringt, wie Flavia schon sagt, ein wenig Hoffnung. Doch auch diese erlischt bald. Als Zuschauer realisiert man bald, dass die Sketches nicht, wie man es sich von «Bully» gewöhnt ist, schnell und spontan sind, sondern einstudiert und öde. Die Show lebt von den Gästen. Der Unterhaltungswert und die wenigen Abschnitte, die tatsächlich einen kleinen Unterhaltungswert haben, werden mit interessanten oder lustigen Gästen stehen und fallen.
Oh Deutschland
Flavia: Was mir den Rest gab, war Stefan Raabs Versuch, die Deutsche Nationalhymne «neu» zu erfinden bzw. zu modernisieren. Er sang diese mit Auto-Tune und mit verschiedenen Beats im Hintergrund. Ich dachte mir: «Wo bin ich denn hier gelandet?» Die Idee an sich finde ich nicht schlecht, doch die Umsetzung war total cringe. Was man Raab aber lassen muss: Er hat sich zur Performance endlich mal ein wenig bewegt und ein wenig Emotionen mit seinem Gesicht versucht zu zeigen.
Nina: Die Idee ist schlecht. Eine neue Nationalhymne mit einer «Guggenusik» und «Bully» zu präsentieren, ist nicht sehr neu. Musikalisch gesehen war die Band im Hintergrund in Ordnung, eine «Guggenmusik» halt. Aber weder lustig noch innovativ. Die deutsche Nationalhymne neu zu interpretieren, ist nicht neu. Sondern ausgelutscht und langweilig. Auf mich wirkte es, als ob man sich beim Brainstorming nicht entscheiden konnte, ob man Deutschland durch den Schlamm ziehen will und die Nationalhymne schlecht-neu erfinden soll. Oder ob man doch die deutsche Basketballmannschaft in den Himmel loben soll, also wieso nicht beides. Langweilig, die beiden Ideen kommen sich selbst in die Quere. Und, ach ja, habe ich schon mal erwähnt: schlecht!
Fazit
Flavia: Ich habe genau einmal gelacht. Ich weiss zwar nicht, ob man das als Lacher einstufen kann, doch meine Mundwinkel gingen zumindest etwas nach oben. Nicht wegen Raab selbst, sondern wegen Kay Pflaume. Eine Instastory wurde von ihm eingeblendet, in der er sich über den EM-Sieg der Deutschen Basketballspielern freut. Und wer Kay Pflaume und seine Euphorie kennt, weiss, wovon ich spreche. Einfach nur göttlich diesem Typen uns seiner mega Begeisterung für Sportevents zuzusehen. Zurück zu Raab: Schlussendlich war ich froh, dass die Show nur 15 Minuten ging und ich mich nicht weiter abcringen musste.
Nina: Nach vier Minuten, ungefähr 20 «Äähms» und der 80. Erwähnung, dass die Show live war, wollte ich den Tab schliessen und Stefan Raab wieder vergessen. Die Witze sind billig und waren vielleicht vor 30 Jahren, als sie noch keiner kannte, mal lustig. Raab ist weder unterhaltsam noch innovativ und das Konzept der Show ist meiner Ansicht nach schlecht. Die einzigen, die mir leid tun, sind die Zuschauer, die wahrscheinlich länger nach einem Parkplatz gesucht haben, als sie effektiv im Studio gesessen haben. Und nach 15 Minuten hat sich das Ganze höhepunktlose Spektakel mehr nach einem Fiebertraum angefühlt, in dem Stefan Raab vorkommt, als nach einer Late-Night-Show.