Die Ergebnisse einer Anfang 2023 durchgeführten freiwilligen und anonymen Umfrage bei 1126 Armeeangehörigen zeigen laut der Armee Handlungsbedarf auf. Demnach waren knapp 50 Prozent der Teilnehmenden während ihrer Dienstzeit ab Ende der Rekrutenschule von Diskriminierung betroffen, wie die Armee am Donnerstag mitteilte.
40 Prozent der Befragten gaben an, verbale, nonverbale oder körperliche sexualisierte Gewalt erlebt zu haben. Besonders oft sind Frauen betroffen: 94 Prozent geben an, in der Armee mindestens eine Form sexualisierter Gewalt erlebt zu haben. Mehr als die Hälfte der befragten Frauen sagten, dass sie selbst Ziel einer sexuellen Belästigung waren.
Weiter berichteten geschlechterübergreifend 81 Prozent, selten bis sehr oft mit sexistischen Bemerkungen und Witzen im Dienst konfrontiert gewesen zu sein.
Thomas Süssli zeigte sich bei einer Pressekonferenz am Donnerstagnachmittag erschrocken über die Resultate. Diese seien «nicht akzeptabel», stellte er klar. Er sagt deshalb:
Süssli stellte deshalb klar, es brauche konkrete Verbesserungen. «Die roten Linien müssen von Anfang an klipp und klar sein», sagte er.
Diesen Worten will die Armeespitze nun Taten folgen lassen. Konkret soll der Schutz der Armeeangehörigen gestärkt werden. Die Armee definierte sechs Handlungsfelder mit insgesamt 16 Massnahmen. Dazu gehören etwa ein Reporting von Disziplinarfällen aufgrund von Diskriminierung und sexualisierter Gewalt, eine Arbeitsgruppe für den Opferschutz und die Einführung eines anonymen Meldetools. «Prozesse im Melde- und Verfahrenswesen sollen schneller, niederschwelliger und einfacher werden», hiess es.
Zudem sollen Mitglieder aller Stufen der Armee verstärkt auf das Thema Diskriminierung sensibilisiert werden. Geplant ist eine Selbstverpflichtung durch einen Kodex und eine Austauschplattform für Armeekader.
Ferner sollen Handbücher und Merkblätter erstellt oder überarbeitet, Konfliktbewältigung trainiert sowie Fach- und Betreuungsdienste weitergebildet werden. Eine neue Fachgruppe im Bereich Sexualdelikte soll die Zusammenarbeit der Armee mit der Militärjustiz verstärken.
Auch soll der Dialog mit anderen Organisationen wie dem Eidgenössischen Büro für die Gleichstellung von Frau und Mann (EBG) ausgebaut werden. Schliesslich schaltet die Armee ein Webdossier zum Thema inklusive Bilder und Massnahmenplan auf.
Die Armeeführung bekennt sich nach eigenen Angaben seit 2023 zu einer Nulltoleranz-Strategie. Bereits zuvor wurde die Fachstelle Frauen in der Armee und Diversity geschaffen. Mit den neuen Massnahmen soll der Kulturwandel in der Armee nun beschleunigt werden, wie es hiess. Die Armee solle «ein Ort werden, an dem ein vertrauensvolles, verlässliches und respektvolles Miteinander sichergestellt ist».
Eine Zwischenevaluation der zusätzlichen Massnahmen ist im zweiten Halbjahr 2026 geplant. Die Armee will 2027 erneut eine Befragung zu Diskriminierung und sexualisierter Gewalt durchführen. Dabei soll gemessen werden, wie wirkungsvoll die Massnahmen waren.
Durchgeführt wurde die aktuelle Umfrage von der Fachstelle Frauen in der Armee und Diversity zusammen mit dem Forschungsinstitut Yougov Schweiz (ehemals Link). Die Erhebung fand von Januar bis März 2023 statt. An der anonymen Umfrage haben 764 Frauen und 362 Männer teilgenommen.
(dab/sda)
Das Ergebnis, der Umfrage, überrascht mich überhaupt nicht.