Es war ein aufsehenerregender Plan. Wahrscheinlich wird er aber nicht umgesetzt.
Die Sicherheitspolitische Kommission des Ständerats sprach sich im April für die Einrichtung eines Spezialfonds aus: Die Schweizer Armee soll bis 2030 zusätzliche 10,1 Milliarden Franken erhalten, und die Ukraine soll für den Wiederaufbau 5 Milliarden bekommen - ohne dass das Geld von der Entwicklungshilfe für andere Länder abgezwackt wird.
Politiker der SP, der Grünen, Grünliberalen und der Mitte sahen vor, die Ausgaben in der Höhe von 15,1 Milliarden an der Schuldenbremse vorbeizuschleusen. Der Bundesrat hat sich nun gegen dieses Vorhaben ausgesprochen. Zwar ist die ablehnende Stellungnahme zur Kommissionsmotion noch nicht publiziert; in der Landesregierung fiel der «Fonds für Sicherheit und Frieden» am Mittwoch aber durch.
Für die Vorlage, über welche die Ständeräte in der Sommersession beraten werden, sieht es schlecht aus. Schon im April erklärten mehrere Mitte-Parlamentarier, dass sie die Umgehung der Schuldenbremse ablehnten. Die Ständeräte Benedikt Würth und Peter Hegglin gehören zu ihnen und auch Nationalrat Markus Ritter, der Präsident des Bauernverbandes.
Die Mitte ist in ihrer Haltung zum Spezialfonds also nicht geschlossen. Auch die SP ist es nicht - nur ist das bisher unbemerkt geblieben.
Am 15. Mai teilte die Finanzkommission des Ständerates mit, dass sie den Fonds für die Armee und die Ukraine ablehne. Die Kommission tat das klar, mit elf gegen zwei Stimmen. Im Gremium sind drei Sozialdemokraten und ein Grüner. Das ergäbe vier Befürworter. Warum votierten nur zwei für die Zustimmung?
Zwei Sozialdemokraten sprachen sich für die Ablehnung des Spezialfonds aus. Unter ihnen ist einer der bekanntesten und einflussreichsten Exponenten der SP: Ständerat Pierre-Yves Maillard, der Präsident des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes.
Warum ist Maillard gegen die Abmachung unter den Mitte-Links-Parteien? Auf Anfrage erklärt er: «Ich dachte, man wolle mit dem Deal den ordentlichen Bundeshaushalt um 10 Milliarden entlasten.» Tatsächlich gehe es darum, zu den geplanten zusätzlichen 25 Milliarden für die Armee 10 Milliarden dazuzugeben. «35 Milliarden zusätzlich für die Verteidigung - das scheint mir zu viel. Ausserdem ist unklar, wie die Aufwendungen für den Sonderfonds in den Haushalt zurückfliessen.»
Auch SP-Ständerat Baptiste Hurni wies die Vorlage zurück. Zu den zwei von Maillard erwähnten Argumenten fügt Hurni ein drittes hinzu: Der Aufbau der Schweizer Armee sei kein aussergewöhnliches Ereignis, das eine Umgehung der Schuldenbremse rechtfertige.
Nach Angaben der Eidgenössischen Finanzverwaltung müssen zwei Voraussetzungen erfüllt sein, damit Ausgaben an der Schuldenbremse vorbei verbucht werden können: Ein ausserordentliches Ereignis muss vorliegen sowie eine Entwicklung, die vom Bund nicht steuerbar ist. Der Bundesrat erachtet den Krieg in der Ukraine zwar als aussergewöhnliches Ereignis, stuft den Aufbau der Schweizer Armee und den Wiederaufbau der Ukraine aber als «steuerbare Entwicklungen» ein.
Dass der Spezialfonds wahrscheinlich eine Idee bleiben wird, ist ein Rückschlag für Verteidigungsministerin Viola Amherd. Sie setzte sich dafür ein, dass die Armee schnell viel mehr Geld erhält. Der Bundesrat bleibt aber auf der Linie von FDP-Finanzministerin Karin Keller-Sutter: Es reicht, wenn die Schweiz im Jahr 2035 eine Summe im Wert von einem Prozent des Bruttoinlandprodukts für die Verteidigung aufwendet.
Amherd schaffte es nicht, die geschlossene Unterstützung der Mitte für den Plan hinzubekommen. Die Mitte-Ständerätinnen Marianne Binder und Andrea Gmür setzten sich zwar für die Schaffung des Spezialfonds ein - mehrere Parteikollegen in der kleinen Kammer sind aber dagegen, die Schuldenbremse auszuhebeln.
Weder der Mitte-Präsident Gerhard Pfister noch das SP-Schwergewicht Pierre-Yves Maillard waren involviert in die Ausarbeitung des Plans. Wenn man im Mitte-links-Lager geschlossene Reihen und damit eine Mehrheit im Parlament erreichen will, kann man die beiden Politiker nicht aussen vor lassen.
Viele Parlamentarier sind aber nach wie vor davon überzeugt, dass der Aufbau der Armee beschleunigt werden müsse. FDP-Ständerat Josef Dittli erklärt, dass es bei der Beratung des Bundesbudgets 2025 konkrete Anträge geben könnte. Budgetposten sollen gekürzt werden; Ziel sei es, Geld in die Armee umzuleiten.
(aargauerzeitung.ch)