300-Millionen-Problem: Schweiz droht israelischem Drohnen-Hersteller mit Zahlungsstopp
Die Beschaffung von sechs Aufklärungsdrohnen des Typs Hermes des israelischen Herstellers Elbit ist eine lange und aus Sicht des Verteidigungsdepartements VBS schmerzvolle Geschichte. 2008 wurde das Beschaffungsprojekt mit dem Namen ADS 15 gestartet, 2015 bewilligte das Parlament einen entsprechenden Kredit, 2019 hätten die Drohnen im Einsatz stehen sollen.
Doch bis heute ist das nicht der Fall. Zwar befinden sich fünf der sechs bestellten Drohnen unterdessen in der Schweiz. Drei davon sind der Luftwaffe übergeben worden. Sie hat erste Testflüge durchgeführt.
Allerdings ist die Funktionalität der Drohnen gegenüber den ursprünglichen Wünschen der Schweiz stark eingeschränkt. Im Sommer dachte Verteidigungsminister Martin Pfister lautstark über einen Abbruch des Projekts nach.
Nach einer vertieften Prüfung der verschiedenen Optionen hielt das VBS im September an der Beschaffung fest. Es verzichtete jedoch auf drei Funktionen: Das vom bundeseigenen Rüstungsbetrieb Ruag zu entwickelnde automatische Ausweichsystem «Detect and Avoid», das Enteisungssystem und das GPS-unabhängige Start- und Landungssystem.
Zwei Drohnen werden ersetzt
Nach erneuten Gesprächen mit Vertretern des Herstellers Elbit letzte Woche in Israel soll die unendliche Geschichte nun Ende 2026 einen Abschluss finden. Bis dann sollen die sechs Drohnen geliefert und vollständig einsatzbereit sein. In den nächsten sechs Monaten wird die Luftwaffe voraussichtlich erste Einsätze für den Grenzschutz fliegen.
Wie Rüstungschef Urs Loher am Montag an einem Mediengespräch sagte, hat sich Elbit – im Gegenzug für den Verzicht auf die drei Funktionen – im Rahmen eines Vertragsnachtrags verpflichtet, die Fixkosten des Servicevertrags für neun Jahre zu übernehmen. Bisher waren acht Jahre vereinbart gewesen. Das Unternehmen tauscht zudem zwei der bereits gelieferten Drohnen aus. Bei diesen sei nicht klar gewesen, ob sie die noch nicht erfüllten Anforderungen an die «Airworthiness» (Lufttüchtigkeit) je erreicht hätten.
«Verpasst Elbit eine weitere Frist, so werden wir unsere Zahlungen einstellen und es wird eine vertraglich vereinbarte Konventionalstrafe fällig», sagte Rüstungschef Loher weiter. Das Kostendach von knapp 300 Millionen Franken werde eingehalten. Die Kompensationszahlungen und allfälligen Konventionalstrafen durch Hersteller Elbit beliefen sich auf einen zweistelligen Millionenbeitrag.
ADS 15 sei kein Symbol für ein gescheitertes Rüstungsprojekt, sondern für das VBS als Organisation, die aus Fehlern lerne, sagte Loher:
Nur ein Top-Projekt auf Grün
Dank der Einigung mit Drohnenhersteller Elbit hat sich das Beschaffungsprojekt ADS 15 im vierteljährlichen Reporting des Verteidigungsdepartements über die «kritischen Top-Projekte» von Rot («nicht auf Kurs») auf Orange («in absehbarer Frist auf Kurs zu bringen»). verbessert.
Über dieses Reporting für das dritte Quartal 2025 informierte das VBS am Montag ebenfalls. Es zählt sechs kritische Top-Projekte auf:
Die Telekommunikation der Armee (Tk A)die Neue Digitalisierungsplattform (NDP),das Programm Air2030 mit den vier Bestandteilen neuer Kampfjet, bodengestützte Luftverteidigung, Führungs- und Radarsystemdas Sichere Datenverbundnetz plus (SDVN+)die neuen Produktionssysteme der Landestopografie Swisstopo (NEPRO)das Aufklärungsdrohnensystem 15 (ADS 15).Von den insgesamt 9 Projekten (vier davon sind Teilprojekte von Air2030) befindet sich im dritten Quartal 2025 lediglich das Radarsystem auf grün – wie bereits im Vorquartal.
Auf Gelb stehen sieben Projekte. Einen Rückschritt gab es bei der bodengestützten Luftverteidigung grösserer Reichweite (Bodluv GR). Dieses musste von Grün auf Orange zurückgestuft werden. Grund dafür: Die Ankündigung der US-Regierung Ende Juli, dass die von der Schweiz bestellten fünf Patriot-Luftabwehrsysteme an die Ukraine geliefert werden und sich die Schweiz weiter gedulden muss.
Auf Rot und somit «nicht auf Kurs» eingestuft sind zwei Projekte: Neue Produktionssysteme (NEPRO) und die Telekommunikation der Armee (Tk A). Während das Projekt NEPRO technisch auf Kurs ist, ist die Finanzierung der zweiten Projekthälfte ungeklärt – das Parlament hat dafür keinen Kredit gesprochen.
Funkgeräte von Elbit auf der Kippe
Kritischer sieht es bei der Telekommunikation der Armee (Tk A) aus. Der Abschluss dieses Projekts verzögert sich nach jetzigem Kenntnisstand um drei Jahre bis 2035.
Auch im Projekt Tk A spielt das israelische Unternehmen Elbit eine zenrale Rolle: Es soll die Funkgeräte liefern. Wie Projektleiter Stefan Brönimann erläuterte, konnten bei der Hardware unterdessen viele Probleme gelöst werden. Bei der Software ist nach wie vor offen, ob Hersteller Elbit in der Lage sein wird, die Anforderungen zu erfüllen. Erste Indikatoren stimmten vorsichtig optimistisch. Klarheit sollen ausführliche Tests im März bringen. Fallen diese nicht zufriedenstellend aus, dürfte auch ein Abbruch in Betracht gezogen werden.
Zu guter Letzt gab das VBS am Montag bekannt, welche Unternehmen das von Verteidigungsminister Martin Pfister im August angekündigte externe Risiko- und Qualitätsmanagement der wichtigsten Projekte übernehmen werden. Das VBS verspricht sich davon transparentere Projektführung, besser nachvollziehbare Entscheidungen und einen effizienten Ressourceneinsatz.
Den Zuschlag erhalten haben die Anbieter Amstein + Walthert Progress AG, Mabuco GmbH und APP Unternehmensberatung AG. Für die drei Verträge gilt ein Kostendach von insgesamt 5,7 Millionen Franken für den Zeitraum von 2026 bis 2037. Ob diese Mittel ausgeschöpft werden, hängt davon ab, wie oft die Firmen konkrete Einzelaufträge erhalten.
