Das ist die beste «Tatort»-Folge, die ich je gesehen habe. Und das, obwohl ich noch nie eine gesehen hatte. Endlich gibt's den «Tatort» für meine Generation, die berühmt-berüchtigten Millennials, und Oma wäre bestimmt stolz, wenn sie wüsste, dass ich «Tatort» geguckt habe. Oma würde hier aber nichts kapieren. So wie jeder, dessen Millennial-Vokabelwissen schon bei «Yeezys» aufhört. Ist aber auch nicht schlimm, denn dieser «Tatort» ist natürlich nicht echt, sondern stammt aus dem ehrwürdigen Hause Late Night Berlin und dient nicht der gediegenen Sonntagabendunterhaltung, sondern... naja... der gekonnten Verarsche.
Die sind so millennial, dass sie natürlich gleichzeitig DJ, Barista und Hauptkommissar-Praktikant (wtf) sind. «Schon mal als Hauptkommissar gearbeitet?» ist auf jeden Fall eine Frage, die auf geballte Kompetenz am Mord-Arbeitsplatz hindeutet. Und als Hauptkommissar-Praktikant von Welt muss man sich natürlich erstmal mit dem Twitter-Handle vorstellen. Da merkt man aber, dass @damitdasklaas schon eher in die Kategorie «Elder Millennial» fällt, denn wer zur Hölle nennt zuerst seinen Twitter-Namen (und trägt dazu noch Man Bun)? Instagram, kennst du? Palina schon. Und die zeigt gleich erstmal, wer Boss ist, mit ihren 1.3 Mio. Insta-Followern. Hi, ich bin Elisabeth, hab kein Twitter und grad mal rund 100 Insta-Follower. Aber ich sortiere da auch immer fleissig den Schrott aus. Ich bin cool, ich schwör's!
Cooler als die Leiche geht's dabei aber kaum, denn die trägt nicht nur Apple AirPods, bei denen Palina das Kotzen kriegt und ich mich einmal mehr frage, wie zur Hölle solche Leute sich das leisten können, alle zwei Wochen die verloren gegangenen Minidinger zu ersetzen, sondern wurde auch noch mit des Millennials liebster Mordwaffe, einem Jutebeutel, erwürgt. Klaas' Experten-Einschätzung: «Klassische Dab-Starre», und ich wünsche mir verzweifelt, einmal in einer würdevolleren Haltung zu verrecken. Und, dass Palina doch BITTE damit aufhören sollte, Schuhmarken mithilfe ihrer Zunge zu identifizieren. Auch wenn sie damit bei «Wetten, dass...?» gewinnen würde. (R.I.P.) So geil die Yeezys des Opfers aber auch sein (und schmecken) mögen: Er hat nur ein iPhone 5, der Loser, ein «richtiges Opfermodell», findet Palina. Naja. Ein Opfer für's Opfer, passt doch.
... kündigt Palina per Insta-Story an und ganz ehrlich, so eine gut inszenierte Leiche hab ich noch nicht gesehen, aber Instagram braucht echt dringend würdevollere GIFs für solche Situationen.
Schnell ist der Verdacht geäussert, das Opfer könnte einer «Mörder-Challenge» zum, naja, Opfer gefallen sein. Mega, wo bleibt der Hashtag?
Angekommen im Coworking-Revier beweist Klaas erstmal wieder, wie steinalt er ist, als Alexa ihn darauf hinweist, dass er noch Gilmore Girls inklusive Poster im Warenkorb rumzuliegen hat. Wenn ein Poster dabei ist, muss es ja eine physische Kopie sein, und wer zur Hölle kauft noch DVDs und Blurays? KLAAS, KENNST DU SCHON NETFLIX? Nee, aber Podcasts, na immerhin.
Per Verhör-Podcast dürfen wir dann also die düsteren Verhöre mit «GNTM»-Toni, Influencer Riccardo Simonetti und YouTuber Tanzverbot mitverfolgen. Ricci Simonetti hält in seiner ganzen pinken Glorie erst einmal eine Rede darüber, dass wir doch alle sein sollten, wer wir sein wollen. Random, aber emotional, und ich weine ganzganzganz fast. Toni fährt die Aggro-Schiene und ich frage mich an dieser Stelle, ob man «GNTM» denn wirklich so ausspricht wie Klaas, oder ob man «Dschie-En-Tie-Em» sagen sollte, ganz anglizistisiert und so.
Aber Tanzverbot... ja, der gute Kerl verhält sich doch ausgesprochen verdächtig und nutzt den Verhör-Podcast gleich für eine Hassrede. «Fernsehen ist tot», da hat er Recht, ich gucke mir Late Night Berlin auch sicher nicht im TV an, so lange halte ich abends echt nicht mehr durch.
Palina entdeckt eine verdächtige, da «YOLO»-haltige Sprachnachricht. Shit, die könnte auch von mir kommen – wenn ich Sprachnachrichten nicht so abgrundtief verachten und generell mal bei WhatsApp irgendjemandem antworten würde –, denn auch ich bin noch am Rum-YOLO-en, es ist einfach so eine schöne Message. #makeyologreatagain
Der Original-YOLO-er und daher Hauptverdächtige ist aber natürlich MC Fitti, der «RoflCopter» beeindruckend easy wie eine normale Begrüssung klingen lässt – und ich hoffe sehr, dass sich «Hey, RoflCopter» im Alltag durchsetzt. Der Täter war letztlich doch nicht Tanzverbot, sondern MC Fitti, der das auch mit einem gechillten «Ich war's, kein Problem» zugibt. Ein Fortnite-Tanz später herrscht dann Friede, Freude, Eierkuchen.
Und obwohl das Ganze sicher keine akkurate Repräsentation des Polizeialltags ist, ist es mir in jedem Fall lieber als jeder «Tatort», erst recht, wenn Til Schweiger darin irgendwo rumwuselt. Und jetzt, meine Freunde, seht euch dieses cineastische Meisterwerk am besten selbst an.