Keiner verkörpert den Wall-Street-Banker besser als er: Gordon Gekko, Filmikone und bis heute Vorbild eines ganzen Berufsstandes. Sein Lebensmotto jedenfalls scheint auch 35 Jahre nach dem Kinostart von «Wall Street» wegweisend zu sein: «Gier ist gut.» Daran konnten auch mehrere Bankenpleiten und die Finanzkrise nichts ändern. Die Gier-Kultur hat überlebt.
Dies auch, weil niemand etwas dagegen tun will - oder glaubt, tun zu können. Kulturelle Fehler könne man nicht wegregulieren. Das hat auch Finanzministerin Karin Keller-Sutter seit der Notrettung der Credit Suisse mehrmals wiederholt. Eine Haltung, die nicht alle teilen. Die Kultur einer Bank lasse sich durchaus ändern, sagte etwa Ständerätin Eva Herzog im Rahmen der Sondersession, «und zwar dadurch, dass man Boni-Auszahlungen einschränkt».
Gleicher Ansicht ist auch Antoinette Weibel, Professorin für Personalmanagement an der Universität St. Gallen (HSG). Sie würde Boni nicht nur einschränken, sondern ganz abschaffen. Jedenfalls für die Chefs, wie sie betont. «Denn es gibt bei den CEO keine oder höchstens eine sehr, sehr schwache Korrelation zwischen dem Bezug von Boni und der Leistung für das Unternehmen.» So lautet das ernüchternde Fazit so ziemlich aller wissenschaftlichen Studien zum Thema.
Ein Resultat, das sogar die Boni-Verteidiger nicht ignorieren können. Sie erklären deren Notwendigkeit nun mit den sonst absehbaren Schwierigkeiten bei der Rekrutierung. Ohne Boni, so die Logik, würden sich keine guten Leute für den Chefposten finden lassen. Antoinette Weibel hält nichts von diesem Argument, das vor allem von der Vergütungsberaterbranche immer wieder hervorgebracht wird.
Boni für Chefs sind also wirkungslos. Und sie sind gemäss Weibel auch noch kontraproduktiv. Studien würden aufzeigen, dass sie zu Fehlanreizen führten und zum Teil gar zu Aktienkursmanipulationen. Etwa dann, wenn der Zeitpunkt naht, an dem der Chef seine als Optionen zugewiesenen Boni einlösen kann.
Ganz grundsätzlich, und nicht nur auf den Chef bezogen, nennt Weibel noch weitere negative Folgen, die durch eine Boni-Kultur ausgelöst werden: Nebst den besagten Fehlanreizen zerstörten Boni vor allem die intrinsische Motivation der Mitarbeitenden. «Da sich alles nur noch um Geld dreht, wird etwa die Freude an der Arbeit abgewertet.» Zudem sei die Administration eines Bonussystems auch sehr kostspielig.
Immerhin bei den Staatsbetrieben könnte die Politik hier einen Riegel schieben, doch sie tut es nicht. Sie will nichts wissen von Boni-Verboten. Weder bei den Bundesbetrieben noch bei den Kantonalbanken oder den nationalen, kantonalen oder kommunalen Energieunternehmen. Obwohl die Meinung der Experten klar ist: «In öffentlichen Unternehmen haben Boni nichts zu suchen», sagt etwa Roger Sonderegger, Dozent für Public Corporate Governance und Berater von Unternehmen und öffentlichen Institutionen.
Ob SBB-Chef Vincent Ducrot, Post-Chef Roberto Cirillo oder Alex Bristol, der Kapitän der Luftüberwachung Skyguide: Sie alle beziehen nebst einem stattlichen Grundsalär obendrauf rund 100'000 Franken an Bonus. Deutlich mehr gibt es für die Lenker der Swisscom und des international ausgerichteten Ruag-Teils: Christoph Aeschlimann und André Wall erhalten je einen Zustupf von über 250'000 Franken. Immerhin verzichten bei den Bundesbetrieben die Verwaltungsräte auf einen variablen Vergütungsanteil - ausser bei der börsenkotierten Swisscom. Beim staatlich kontrollierten Telekomkonzern erhält allein Verwaltungsratspräsident Michael Rechsteiner 200'000 Franken Boni.
Der Spitzenreiter in Sachen Boni findet sich im Energiebereich: Suzanne Thoma, die letztes Jahr zurückgetretene Chefin des Energiekonzerns BKW, der mehrheitlich dem Kanton Bern gehört, erhielt 2021 ganze 764'000 Franken an variablen Vergütungen ausbezahlt. Dass es auch anders geht, zeigt das Beispiel des Stadtzürcher EWZ: Dessen Chef verdiente im vergangenen Jahr maximal 250'000 Franken ohne variablen Anteil - und ohne dass die Lichter in der Stadt bisher ausgegangen wären. Ebenfalls keinen Bonus bezog im vergangenen Geschäftsjahr Axpo-Chef Christoph Brand. Er hat freiwillig darauf verzichtet, nachdem er den Staat um einen 4-Milliarden-Franken-Liquiditätskredit anbetteln musste.
Ohne Boni geht auch bei den Kantonalbanken nichts, wenigstens in den Chefetagen nicht. Bei den Finanzinstituten mit faktischer Staatsgarantie kassieren die Chefs Boni zwischen 100'000 und mehr als 700'000 Franken. Die meisten kommen damit auf eine Gesamtvergütung von deutlich über eine Million Franken. Wobei nicht überall volle Transparenz herrscht: Beim Kantonalbanken-Topverdiener, dem Chef des Zürcher Finanzinstituts ZKB, wird der variable Lohnanteil erst gar nicht ausgewiesen.
Grosse Ausnahme ist der Chef der Aargauer Kantonalbank (AKB), Dieter Widmer. Sein Bruttolohn wurde vom Kantonsparlament gedeckelt - und darf gemäss Paragraf 11 des AKB-Gesetzes «maximal das Doppelte des Bruttolohns eines Mitglieds des Regierungsrats» betragen, was rund 600'000 Franken entspricht. Darin enthalten ist auch ein Bonus, auf den auch er nicht verzichten will.
Mit den Beiträgen an die Sozialversicherungen und den Pensionskassenbeiträgen kommt Widmer auf gut 770'000 Franken. Er bleibt damit der günstigste Kantonalbank-Chef der Schweiz. Das gleiche Lohndeckel-Modell wird derzeit im Kanton Basel-Landschaft diskutiert. Für den Chef der Basellandschaftlichen Kantonalbank (BLKB), John Häfelfinger, würde das bedeuten, dass sein Lohn von heute rund 1.1 Millionen Franken deutlich sinken müsste.
Doch ob das Baselbieter Parlament sich dazu durchringen mag, ist fraglich. Denn grundsätzlich tut sich die Politik schwer mit Vergütungsvorschriften: So hat das Zürcher Kantonsparlament im Nachgang zur CS-Rettung es abgelehnt, einen Maximalbetrag für den Lohn seines Kantonalbank-Chefs zu bestimmen, der sich im vergangenen Jahrzehnt mehr als verdoppelt hat.
Zur Debatte stand nun ein Vorschlag, bei dem der Direktor der Kantonalbank nicht mehr hätte verdienen dürfen als Nationalbank-Präsident Thomas Jordan, der immerhin rund 1.25 Millionen Franken pro Jahr erhält. Das hätte für den ZKB-Chef mehr als eine Halbierung des Gehalts zur Folge gehabt, erhielt doch der mittlerweile zurückgetretene Martin Scholl im vergangenen Jahr für nur acht Monate fast drei Millionen Franken. Und die Ansprüche seines ambitionierten Nachfolgers Urs Baumann dürften kaum bescheidener sein.
Zu Lohnobergrenzen gibt es keine eindeutigen Befunde aus der Wissenschaft, wie HSG-Professorin Weibel betont. Klar sei aber, dass zu grosse Lohnunterschiede zwischen der Chefvergütung und den tiefsten Salären allgemein als unverhältnismässig angesehen werden und zu Unzufriedenheit führen. Und das nicht etwa nur bei jenen mit den tiefen Löhnen, sondern auch bei den Gutverdienenden. (aargauerzeitung.ch)
Genau mein Humor gell CS.......
Unglaublich was Chefs an Salär und Boni bekommen. Man könnte alles um die Hälfte kürzen und es wäre noch immer genug! Die andere Hälfte könnte man bei den Mitarbeitern verteilen...