Bundesrat verkündet heute seine Gegenargumente: Das will die Service-citoyen-Initiative
Am 30. November stimmt die Schweiz über die Service-citoyen-Initiative ab. Sie verlangt einen Bürgerdienst für alle Schweizerinnen und Schweizer. Am Freitagnachmittag tritt Verteidigungsminister Martin Pfister mit den Nein-Argumenten vor die Medien. Worum es bei der Initiative genau geht, erfährst du hier:
Was ist die Ausgangslage?
Schweizer Männer müssen heute in der Armee oder im Zivilschutz Dienst leisten. Wer den Dienst nicht mit dem Gewissen vereinbaren kann, kann einen zivilen Ersatzdienst leisten, der länger dauert als der Dienst in der Armee. Wer keinen Dienst leisten kann und zwischen 19 und 37 Jahre alt ist, schuldet in der Regel eine Ersatzabgabe. Frauen können freiwillig bei Armee oder Zivilschutz Dienst leisten.
Wie die Dienstpflicht künftig aussehen soll, wird zurzeit diskutiert. Der Bundesrat schlägt zwei Varianten vor. Eine ist eine Sicherheitsdienstpflicht für Männer, die beim Militär oder in einer künftigen Katastrophenschutz-Organisation geleistet werden müsste – in ihr würden Zivilschutz und Zivildienst vereint. Die zweite Variante ist eine «bedarfsorientierte Dienstpflicht», die neu auch für Frauen gelten würde. Allerdings müsste nur Dienst leisten, wer bei Armee und Zivilschutz tatsächlich gebraucht wird. Der Zivildienst würde bestehen bleiben. Das Parlament hat mit einer Motion gefordert, dass die Sicherheitsdienstpflicht für Männer so rasch wie möglich eingeführt wird.
Was will die Initiative?
Die Volksinitiative «Für eine engagierte Schweiz (Service-citoyen-Initiative)» fordert einen Bürgerdienst für alle, und zwar für Allgemeinheit und Umwelt. Das könnte entweder ein Dienst bei der Armee sein oder ein anderer gleichwertiger und anerkannter Milizdienst. Als Beispiele genannt werden Katastrophenschutz, Cyberabwehr, Bildung und das Gesundheitswesen.
Jede Person soll sich dort einsetzen können, wo sie gebraucht wird. Die Personalbestände von Armee und Zivilschutz sollen dabei garantiert sein. In erster Linie sind bei der Dienstpflicht zwar Schweizerinnen und Schweizer angesprochen. Doch auf Gesetzesstufe soll später festgelegt werden, ob und wie auch Menschen ohne Schweizer Pass einen Bürgerdienst leisten müssen.
Was sagen die Befürworter?
Der Bundesrat schiebe Reformen am Dienstpflicht-System vor sich her, schreiben die Initiantinnen und Initianten. Es gebe Dutzende von Berichten, aber keine konkreten Fortschritte. Damit riskiere die Schweiz, zu verlieren, was sie stark gemacht habe: die Möglichkeit, sich für das Land zu engagieren und Verantwortung zu übernehmen. Die Armee rechne mit sinkenden Beständen, dem Zivilschutz fehle Personal schon heute. Mit einem Bürgerdienst könne jeder und jede dort einen Beitrag leisten, wo Hilfe nötig sei, militärisch oder zivil.
Das Komitee wirbt auch mit Umfrageergebnissen: In der jüngsten Studie der Militärakademie und dem Center for Security Studies der ETH Zürich gab es eine Zwei-Drittel-Mehrheit für eine Dienstpflicht für Männer und Frauen mit freier Wahl zwischen Militär-, Zivil- oder Sozialdienst. Im Initiativkomitee sitzen Vertreterinnen und Vertreter von SP, Mitte, FDP, Grünen und GLP. Allianzpartner sind unter anderen die EVP, die SP-Reformplattform sowie mehrere bürgerliche Jungparteien und der Verein Service Citoyen.
Was sagen die Gegner?
Bundesrat und Parlament lehnen die Initiative ab. Im Parlament stimmte einzig die GLP-Fraktion geschlossen mit Ja; aus anderen Fraktionen gab es vereinzelte Ja-Stimmen. Der Bundesrat will die Bevölkerung nur zu Leistungen verpflichten, die für die Sicherheit nötig sind. Bei einem Ja zur Initiative würde sich die Zahl der Dienstpflichtigen mindestens verdoppeln. Damit würden mehr Menschen im Arbeitsmarkt fehlen, was die Unternehmen belaste. Auch die Mehrkosten für den Erwerbsersatz und die Militärversicherung sind für den Bundesrat ein Nein-Argument.
Im Parlament wurde die Frage aufgeworfen, wo die Dienstpflichtigen ihre Einsätze überhaupt leisten könnten. Es sei nicht klar, wie sich Einsätze ausserhalb von Armee und Zivilschutz neutral für Arbeitsmarkt und Löhne und ohne Konkurrenz für die Wirtschaft gestalten liessen. Die Initiative sei ein Angriff auf die Wehrpflicht und auf die persönliche Freiheit der jungen Menschen, erklärte etwa Lukas Reimann (SVP/SG) im Nationalrat. (leo/sda)