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Aargau: Eltern töten ihr behindertes Kind mit Drogen-Schoppen

kinderbett kinderkrippe
Symbolbild.Bild: Shutterstock

Aargauer Eltern töten ihr behindertes Kind mit Drogen-Schoppen: «Wir haben sie erlöst»

Eine Mutter und ein Vater aus Hägglingen im Kanton Aargau haben ihre schwerstbehinderte Tochter getötet. Sie sagen, sie hätten es nicht ertragen, anzusehen, wie das dreijährige Mädchen leidet. Ihre Tat bereuen sie nicht. Sie würden es wieder tun.
05.10.2023, 14:1005.10.2023, 14:10
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Die von der Aargauer Staatsanwaltschaft wegen Mordes angeklagten Eltern haben sich öffentlich zur Tötung ihrer dreijährigen, schwerstbehinderten Tochter im Mai 2020 geäussert. Sie hätten es nicht ertragen, anzusehen, wie ihre Tochter leidet, zitierte die Aargauer Zeitung vom Donnerstag die Eltern.

Gemäss Aargauer Zeitung haben die 31-jährige Mutter und der 33-jährige Vater dem Kind Ecstasy in den Gute-Nacht-Schoppen gemischt. Nachdem die Wirkung der Droge einsetzte, hätten sie das Mädchen mit einem Tuch erstickt und es ins Kinderbett gelegt. Die Eltern sagten gegenüber der AZ: «Wir haben unsere Tochter erlöst.»

Wie die Aargauer Oberstaatsanwaltschaft am Mittwoch schrieb, informierten die Eltern aus Hägglingen AG am frühen Morgen des 7. Mai 2020 die kantonale Notrufzentrale, dass sie ihre 3 Jahre alte Tochter leblos im Kinderbett vorgefunden hätten. Die ausgerückten Einsatzkräfte stellten den Tod des Mädchens fest.

Geständnis nach Festnahme

Die Staatsanwaltschaft bestätigte am Donnerstag eine Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA, dass – nach intensiven Ermittlungen – am 10. August 2020 die Festnahme der Eltern sowie der Grossmutter des Opfers folgte. Die Mutter war laut Zeitungsbericht geständig und sagte bei der Befragung am 11. August: «Ich habe das nicht für mich gemacht. Ich habe das nur für sie gemacht.» Der Vater habe die Tat drei Tage später zugegeben.

Den Vorwurf, dass die Eltern bereits zuvor versuchten hatten, das Mädchen mit betäubenden Substanzen zu töten, bestätigte die Mutter gegenüber der Zeitung mit den Worten: «Ich konnte es nicht». Deshalb habe sie zweimal den schon vorbereiteten Schoppen dem Mädchen nicht gegeben. Das Mädchen war wegen einer zerebralen Erkrankung stark behindert und hätte, laut Staatsanwaltschaft, wahrscheinlich lebenslang intensive Pflege benötigt.

Eine Institution sei nicht in Frage gekommen, erklärte der Vater:

«Wir wollten unser Mädchen nicht abgeben wie ein kaputtes Spielzeug.»

«Sie hat unter ihrem eigenen Leben gelitten», ergänzte die Mutter. «Es wäre ihr nie besser gegangen. Sie hätte nie ein schönes Leben führen können.» Und weiter:

«Wir wollten, dass sie glücklich ist. Aber dazu musste sie ihren jetzigen Körper verlassen.»

Unter Auflagen freigelassen

Einer grösseren Öffentlichkeit bekannt wurde der Fall erstmals im Februar 2021, als das Bundesgericht eine Beschwerde der Mutter gegen die Verlängerung der Untersuchungshaft abwies. Inzwischen sind alle drei Beschuldigten wieder aus der Haft entlassen worden, zum Teil mit Auflagen.

Die Anklagen gegen Eltern und Grossmutter sind am Bezirksgericht Bremgarten AG hängig. Die Staatsanwaltschaft fordert 18 Jahre Freiheitsstrafe wegen Mordes für die Eltern, sowie wegen Gehilfenschaft 5 Jahre für die Grossmutter. Alle drei sind zudem deutsche Staatsbürger und sollen für 15 Jahre des Landes verwiesen werden.

Die Verteidiger der Eltern werden auf Totschlag plädieren, wie die Aargauer Zeitung schreibt. Des Totschlags schuldig macht sich, wer den Tod einen andern Menschen «in heftiger Gemütsbewegung oder unter grosser seelischer Belastung verursacht». Das Schweizer Strafgesetzbuch sieht dafür eine Freiheitsstrafe von bis zu 10 Jahren vor. (sda/jaw)

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324 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Jonas der doofe
05.10.2023 12:48registriert Juni 2020
Habe den Artikel heute in der AZ gelesen. Es schockiert mich komplett, was da passiert ist.

Als Vater von 2 gesunden Kindern möchte ich mir nicht vorstellen, wie ich an ihrer Stelle reagiert hätte.

Aber ich habe nicht den Eindruck, dass sie aus sogennant niederen Motiven gehandelt haben. Ich hoffe, das wird im Urteil berücksichtigt.

Meiner Meinung nach sind diese geforderten 18 Jahre deutlich zu viel.
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Sälüzäme
05.10.2023 13:07registriert März 2020
So wie es aussieht wäre das Kind ohne die moderne Medizin nach der Geburt gestorben, jetzt die Eltern für 18 Jahre in den Bau zu stecken ist nicht Verhältnismässig. Zumal wenn bei einem Autounfall ein gesunder Mensch getötet wird und es dabei oft nicht mal Gefängniss gibt ist die Forderung der Staatsanwaltschaft jenseits. Sie hätten nur sagen sollen es sei ein Unfall gewesen. Wir müssen wieder lernen und akzeptieren dass nicht jedes Kind überleben kann, traurig und hart aber wahr.
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der/die Waldpropaganda
05.10.2023 13:10registriert September 2018
Schwieriges Thema. MMn würde ich sie mit keiner Gefängnisstrafe belegen (oder dann nur kurz). Therapie wäre eher angebracht. Dass Eltern zu solch einer Tat schreiten benötigt extreme Verzweiflung und ich kann mir nicht vorstellen in welch einer Lage diese Eltern waren. Man sollte aich beachten, dass die Eltern der absoluten Überzeugung waren, dass es ihrem Kind damach 'besser' geht.
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