Ein 15 Milliarden Franken schweres Paket sorgt in Bundesbern für Aufregung. Es wurde von einem Grüppchen um die Mitte-Ständerätinnen Marianne Binder und Andrea Gmür «geschnürt», um die Wiederaufrüstung der Armee und den Wiederaufbau der Ukraine mit einem Spezialgesetz unter Umgehung der Schuldenbremse zu finanzieren.
Am letzten Samstag zeigte sich auch Grünen-Präsidentin Lisa Mazzone gegenüber Radio SRF zähneknirschend offen für den «Kuhhandel». Dieses Einschwenken ändert jedoch nichts daran, dass er zum Scheitern verurteilt ist. Das Bundesamt für Justiz kam zum Schluss, dass die Kriterien für eine Aushebelung der Schuldenbremse nicht erfüllt sind.
Obwohl es sich beim Ukraine-Krieg um ein «ausserordentliches Ereignis» handle, müssten die Ausgaben für die Armee und den Wiederaufbau aus dem ordentlichen Budget finanziert werden. Die bürgerliche Mehrheit im Bundesrat teilt gemäss dem «Blick» diese Meinung. Sie stellte sich damit gegen Bundespräsidentin und Verteidigungsministerin Viola Amherd.
Wie weit sie in den Plan eingeweiht war, ist unklar. Doch nachdem er publik wurde, setzte sich die Walliserin trotz Ablehnung durch die Bundesjuristen dafür ein. Ihr Departement VBS bezeichnete ihn als «pragmatische Lösung», die rasch umgesetzt werden könne, geht aus vertraulichen Unterlagen hervor, die an Blick und NZZ am Sonntag durchgereicht wurden.
Die Indiskretionen zeigen, dass mit harten Bandagen um das Geschäft gekämpft wird. Und dessen Gegner nicht davor zurückschrecken, die Bundespräsidentin blosszustellen. Selbst in der Mitte-Partei teilen nicht alle die Haltung von Viola Amherd, Marianne Binder und Andrea Gmür. Das zeigte sich letzte Woche in der Finanzkommission des Ständerats.
Sie schmetterte den beantragten Spezialfonds mit 11:2 Stimmen regelrecht ab. Das klare Ergebnis deutet darauf hin, dass nicht nur alle vier Mitte-Vertreter dagegen waren, sondern auch zwei der vier Mitglieder von SP und Grünen. Eine Nein-Stimme könnte von Eva Herzog stammen, die als ehemalige Basler Finanzdirektorin mit der Materie vertraut ist.
In Karin Keller-Sutters Finanzdepartement (EFD) aber hat man jemand anderen im Visier: den Waadtländer SP-Ständerat Pierre-Yves Maillard. Er hat sich für die 13. AHV-Rente eingesetzt und kämpft für die Prämienentlastungs-Initiative seiner Partei. Als «Sparfuchs» kann man den Präsidenten des Schweizerischen Gewerkschaftsbunds nicht bezeichnen.
Trotzdem glaubt man im EFD, dass Maillard den Armee-Ukraine-Deal abgelehnt haben könnte, aus grundsätzlichen Erwägungen. Es geht um einen wichtigen Aspekt, der in der Debatte bislang nur am Rande beachtet wurde: Alle ausserhalb der Schuldenbremse beschlossenen Ausgaben müssen mittelfristig im Bundesbudget kompensiert werden.
Das ist schon beim bis 2035 geplanten Abbau der Corona-Schulden ein Kraftakt, wie man im EFD unumwunden einräumt. Ein zusätzlicher 15-Milliarden-Fonds könnte das System endgültig ans Limit bringen und zu schmerzhaften Einsparungen im sozialen Bereich führen. Und das ist so ziemlich das Letzte, was ein Pierre-Yves Maillard will.
Das Geschäft ist während der Sommersession am 3. Juni im Ständerat traktandiert. Er dürfte kurzen Prozess damit machen. Damit müssen andere Wege gefunden werden, um die Armee und den Wiederaufbau der Ukraine zu finanzieren, ebenso weitere Ausgaben wie die 13. AHV-Rente. Drei Möglichkeiten bieten sich an, wobei keine einfach zu realisieren ist.
Ansetzen könnte man bei den Subventionen, die fast 60 Prozent der Bundesausgaben ausmachen. Die Eidgenössische Finanzkontrolle hat dies am Dienstag vor den Medien kritisiert und Einsparungen angemahnt. Eine vom Finanzdepartement eingesetzte Expertengruppe soll bis nach den Sommerferien einen Bericht mit Vorschlägen vorlegen.
Allerdings haben einmal beschlossene Subventionen die «Angewohnheit», dass man sie kaum mehr wegbringt. Das beste Beispiel ist die Landwirtschaft. Sie findet immer wieder Gründe, warum sie mehr Geld vom Bund braucht, ob direkt oder indirekt. Und stösst gerade bei jenen Bürgerlichen auf offene Ohren, die sonst gerne mit dem Sparzeigefinger fuchteln.
Der zweite Weg wären höhere Steuern und Abgaben. Die NZZ forderte am Dienstag für die Armee einen Mix aus Einsparungen und Mehreinnahmen, die «zeitlich begrenzt» wären. Doch auch einmal beschlossene Steuererhöhungen sind in der Regel gekommen, um zu bleiben. Das zeigt die 1940 eingeführte Wehrsteuer, die heutige direkte Bundessteuer.
Es bliebe somit eine Lockerung der Schuldenbremse. Bislang sträuben sich die Bürgerlichen mit Händen und Füssen dagegen. Und weil die Schuldenbremse in der Verfassung verankert ist, müsste das Stimmvolk entscheiden. Eine kurzfristige Lösung wäre dies nicht, doch angesichts des zunehmenden Finanzbedarfs müssen Tabus hinterfragt werden.
Da könnte man doch viel Geld aus den Subventionstöpfen verwenden um es an die Rüstungsindustrie zu verteilen. Bei Parmelins Winzern könnten wir anfangen...