Mit einem sanften Scat-Einstieg begann Michael Pipoquinha sein Konzert – ruhig, fast schwebend. Doch bald entfaltete sich seine Musik in voller Kraft: überraschende Dynamik, virtuose Improvisationen und ein faszinierendes Spiel mit Klangfarben. Pipoquinha nimmt das Publikum mit auf eine Reise durch die Klangwelt der Fusion, einem Musikstil, der in den 1970er Jahren entstand und Jazz mit Elementen aus Funk und brasilianischer Rhythmik vereint. Mit seiner kraftvollen Stimme, unterstützt von einem präzisen agierenden Ensemble aus Schlagzeug, Keyboard, Bass und abwechselnd EWI oder Saxofon, schafft er eine Klanglandschaft, die zugleich entspannt und aufregend ist. Ungewöhnliche Töne und Klänge, die auf den ersten Blick deplatziert erscheinen könnten, fügten sich überraschend harmonisch ins Gesamtbild ein – ein Beweis für Pipoquinhas musikalische Raffinesse und sein feines Gespür für Klangbalance.
Mitten im energiegeladenen Set nahm sich Michael Pipoquinha einen Moment der Ruhe. Er kündigte ein Stück an, das seiner Mutter Luzia gewidmet war, und mit den ersten sanften Tönen änderte sich die Stimmung im Raum. Kein großes Pathos, keine aufgesetzte Emotion, einfach ein stiller, ehrlicher Song, der etwas Besonderes in sich trug. Die Töne wirkten klar und farbenreich, getragen von Pipoquinhas Stimme und seinem feinen Gespür für Ausdruck. Viele Zuhörerinnen und Zuhörer waren spürbar bewegt – nicht erschüttert, sondern mitgenommen von einer Stimmung, die unter die Haut ging.
Was dieses Quartett auf die Bühne bringt, ist pure Energie und blindes Verständnis. Michael Pipoquinha spielt, bis ihm die Finger brennen – mit Groove, Präzision und scheinbar müheloser Virtuosität. Renato Galvão am Schlagzeug treibt die Band unermüdlich voran, als hätte er nie gelernt langsamer zu spielen. Josué Lopez, von seinen Kollegen „Big Dog“ genannt, wechselt zwischen Saxophon und EWI, mit einem Ton, der mal singt, mal bellt. Er bläst, bis ihm die Luft ausgeht, und fängt trotzdem immer wieder neu an. Thiago Almeida am Keyboard bleibt meist im Hintergrund, aber genau dort liegt seine Kraft. Er verwebt Harmonien, stützt die Gruppe und öffnet Räume, die die anderen mit Leben füllen. Gemeinsam schaffen sie es, brasilianische Rhythmen und modernen Jazz in einem packenden, filmischen Sound zu verbinden – immer in Bewegung, immer aufeinander eingestimmt. Kein Ton zu viel, kein Einsatz zu früh. Einfach: Musik, die atmet.
Pipoquinhas Weg zur Musik beginnt früh. Geboren in eine musikalische Familie im pulsierenden Brasilien, ist sie von Anfang an Teil seines Alltags. Sein Vater ist selbst Musiker, seine Mutter liebt den Gesang und auf den Straßen von São Paulo tönt überall Musik: aus offenen Fenstern, von Straßenecken, aus Kirchen und Bars. Diese Vielfalt prägt ihn. Er wächst mit den Klängen von Samba, Bossa Nova, Funk und Jazz auf – und beginnt schon als Kind, den Bass nicht nur zu spielen, sondern zu fühlen.
„Ich habe gelernt, dass Musik eine Sprache ist. Sie kann dich tief berühren oder dich zum Tanzen bringen“, sagt er. Seine eigene Musik sei genau das: tief und trotzdem voller Freude. Dass seine Musik berührt, zeigt sich nicht nur auf der Bühne: Heute erreicht Pipoquinha mit seinen Videos und Live-Sessions ein Millionenpublikum – auf Instagram, YouTube und TikTok folgen ihm hunderttausende Fans aus aller Welt. Seine Virtuosität, seine Energie und sein unverkennbarer Stil haben ihn weit über Brasilien hinaus zu einer Stimme des modernen Bassspiels gemacht.
Schon mit den ersten Tönen begann es im Publikum zu kribbeln, kaum jemand konnte stillsitzen. Die Musik durchströmte den Raum wie eine warme Welle, ließ Schultern wippen, Füße tanzen und Herzen schneller schlagen. Die Energie der Bühne sprang über: das Lächeln der Musiker, ihre Spielfreude, alles wirkte wie ein elektrischer Funke. Bald standen die ersten, getragen vom Rhythmus, tanzend, lachend und viele folgten. Aus einem Konzert wurde ein kollektives Erlebnis, eine musikalische Bewegung, die niemanden unberührt ließ. Noch lange nach dem letzten Ton trugen viele ein Leuchten im Gesicht. Manche beschrieben den Abend als „außerirdisch“ – wie ein Traum, fremd und doch vertraut. Für viele war klar: Das war mehr als ein Konzert. Es war das höchste Level.