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Eisbad, Kaltdusche, Winterjogging: Was Abhärten wirklich bringt

Christmas Eve swim of winter swimmers in Ostravice river, Frydek-Mistek, Czech Republic, on December 24, 2022.
Nichts für Weicheier. Beim Eisbaden (wie hier in Tschechien) sollte man nicht zu zimperlich und kerngesund sein.Bild: imago-images.de

Eisbad, Kaltdusche, Winterjogging: Was Abhärten wirklich bringt

Viele Menschen schwören auf Kältereize, um ihr Immunsystem zu stärken und sich gegen Infekte zu schützen. Was solche Aktivitäten bringen und was du dabei beachten solltest.
15.12.2023, 22:43
Andrea Goesch / t-online
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t-online

Bereits im 18. Jahrhundert verwendet der Arzt und Naturwissenschaftler Georg Kunitz (1728-1796) den Begriff der «Leibes-Abhärtung». Darunter versteht er «die Gewöhnung des Körpers, den Eindrücken der Witterung und anderen Beschwerden widerstehen zu können» und empfiehlt Massnahmen wie kaltes Duschen und Güsse, Barfusslaufen und Saunieren.

Das Prinzip wechselnder Kälte- und Wärmereize wird ein Jahrhundert später vom Badearzt Sebastian Kneipp (1821-1897) wiederaufgenommen. Die Idee ist einfach: Durch die Kältereize werden die Blutgefässe trainiert, so dass die Temperaturregelung im Körper besser abläuft. Dadurch wird man unempfindlicher gegen Kälte, friert nicht mehr so schnell und fühlt sich fitter.

Dass man sich gegen Kälte abhärten kann, bedeutet allerdings nicht automatisch, dass die Massnahmen vor Infekten schützen. Denn es ist wissenschaftlich weder erwiesen, dass Kälte Infektionen begünstigt noch dass sie vor Krankheiten schützt.

Eisbaden: Nur für Trainierte und nie allein

Möglichkeiten, um abzuhärten, gibt es viele. Besonders Hartgesottene springen bei Minusgraden in Seen oder ins Meer. Geeignet ist der winterliche Badespass allerdings nur für Menschen, die einen stabilen Kreislauf, ein gesundes Herz und keine Gefässerkrankungen haben.

«Unerfahrene sollten sich jedoch unbedingt langsam an die kühlen Temperaturen herantasten», sagt Professor Ingos Froböse von der Deutschen Sporthochschule in Köln. Geeignet seien hierfür Wechsel-Duschen oder Kneipp-Anwendungen, um den Körper an den Kältereiz zu gewöhnen.

Zudem empfiehlt es sich, nicht ins kalte Wasser zu springen, sondern allmählich hineinzugehen. Damit der Körper nicht unterkühlt, sollte das Bad nur wenige Minuten dauern. Und ganz wichtig: Schwimme niemals allein in eiskaltem Wasser, sondern immer in Begleitung!

Doch hilft der Kälteschock tatsächlich, um sich gegen Erkältungsinfekte zu wappnen? «In der Forschung gibt es bislang keine eindeutigen Beweise, dass regelmässiges Eisbaden das Immunsystem stärkt», sagt Froböse. Fest steht nur, dass sich beim Eintauchen ins eisige Wasser die Gefässe in der Haut verengen und die Blutbahnen im Körperinneren weiten, damit der Körper seine Kerntemperatur halten kann. Das stärkt das Herz-Kreislauf-System. Ausserdem werden Stresshormone freigesetzt. Sie sorgen für den besonderen Kick und ein Hochgefühl nach dem Bad.

Wie häufig lässt du kaltes Wasser an deinen (ganzen) Körper?

Barfusslaufen durch Tau und Schnee

Barfusslaufen auf taunassem Gras oder frischem Schnee ist eine altbewährte Abhärte-Massnahme nach Kneipp. Es stärkt die Abwehrkräfte und aktiviert den Kreislauf. Was die Massnahmen wirkungsvoll macht, ist vor allem der durchblutungsfördernde Effekt, der auch die Schleimhäute betrifft. Er bewirkt, dass sich Erkältungsviren in der Nase oder im Rachen nicht so schnell andocken können. Zudem wirkt die verstärkte Durchblutung erfrischend bei körperlicher und geistiger Ermüdung.

Auch beim Barfusslaufen über Schnee und nasse Wiesen gibt es Regeln zu beachten: Damit es nicht zu einer Unterkühlung kommt, sollte das Tautreten nicht länger als fünf Minuten dauern. Als Richtwert für das Schneelaufen sollten sich Anfänger zunächst auf wenige Sekunden beschränken. Geübte dagegen können bis zu drei Minuten im Schnee umhergehen.

Anschliessend sollten die Füsse getrocknet und schnell in Socken und Schuhe gepackt werden. Ein kribbelndes Wärmegefühl, das sich daraufhin meist schnell einstellt, zeigt, dass die Massnahme gewirkt hat.

Achtung! 🥶
Für alle Abhärte-Methoden ist die oberste Priorität: Kühle nicht aus! Sonst schwächst du deinen Körper. Kältereize auf ohnehin schon kalte Füsse verringern die Durchblutung der Schleimhäute und machen anfälliger für Infekte. Darum sollte bei allen gezielt gesetzten Kältereizen der Körper zu Beginn warm sein und nach der Behandlung sofort wieder in warme Kleidung gehüllt werden. Menschen mit gesundheitlichen Problemen sollten grundsätzlich immer mit ihrem Hausarzt sprechen, bevor sie sich extremen Kältereizen aussetzen.

Joggen bei Minusgraden

Gelegentlich sieht man im Winter Jogger, die in kurzen Hosen oder im T-Shirt ihre Runden drehen. Sofern die Sportler bereits abgehärtet sind und in Bewegung bleiben, ist das bei milden winterlichen Temperaturen noch in Ordnung – nicht aber bei Eiseskälte. «Ein bisschen fröstelnd loszulaufen ist dabei durchaus sinnvoll, um in Anstrengung nicht allzu sehr ins Schwitzen zu geraten, schliesslich erwärmt sich der Körper von selbst beim Laufen», sagt Froböse. «Allerdings ist das Laufen in kurzen Hosen und T-Shirt bei Minusgraden keine gute Idee, da Kälte das Verletzungsrisiko für Sehnen, Bänder und Gelenke steigert.»

Female runner jogging in the forest on winter day. Crouching and streching after running
Bei solchen Verhältnissen ist eine Kopfbedeckung angebracht.Bild: shutterstock

Weniger routinierte Läufer sollten sich grundsätzlich erst langsam an die Kälte gewöhnen, sich Aufwärmphasen gönnen und die Beine warmhalten. Auch sollte man beim Winterjoggen möglichst durch die Nase atmen und den Mund dabei zuhalten. Zudem raten Ärzte Menschen über 40 Jahren oder mit Vorerkrankungen am Herzen, sportliche Aktivitäten mit einem Arzt zu besprechen.

So schützt man sich

Damit das Winterjoggen der Gesundheit förderlich ist und das Immunsystem stärkt, gilt es, einige wichtige Regeln zu beachten. «Vor dem Laufen sollten Sie sich aufwärmen und mit mässigem Tempo starten, um den Körper an die Belastung zu gewöhnen», sagt Froböse.

Was die Sportkleidung angeht, empfiehlt der Experte das «Zwiebelprinzip» mit mehreren Kleidungsschichten übereinander. «Ratsam ist hierbei zunächst atmungsaktive Sportunterwäsche, die den Körperschweiss aufnehmen kann und die Haut trocken hält. Da drüber je nach Geschmack ein wärmendes Laufshirt oder Fleece.» Guten Schutz gegen Wind und Nässe biete eine Laufjacke aus Funktionsfasern.

Bei sehr kalten Temperaturen sollten Läufer neben Handschuhen auch eine Mütze tragen, denn über den Kopf verliert der Mensch die meiste Wärme. Bei Minusgraden rät Froböse, ein dünnes Tuch über dem Mund zu tragen. «Es befeuchtet und erwärmt die kalte Atemluft und schützt die Lungen.»

Sport: mässig, aber regelmässig

Doch man muss nicht unbedingt bei Eiseskälte joggen, um widerstandsfähiger zu werden. Eine Abhärtung kann auch durch andere Sportarten erfolgen. «Wer Sport treibt, tut nicht nur etwas für sein Wohlbefinden, sondern stärkt auch sein Immunsystem und ist weniger anfällig für Infekte», sagt Froböse. Der Grund: «Das bei körperlicher Anstrengung ausgeschüttete Adrenalin führt zu einer Aktivierung und Vermehrung unserer Abwehrzellen».

Übertreiben sollte man allerdings nicht. Denn nach sehr intensiver Belastung könne der sogenannte «Open-Window-Effekt» auftreten. «In dieser Phase ist unser Immunsystem kurzfristig geschwächt, Viren und Bakterien haben ein leichtes Spiel.» Zur Immunstärkung empfiehlt der Sportwissenschaftler daher moderate Ausdauersportarten wie massvolles Joggen, Wandern oder Radfahren, die den Körper nicht an sein Belastungslimit bringe.

Zudem sollten Regenerationszeiten zwischen den sportlichen Aktivitäten eingeplant werden, damit sich der Körper erholen kann. Bei Fieber sind körperliche Anstrengungen grundsätzlich tabu. Sonst kann ein grippaler Infekt zu einer lebensbedrohlichen Herzmuskelentzündung führen. Ehe man nicht mindestens drei Tage fieberfrei war, sollte man sich schonen.

Kalte Duschen und Wechselduschen

Je regelmässiger der Körper Kältereizen ausgesetzt wird, desto unempfindlicher wird er. Eine einfache Massnahme ist die kalte Dusche am Morgen. Damit der Körper den Kälteschock besser verkraftet, sollte man zuerst die Beine und Arme abbrausen und dann erst den Rumpf.

Junger Mann unter der Dusche.
Kaltes Duschen am Morgen ist nicht jedermanns Sache. Empfindliche Menschen bevorzugen daher beim Abhärten kalt-warme Wechselduschen.Bild: imago-images.de

Ob kaltes Duschen tatsächlich das Immunsystem trainiert und Erkältungen vorbeugt, ist bis heute nicht eindeutig erwiesen. Wissenschaftler der Universität Jena konnten aber in einer Studie zeigen, dass regelmässige kalte Güsse am Oberkörper die Immunabwehr ankurbeln. Die Studienteilnehmer hatten danach 13 Prozent mehr Abwehrzellen im Blut als vorher. Zusätzlich wiesen sie eine geringere Infekthäufigkeit auf als vor oder während der Güsse.

Eine softere Variante, um die Widerstandsfähigkeit zu verbessern, sind Wechselduschen. Sie fördern ebenfalls die Durchblutung und trainieren die Gefässe. Der Vorgang, der dreimal wiederholt werden sollte, startet mit einer einer warmen Dusche und endet mit einer kalten. Das Abbrausen mit kaltem Wasser sollte ebenfalls an den Füssen und Armen beginnen. Wie beim Kaltduschen ist auch beim Wechselduschen die Regelmässigkeit wichtig.

Transparenzhinweis

Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.

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