
Schlacht am Morgarten? Nein, so ging es 1981 am «Engadiner» zu. Und dieses Jahr? Bild: KEYSTONE
Du liebst die Natur und suchst eine ungewöhnliche Herausforderung? Ich hätte da etwas für dich ...
16.03.2019, 16:3718.03.2019, 08:10
«Jetzt spinnst du komplett!», dachte ich, als mich ein guter Freund vor geraumer Zeit fragte, ob ich mit ihm den Engadiner Skimarathon absolviere.
Marathon = 42 Kilometer.
Unsere Kenntnisse: Zero.
Statt Vorwissen hatte ich schöne Vorurteile. Kann ja nicht so schwierig sein, dachte ich, nachdem ich ein paar Stunden bei YouTube «recherchiert» hatte.
Langlauf = Sportart, a) für Senioren Menschen fortgeschrittenen Alters, denen Skifahren zu schnell wird, und b) für fanatische Konditionstiere, die nichts mit Bällen und anderem Spielgerät anzufangen wissen.
Langlauf, kennsch?
gif: giphy.com
Zwar stösst man bei Internet-Recherchen schnell mal auf spektakuläre Stürze (insbesondere vom berüchtigten Stazerwald). Mich beruhigten aber die Instruktions-Videos, die das Langlaufen kinderleicht erscheinen lassen. Elegant gleitet man durch verschneite Wälder ...
Nun gut, ich willigte in das Abenteuer «Engadiner» ein und war froh, dass sich ein weiterer Freund anschloss. Der Name für unsere WhatsApp-Gruppe war schnell gefunden:
Womit wir bei den guten und schmerzhaften Erfahrungen sind, die ich als Langlauf-Anfänger am und um den 51. Engadin Skimarathon sammeln «durfte».
Wähle weise ...

Mit solchen Fotos versuchten wir uns im Vorfeld aufzumuntern ...archivBild: KEYSTONE
«Skating ist für Weicheier, Gschtabis und Störche»
Name der Redaktion bekannt
Am 15. Januar 2019 stand ich zum ersten Mal auf den dünnen Brettern. Da waren noch knapp zwei Monate Zeit.
Es war kein Start nach Mass.
Die «Gehversuche» im herrlich verschneiten Zürcher Oberland frustrierten mich dermassen, dass ich die Langlaufskis am Liebsten in der Mulde entsorgt hätte.
Doch die Ausrüstung war gemietet. Und so kam es, dass ich nicht die Stöcke hinwarf, sondern mit einem meiner Mitstreiter einen radikalen Systemwechsel wagte:
Klassisch statt Skating.
Das sollte sich als grundsätzlich goldrichtiger Entscheid herausstellen – und als schweres Handicap am «Engadiner», was wir damals natürlich noch nicht ahnten.
Losgelöst vom Langlauf-Stil kann ich bestätigen, was mir verschiedene Langlauf-Kenner geraten haben: Wer damit anfängt, sollte wenn möglich Unterricht nehmen. Bei der Ausrüstung kann man kaum etwas falsch machen, bei der Technik schon. Jede Lektion macht sich bezahlt.
Sicher ist auch, dass bei den Rookies die Nervosität in den Wochen vor dem grossen Wettkampf massiv und unweigerlich zunimmt. Da hilft es natürlich ungemein, wenn «Veteranen» mit guten Ratschlägen zur Seite stehen ...
Toi toi toi! 💩

Hier willst du nur im äussersten Notfall (und mit Feuchttüchlein und Gasmaske bewaffnet) rein!archivBild: KEYSTONE
Checkliste:
- Stressfrei mit dem ÖV anreisen.
- Keine Capuns, Röteli oder andere brutal leckere, aber nur schwer verdauliche Bündner Delikatessen am Vorabend konsumieren. Weizenbier ist ok.
- Am Renntag: Öffentliche Toiletten wenn immer möglich meiden. 😱
- Für Hotelgäste: Frühstücks-Buffet am besten vor 05.30 Uhr infiltrieren. Später ist die Hölle los.
- Duschmittel/Handtuch in den Effektensack packen, den man auf dem Startgelände abgibt und am Ziel wieder erhält. Damit man nach den 42 Kilometern in der Kaserne in S-chanf eine warme Dusche geniessen kann.
- Eine Beiz oder einen anderen warmen Ort in der Nähe des Startgeländes in Maloja aufspüren.
- Warten. Warten. Warten.
- Bereit sein.
Wenn's läuft, dann läuft's

Die Startboxen. Wobei hier weder gestartet, noch geboxt wird.Bild: EPA/KEYSTONE
Hatte ich schon erwähnt, dass ich mich nicht wohl fühle in grossen Menschenmengen?
Kein schöner Anblick für Leute mit Platzangst, ja. Doch die gute Nachricht: Es ist überhaupt nicht schlimm!
Man steht mit Wildfremden und Gleichgesinnten während längerer Zeit in einem mit Metallgittern eingezäunten Bereich. Dann öffnen sich die Schleusen und die Läufer strömen ohne spürbaren Stress Richtung Start. Kein Geschubse, kein Gefluche, sondern Lachen und Vorfreude. Erst wenn man in aller Ruhe die Skis montiert hat und über die Startlinie läuft, beginnt die Zeitmessung automatisch zu laufen. Das ermöglicht der in die Startnummer integrierte Chip.

Sieht schon ein bisschen nach Aufmarsch zur Schlacht auf, verläuft aber unglaublich friedlich.Bild: swiss-image.ch / Remy Steinegger
Bouillon mit Banane
An dieser Stelle gilt es anzumerken, dass man als Langlauf-Anfänger praktisch zuhinterst startet. Das heisst, dass man die Spitzenathleten höchstens auf der Grossleinwand zu Gesicht bekommt. Wie auch das Gros des Feldes.
Hier skaten sie über den gefrorenen See ...

Auf dem schmalen Pistenabschnitt rechts wären die Klassisch-Langläufer ...Bild: EPA/KEYSTONE
Hier sieht man mich ganz links*

* Es könnte auch Dario Cologna gewesen sein.Bild: KEYSTONE
Der Grossteil der ambitionierten Teilnehmer (und davon gibt es sehr viele!) ist längst hinter der übernächsten Windung verschwunden, als die klassischen Volksläufer den ersten, unendlich scheinenden gefrorenen See abhaken.
Solche Warteschlagen ...

... gibt es bei den weniger Pressierten höchst selten.Bild: KEYSTONE
Ein Wort zu den Frauen:
Manche Teilnehmerinnen scheinen vom gleichen brennenden Ehrgeiz getrieben zu sein wie die männliche Konkurrenz. Das finden wir bei einem der wenigen unverschuldeten Stürze heraus: Eine junge Schwedin/Norwegerin drängt einen Mitstreiter ab, so dass er kopfüber in den Tiefschnee taucht. Die Frau hält an und will ihm heraushelfen. Doch da ruft ihr die Kollegin energisch etwas zu. Sie dreht sich um, und eilt weiter.
Wir lachen herzhaft über die erfrischende Begegnung, nehmen es sportlich und werden uns spätestens am übernächsten Wasalauf angemessen revanchieren.

Unser Motto: Ladys first!Bild: KEYSTONE
Die wahren Helden
Tausende freiwillige Helfer und unzählige Zuschauer am Streckenrand machen den «Engadiner» zum Volksfest. Die für mich schönste Erinnerung ist ein kleines Mädchen, das an einem Hügel steht, sich von seinen Eltern löst und uns mutig rosarote Traubenzucker entgegenstreckt. 🙏

Die freiwilligen Helferinnen und Helfer bieten willkommene Verpflegung.Bild: swiss-image.ch / Andy Mettler
Ein grosses «Grazcha fich» geht auch an die munteren Standbetreiber, die ab Kilometer 30 Bier und Cüpli ausschenkten. Wobei ich ehrlich gesagt schon so auf dem Zahnfleisch lief, dass nur mein Mitstreiter seinen Durst stillte.
Und dann gibts noch solch starke Auftritte ...

Das Foto hat mir watson-User Joel zur Verfügung gestellt, vielen Dank!bild: watson
Zum Kulinarischen:
- Heisse Bouillon mit Banane, das war eine ernährungstechnische Dummheit, die meinen Magen während fast 10 Kilometern grummeln liess. Abgesehen davon trank ich ein bekanntes isotonisches Getränk (warm und sehr fein!), Kräutertee und ass Schokoladenstücke.
- Was störend wirkte, waren die vielen Tuben und Beutelchen mit Astronauten-Nahrung, die von den vorangegangenen Athleten weggeworfen worden waren. Wobei nichts in der Natur liegen bleiben sollte: Noch während des Rennens machten sich Freiwillige ans Aufsammeln.
Das Schönste am Langlaufen ...

... ist die Natur. Ich zeige hier bewusst das Val Müstair, und kein Rennbild, denn es gibt unglaublich viele schöne Gebiete (allein oder in kleinen Gruppen) auf Langlaufskis zu entdecken im Engadin.archivBild: PPR
Im Ziel
Auf den zweiten 20 (!) Kilometern war bei mir die Luft draussen. Zum Glück hatte ich einen Gefährten, der als Zugpferd voranging. Die Laufzeit war schliesslich nebensächlich. Dario Cologna sass vermutlich längst zuhause in der Sauna, als wir eintrudelten. Beim dritten Saunagang ...

Der Engadiner ist hervorragend organisiert, und bietet auch dank Armee einen perfekten Service. Am Ziel gibts den Effektensack mit den trockenen Kleidern vom Lastwagen.Bild: swiss-image.ch
Echte Langlaufhelden ...

Von 1974: Alois «Wiesel» Kälin, mit Alfred Kälin (Sieger) und Werner Geeser (von links).Bild: KEYSTONE
Falsche Wikinger ...

Von 2019. Wir haben das Feld von hinten, äh, angerollt. Danke, Beni und Res!bild: watson
Nach dem «Engadiner» ist vor dem «Engadiner»
Alte Langläufer-Weisheit
Was ich gelernt habe
Du spielst mit dem Gedanken, am Engadin Skimarathon teilzunehmen? Dann helfen dir vielleicht diese Tipps:
- Langlauf-Anfänger sollten unbedingt Unterricht nehmen. Jede Lektion lohnt sich. Bei der Ausrüstung kann man kaum etwas falsch machen, mit der richtigen Technik ist man viel schneller und spart enorm Kraft.
- Wer schnell sein will, meldet sich als Skating-Läufer an. Der klassische Stil ist deutlich langsamer und man kommt unter Umständen Stunden später ins Ziel. 🙈
- Wähle deine Unterkunft weise – und nimm zur Sicherheit Watte oder Gehörpfropfen mit, um keine schlaflose Nacht vor dem Rennen zu riskieren.
- Am Renntag ist Geduld gefragt und warme Kleidung gegen die Engadiner Morgenkälte: Wenn öffentliche Busse voll sind, fahren sie durch an den Haltestellen und man muss 30 Minuten oder auch länger ausharren.
- Möglichst frühzeitig für den nächsten «Engadiner» anmelden, um dabei sein zu können! Die Teilnehmerzahl ist begrenzt. 2019 war ausverkauft.
Der ‹Engadiner› in Grafiken ...
Der
Engadin Skimarathon ist die zweitgrösste Langlaufveranstaltung der Welt – nach dem Wasalauf in Schweden. Der «Engadiner» findet jedes Jahr traditionsgemäss am zweiten Sonntag im März statt. Über 14'000 Läuferinnen und Läufer aus über 60 Nationen legen die 42 km lange Strecke zurück, die von Maloja nach S-chanf führt. Die meisten Teilnehmer laufen mit der Skating-Technik, eine Minderheit im Klassischen Stil. In der Marathonwoche finden auch der Engadin Halbmarathon, Frauenlauf und Nachtlauf statt.
Website:
engadin-skimarathon.chDu bist noch nicht überzeugt? Dann schau dir das Video an ...
PS: Der Artikel hat sich nicht wegen des Muskelkaters des Schreibenden dermassen verzögert!
Die ZSC Lions gewinnen das zweite Finalspiel in der Verlängerung (3:2). Mit der unerschütterlichen Zuversicht, die nur Champions haben. Sie parieren Lausannes heftige Reaktion sogar, ohne dass Christian Marti, ihr härtester Mann, den Knüppel auspacken muss.
Zuerst noch einmal ein Blick zurück. Um eine erstaunliche, schwierige Anpassung besser erklären zu können. Am Dienstag sind die Zürcher im ersten Finalspiel gleichsam zum ersten Sieg «geflogen». Mit erstaunlicher, schier unfassbarer Leichtigkeit. Dank ihrer spielerischen Überlegenheit. Nach 12 Minuten und 18 Sekunden führen sie 2:0 und alles ist vorbei. Nach einer guten halben Stunde steht das Schlussresultat (3:0) bereits fest. Die ZSC Lions, wie sie spielerisch singen und lachen und bedingungslos Ernst machen. In Lausanne. Auswärts also. Dort, wo sie vor einem Jahr alle drei Finalpartien verloren haben.
So aus dem Stand sind 42km doch tierisch?