In Köln im Hotel frage ich beim Einchecken, ob und wo man rauchen kann. Man bietet mir zu meinem Erstaunen ein Raucherzimmer an, wie in alten Zeiten, wo mich der Duft der letzten Gäste willkommen heisst. Ein bisschen Klaus Kinski, ein bisschen Marlene Dietrich. Ich setze mich auf den Sessel beim Schreibtisch, zünde mir eine Zigarette an, fühle mich angekommen.
Sonst hätte ich extra zum Rauchen vor die Lobby treten müssen. Man hielt mich schon für den Besitzer eines Cafés oder für einen Türsteher, weil ich draussen vor Lokalen stehe, manchmal mit Sprühregen im Gesicht oder dem kalten Wind trotzend, den Rauch meiner selbstgedrehten Zigarette inhalierend. Meistens gesellen sich andere Gäste dazu, man unterhält sich kurz, geht zurück ins Warme oder verschwindet um die nächste Ecke.
Vielleicht zur nächsten noch legalen Quelle, zum Spätkauf, wo man sich darüber amüsieren kann, wie der Zigarettenpreis stetig steigt. Der Verkäufer sagt, dass sie nur Tabakerzeugnisse verkaufen, um die Leute anzuziehen – in der Hoffnung, dass sie vielleicht noch etwas Anderes kaufen. Denn sie verdienen an einer Packung Zigaretten gerade mal drei Cent: zwei Drittel des Verkaufspreises sind Steuern. Alkohol, Süssigkeiten und Zuckerwasser spülen das grosse Geld in die Kasse.
Der arme Marlboro Man ist an Lungenkrebs gestorben. Trotzdem, es gibt sie noch: die Plakate mit Zigarettenwerbung. Ich erinnere mich, dass vor zwei Jahren ein Plakat mal scheinbar gut war und seiner Aufgabe nachkam, ein Produkt verkaufen zu wollen. «Don't be a maybe.»
Die Gesellschaft war entsetzt. Man forderte, dass Tabakwerbung nur dann erlaubt sein sollte, wenn sie schlecht sei. Denn Rauchen ist ungesund. Es gab eine Zeit, da habe ich deswegen immer wieder eine letzte Zigarette geraucht. Eine Psychiaterin meinte, ich solle damit aufhören, aufhören zu wollen. Das sei schlecht für die Psyche und damit auch für die Gesundheit.
Ich rauche gerne. Schon als Junge habe ich jahrelang mit Genuss heimlich geraucht, dann endlich konnte ich mich frei mit meiner Zigarette in der Öffentlichkeit zeigen. Zuerst habe ich Schnupftabak oder eine spezielle Holzart geraucht, dann Marlboro auf dem Spielplatz in der Hütte. Camel im Pfadfinderlager, später Philipp Morris über den Wolken im Flugzeug, im Taxi in New York. Auch während der Sitzung in der Werbeagentur und auf der Terrasse im Irrenhaus: sie ist immer dabei, wie auch immer es mir geht, wohin ich auch reise – die Zigarette. Und wenn nicht, vermisse ich sie.
Endlich, ich steige nach einer gefühlt endlosen Rückfahrt von Köln nach Berlin aus dem Zug, trete aus dem Bahnhof ins Licht und zünde mir eine an. Ich puste den Rauch in den Himmel, wo er sich in einer kleinen Wolke sammelt und mir etwas Schatten spendet im Stress des neuen manisch gesunden Lebens, das uns am Ende vielleicht doch nicht unsterblich macht.
Dies ist meine letzte Kolumne für watson. Es war mir eine Ehre und ich möchte mich ganz herzlich für Euer Interesse bedanken.
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Hör auf, aufhören zu wollen. Es schadet deiner Gesundheit.