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Tag der Freiwilligen: So engagiert sich die Schweiz in Sportvereinen

Trainer:innen im Juniorenbereich sind grösstenteils ehrenamtlich engagiert.
Trainer:innen im Juniorenbereich sind grösstenteils ehrenamtlich engagiert.Bild: Reto Loser
Interview

So engagiert sich die Schweiz in Sportvereinen – und das macht Sorgen

22 Prozent der Schweizer Bevölkerung ist in einem Sportverein aktiv. Welche Sprachregion ist am sportlichsten? Wie viele Stunden engagieren sich Freiwillige in Schweizer Sportvereinen? Und wie können sich Ehrenamtliche weiterbilden? Eine Übersicht.
05.12.2023, 14:1218.12.2023, 16:06
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Heute ist der internationale Tag der Freiwilligen – ein guter Grund, für einmal diejenigen Menschen ins Zentrum zu rücken, die mit ihrer unentgeltlichen Arbeit die Schweizer Sportvereine am Laufen halten. So viel sei schon einmal verraten: Es sind viele!

«Kleine Unternehmen» – Sportvereine in der Schweiz

Im November veröffentlichte Swiss Olympic, der Dachverband des Schweizer Sports, die Vereinsstudie 2022. Das Werk präsentiert nicht nur allerhand Zahlen und Fakten im Zusammenhang mit Schweizer Sportvereinen, es zeigt auch auf, mit welchen Herausforderungen Vereine zu kämpfen haben.

Wir starten gleich mit einer schlechten Nachricht: Die Zahl der Sportvereine sinkt. Zählten die 82 Sportverbände, die Swiss Olympic angeschlossen sind, im Jahr 2016 noch insgesamt 19'487 Vereine, sind es heute noch rund 18'310. Es gibt aber auch eine gute Nachricht: Von einem grossen Vereinssterben kann nicht die Rede sein.

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Was denkst du, welcher Sportverband hat am meisten Mitglieder?
A
Der Fussballverband.
B
Der Turnverband.
C
Der Schiesssportverband.

Das hat zwei Gründe: Waren früher viele Vereine in zwei Verbänden gleichzeitig angemeldet, ist dies heute weniger häufig der Fall. Dies führt dazu, dass bei der Erfassung weniger Vereine doppelt gezählt werden. Zudem ist insbesondere bei Turnvereinen der Trend zu Fusionen erkennbar. So haben sich viele Frauen-, Männer- und Jugendriegen zu einem Verein zusammengeschlossen.

Die meisten Vereine zählen der Turnverband, der Schiesssportverband und der Fussballverband. Fast 37 Prozent aller Vereinsmitglieder entfallen auf diese drei Verbände. Geht es nur nach der Anzahl Mitglieder, ist Fussball momentan die Nummer eins in der Schweiz.

GC Unihockey ist einer der 18'310 Schweizer Sportvereine. Die Zürcher unterhalten neben einer ersten Mannschaft in der Lidl Unihockey Prime League, der obersten Liga im Unihockey, auch diverse Juniorenteams. Frank Strobel investiert als ehrenamtlicher Präsident einen Grossteil seiner Freizeit für den Klub. Das Engagement lohnt sich laut Strobel, weil er sich dadurch in Bereichen vertiefen kann, die er aus seiner hauptberuflichen Tätigkeit bei einer Schweizer Bank nicht kennt:

«So ein Verein ist wie ein kleines Unternehmen, und als Präsident habe ich Einblicke in verschiedene Bereiche: in das Marketing, die Kommunikation, das Sponsoring und die Akquise von Freiwilligen.»
Frank Strobel
NLB/NLA PLayoff Auf-/Abstiegsspiele Spiel 2 Ad Astra Sarnen gegen Kloten-Dietlikon Jets 8:5
Roger Hänni mit dem Unihockeyteam Ad Astra Obwalden.Bild: Simon Abächerli

Die Auffassung, dass ein Sportverein einem Unternehmen gleicht und auch wie ein solches geführt werden muss, teilt Rafael Meier, als Leiter der Swiss Olympic Academy verantwortlich für den Studiengang «Club Management». Swiss Olympic hat diesen eigens für ehrenamtlich Tätige in Sportvereinen ins Leben gerufen.

«Wir sind überzeugt, dass die Vorstandsarbeit möglichst effizient und wirksam sein muss. Der Lehrgang versucht dieses unternehmerische Denken in die Vorstände zu bringen.»
Rafael Meier

Roger Hänni vom Unihockey-Klub Ad Astra Obwalden sieht im Ehrenamt nicht nur Vorteile für die Person, die es ausübt, sondern auch für deren Arbeitgeber.

«Jedes Unternehmen sollte seine Mitarbeiter:innen, die ein Engagement in einem Verein haben, unterstützen. Diese Personen bringen enorm viele Skills wie Führungsqualität und Organisationstalent in die Firma. Darum ist es so wichtig, dass auch Funktionäre ein Zertifikat bekommen, um damit zu zeigen, dass man spezielle Skills hat.»
Roger Hänni

Covid-19-Pandemie hatte geringen Einfluss

Wie die Studie von Swiss Olympic zeigt, waren im Jahr 2022 über 2,2 Millionen Menschen in einem Sportverein aktiv. Die Zahl bewegt sich seit der Jahrtausendwende auf diesem Niveau, während gleichzeitig die Bevölkerung gewachsen ist. Heute sind 22 Prozent der Gesamtbevölkerung in einem Sportverein aktiv. Entgegen der Befürchtungen konnte während der Covid-19-Pandemie kein signifikanter Rückgang der Mitgliederzahlen beobachtet werden.

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Welche Altersklasse ist in Vereinen am häufigsten vertreten?
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11- bis 20-Jährige
B
21- bis 30-Jährige
C
31-bis 40-Jährige
D
41- bis 50-Jährige
E
50- bis 60-Jährige
F
Ü-60-Jährige

Wirft man einen Blick auf die drei grössten Sprachregionen, wird ersichtlich, dass es in Bezug auf Sportvereine keinen Röstigraben gibt: Die Deutsch- und Westschweizer Bevölkerung sind mit rund 21 bzw. 22 Prozent etwa gleich häufig in Sportvereinen aktiv. Im Tessin scheinen sich Vereine nicht derselben Beliebtheit zu erfreuen – nur 14 Prozent der Wohnbevölkerung ist Mitglied eines Sportvereins. Die Daten zeigen zudem, dass es in der Westschweiz eher weniger, dafür grössere Vereine gibt, während sich die Tessiner lieber in Kleinvereinen organisieren.

Der Frauenanteil nimmt kontinuierlich zu – mit einem Anteil von 38 Prozent sind aber auch 2023 weniger Frauen als Männer in Sportvereinen aktiv. Die Altersklassen U-20 und Ü-60 verzeichneten in den letzten Jahren einen Anstieg, bei den 21- bis 60-Jährigen war die Mitgliederzahl rückläufig.

Ein durchschnittliches Mitglied eines Sportvereins ist männlich, Deutschschweizer und zwischen 11 und 20 Jahre alt.
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So viele Stunden engagieren sich Freiwillige

Um die Aktivitäten der Sportvereine zu gewährleisten, engagieren sich insgesamt über 850'000 Personen auf freiwilliger Basis in diversen Bereichen. Von diesen Personen haben über 350'000 ein Amt inne. Mehr als 500'000 sind als Helfer:innen aktiv – zum Beispiel hinter der Theke im Vereinslokal oder als Chauffeur:in an Auswärtsspiele und Turniere.

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Was denkst du, wie viele Stunden beträgt das jährliche Engagement aller Freiwilligen insgesamt?
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800'000 Stunden.
B
5 Millionen Stunden.
C
74 Millionen Stunden.

Diese Zahlen zeigen deutlich: Ohne die Freiwilligenarbeit wäre die Schweizer Vereinslandschaft um einiges karger. Das weiss auch Rafael Meier von Swiss Olympic:

«Es engagieren sich Hunderttausende in Schweizer Vereinen: Mal mit mehr, mal mit weniger Knowhow; mal mit mehr, mal mit weniger investierter Zeit. Aber sie engagieren sich, geben ihr Bestes und setzen sich für den gesellschaftlichen Wert des Sportes ein. Das gilt es zu würdigen: Ehrenamt ist ehrenvoll!»
Rafael Meier

Der Arbeitsaufwand aller Personen, die sich freiwillig in einem Sportverein engagierten, lag im Jahr 2022 bei ungefähr 74 Millionen Stunden. Dies entspricht 24'400 Vollzeitstellen. Zum Vergleich: In der schweizerischen Bundesverwaltung gibt es 38'058 Vollzeitstellen.

Die Gründe, weshalb so viele Menschen ihre Freizeit in ein Engagement als Freiwillige und Ehrenamtliche in einem Sportverein investieren, sind laut Meier in erster Linie sozialer Natur:

«Man weiss aus Studien, weshalb sich Personen engagieren: Spass und das Zusammensein mit Gleichgesinnten, die Möglichkeit, etwas zu bewegen, anderen zu helfen und sich selbst zu entwickeln sind Gründe für ein Engagement. Als Verein sollte man also den potenziell Ehrenamtlichen ermöglichen, diese Bedürfnisse zu befriedigen.»
Rafael Meier

74 Millionen Stunden – was sich nach viel anhört, ist immer noch nicht genug. Viele Vereine stehen vor derselben Herausforderung: der Gewinnung und Bindung von Ehrenamtlichen, Freiwilligen und Trainern. Unihockey-Funktionär Roger Hänni aus Obwalden sieht den Grund für diese Entwicklung vor allem in gesellschaftlichen Veränderungen.

«Meine Vermutung ist, dass sich Personen nicht langfristig binden wollen, weil heute alles schnelllebiger wurde. Die Arbeit auf mehrere Schultern zu verteilen, könnte helfen.»
Roger Hänni
Die Gewinnung von Ehrenamtlichen bereitet vielen Vereinen Probleme.
Die Gewinnung von Ehrenamtlichen bereitet vielen Vereinen Probleme.Bild: Reto Loser

Bei GC Unihockey, so erklärt Frank Strobel, wird versucht, die Eltern der Juniorinnen und Junioren in die Pflicht zu nehmen, indem das Helferreglement Einsätze vorsieht, für welche sich die Eltern via Online-Tool eintragen können. Tun sie das nicht, droht eine Busse. So weit sei es aber noch nie gekommen, meint Strobel:

«Wir haben es noch nie erlebt, dass Eltern lieber eine Busse bezahlen, anstatt zu helfen, es geht ja auch um die eigenen Kinder.»
Frank Strobel

Roger Hänni investiert einen Grossteil seiner Freizeit ins Unihockey. Er ist nicht nur als Trainer und Mitglied der Nachwuchskommission bei Ad Astra tätig, sondern engagiert sich auch ehrenamtlich im Zentralschweizer Unihockeyverband und im nationalen Unihockeyverband. Was ihm dabei besonders gefällt, ist die Zusammenarbeit mit jungen Menschen:

«Die grösste Motivation ist es, jungen Menschen eine sinnerfüllte Freizeitbeschäftigung zu geben. Wenn ich es dann schaffe, dass die Athletinnen und Athleten die beste Version von sich selbst finden und immer wieder versuchen, diese abzurufen, motiviert mich das noch mehr.»
Roger Hänni

Studiengang zur Stärkung des Ehrenamtes

Die vielfältige Vereinslandschaft zu erhalten und damit verbunden die Ehrenamtlichkeit zu stärken, ist eine der Aufgaben von Swiss Olympic, dem Dachverband des Schweizer Sports.

Ehrenamtliche zu finden, wird für die Vereine auch deshalb immer schwieriger, weil die Aufgaben, mit denen sich Vereine konfrontiert sehen, immer komplexer werden. Um dieser Entwicklung Rechnung zu tragen, hat Swiss Olympic den Lehrgang «Club Management» ins Leben gerufen, der Vorstandsmitgliedern das Rüstzeug für ihre Tätigkeit in einem Verein vermitteln soll.

«Der Lehrgang ist eine umfassende Weiterbildung, welche die Führungskompetenzen und das Fachwissen von zukünftigen und amtierenden Vorstandsmitgliedern in Vereinen fördert und weiterentwickelt. Die Aufgaben regen die Teilnehmenden dazu an, die Strukturen in ihrem Verein zu überdenken und zu optimieren.»
Rafael Meier

Roger Hänni und Frank Strobel von Ad Astra bzw. GC Unihockey gehören zu den ersten Absolventen des Studiengangs. Gewinnbringend sei für sie insbesondere der Austausch mit anderen Vorstandsmitgliedern gewesen. Frank Strobel meint dazu:

«Die Probleme sind überall dieselben, nämlich Ehrenamtliche, Trainer und Schiedsrichter zu finden und die Finanzen im Griff zu haben, genügend Hallen für den Sportbetrieb zur Verfügung zu haben. Der Lehrgang bot mir die Möglichkeit, mich mit anderen Ehrenamtlichen auszutauschen, die diese Schwierigkeiten auch kennen.»
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16 Kommentare
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Yankee25
05.12.2023 10:21registriert September 2018
Die Interessen haben sich verändert. Für viele Mitglieder ist eine Mitgliedschaft zu einer Geschäftsvereinbarung geworden. Ich bezahle und erhalte dafür… Im Prinzip wie ein Fitnessabo. Geht halt in Richting GenZ. Arbeiten???? Und das noch ohne Entlöhnung?

Eltern wollen ihre Kids 2x wöchentlich deponieren um ihre Sachen zu erledigen. Achtung: Nicht alles pauschalt gemeint. Aber ich arbeite viel mit Kindern und Jugendlichen ehrenamtlich. Und das ist meln pers. Empfinden.
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Chris69
05.12.2023 10:18registriert Juni 2015
und hier wäre auch mal die Männer in unserer Gesellschaft zu loben (natürlich engagieren sich auch viele Frauen in Sportvereinen)...es wird ja genug gesagt, dass Männer sich nicht im Haushalt beteiligen, Frauen werden gelobt für Ihren freiwilligen Beitrag im Care Bereich...aber es ist immer so ein Grundvorwurf an die Männer, sie setzen sich weniger für die Allgemeinheit ein in der Freizeit. Ich kenne so viele Männer, die sich in Sportvereinen für Jungs und Mädchen mit Engagement einsetzen
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