Der einsame Kampf des Jungfreisinns für ein höheres Rentenalter
Die Planung des Bundesrats hat es nicht gut gemeint mit der Renteninitiative. Er hat das Volksbegehren der Jungfreisinnigen mit der Initiative des Gewerkschaftsbunds für eine 13. AHV-Rente «gekoppelt». Letztere erzeugt weit stärkere Emotionen, auch wegen der anfangs sehr hohen Zustimmung in den Umfragen. Die Renteninitiative geht daneben fast unter.
Das zeigt sich in den letzten Umfragen zur Volksabstimmung am 3. März. Bei der 13. AHV-Rente ist nach wie vor alles möglich. Für die Initiative des Jungfreisinns, die das Rentenalter auf 66 Jahre erhöhen und danach an die Lebenserwartung anpassen will, sieht es hingegen düster aus. Nur rund ein Drittel der Befragten möchte sie annehmen.
Eine Trendwende wäre eine weitaus grössere Sensation als eine Zustimmung zum AHV-Ausbau. Die Initianten geben sich trotzdem unverdrossen. «Wir geben nochmals alles», sagt Patrick Eugster, der Präsident des Vereins Renteninitiative. Der 34-jährige Zürcher hatte die Vorlage am 30. April 2017 mit fünf Mitstreiterinnen und Mitstreitern aufgegleist.
Nur FDP-Basis ist dafür
Den Ausdruck darf man für einmal wörtlich nehmen, denn das damalige Treffen fand im Zürcher Hauptbahnhof statt. Kurz vor dem Ziel aber scheint die Initiative zu entgleisen. Eugster verweist auf das «Riesenpotenzial» bei den Bürgerlichen. Im Schlussspurt werde man nochmals auf die Leute zugehen und potenzielle Unterstützer online «targeten».
Im Prinzip liegt Patrick Eugster richtig. Faktisch aber wird die Renteninitiative nur von Exponenten der SVP und einzelnen GLP-Kantonalparteien aktiv unterstützt. Das zeigt sich in den Umfragen. Bei SRG wie Tamedia befürwortet einzig die Basis der FDP die Initiative ihrer Jungpartei, und nur die Grünliberalen sind zu mehr als 40 Prozent dafür.
Junge machen nicht mit
Noch krasser ist das Bild bei der Altersstruktur der Befragten. Die grösste Zustimmung findet man bei den Pensionierten, die von einem höheren Rentenalter nicht mehr betroffen sind. Bei den Jungen, die man mit der Initiative mobilisieren wollte, ist nur etwa ein Drittel dafür. Die Botschaft der Renteninitiative kommt bei den Adressaten offenbar nicht an.
Das liegt womöglich an der flauen Kampagne und der fehlenden Unterstützung. Bürgerliche und Wirtschaftsverbände scheinen die Initiative für ein höheres Rentenalter längst abgeschrieben zu haben. Sie stecken ihre Ressourcen vorab in die Verhinderung der 13. AHV-Rente. «Es fliesst viel Geld in diese Kampagne», räumt auch Patrick Eugster ein.
Mit Vorschlägen gescheitert
Die Jungfreisinnigen führen einen ziemlich einsamen Kampf. Mit ihrem Argument, die AHV mit Rentenalter «66+» nachhaltig zu sichern, kommen sie nicht durch. Deutlich zugelegt hat laut GFS-Politologe Lukas Golder das Gegenargument, wonach Besserverdienende sich weiterhin frühpensionieren lassen können, während die Anderen länger arbeiten müssten.
Die Initianten haben das Problem erkannt. «Wir haben verschiedene Vorschläge in diese Richtung gemacht: eine Anhebung der tiefen AHV-Renten, eine Lebensarbeitszeit statt eines fixen Rentenalters und Ausnahmen für Berufe mit hoher Belastung. Aber im Parlament sind wir damit nicht durchgekommen», erklärt Patrick Eugster im Gespräch mit watson.
Bei den tiefen AHV-Renten tut sich immerhin etwas, wenn auch in erster Linie als Reaktion auf die hohen Zustimmungswerte der 13. AHV-Rente. Bei den anderen Punkten wie der Lebensarbeitszeit könnte es ebenfalls vorwärtsgehen. Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider wird wie vom Parlament «befohlen» bis 2026 eine neue AHV-Reform vorlegen.
Darauf hofft man auch beim Verein Renteninitiative, wie Eugster sagt. Am 3. März allerdings wird ein Achtungserfolg das höchste der Gefühle für die Jungfreisinnigen sein.