Hol dir jetzt die beste News-App der Schweiz!
- watson: 4,5 von 5 Sternchen im App-Store ☺
- Tages-Anzeiger: 3,5 von 5 Sternchen
- Blick: 3 von 5 Sternchen
- 20 Minuten: 3 von 5 Sternchen
Du willst nur das Beste? Voilà:
Kaum eine Woche vergeht, in der in der Schweiz keine Kurden auf die Strasse gehen, um ihren Unmut über die türkische Regierung kundzutun. Am Mittwoch nahmen Hunderte Kurden und Sympathisanten in Basel an einer Kundgebung teil, vergangenen Samstag gab es in der ganzen Schweiz mehrere Spontan-Demos, zuvor war in Olten ein Aufmarsch angekündigt.
Die Kundgebungen verliefen friedlich, doch immer läuft die Angst mit, dass zwischen Kurden und Erdogan-Anhängern auch in der Schweiz wieder Gewalt ausbricht – wie bei der Demo im September in Bern, wo mehrere Menschen verletzt wurden und unter anderem ein Auto in eine Menschenmenge gerast ist.
«Ich und viele andere Kurden in der Schweiz sind traurig über die Geschehnisse in der Türkei und wütend auf die Regierung», sagt der kurdische Schriftsteller und Dok-Filmer Yusuf Yesilöz, der in Winterthur wohnt. Ob es wieder zu Ausschreitungen kommt, kann er nicht sagen – «die Stimmung ist auf jeden Fall geladen», so der 51-Jährige.
Aufgewühlt sind auch viele junge Kurden. Und sie wollen ihrem Unmut Luft machen, wie das grosse Interesse an der Facebook-Seite «Kurdische Jugend Schweiz» zeigt. Die Plattform, auf der Demos kommuniziert und News geteilt werden, wurde vor rund zwei Monaten ins Leben gerufen und hat bereits knapp 3000 Follower.
«Der Konflikt wird in der Schweiz zu 100 Prozent weiter eskalieren» sagt ein Betreiber der Seite, der anonym bleiben will. Er verweist auf Deutschland, wo die Drogeriekette «DM» eine Spendenaktion für kurdische Flüchtlinge abgebrochen hat, nachdem nationalistische Deutsch-Türken zum Boykott aufgerufen haben.
Nach den Vorfällen in Bern könnten weitere gewaltsame Zusammenstösse nicht ausgeschlossen werden. «Wir müssen immer mit Gewalt rechnen. Aber ich habe keine Angst, ich nehme das Risiko auf mich», sagt ein Betreiber von «Kurdische Jugend Schweiz».
Yusuf Yesilöz hat eine gemässigtere Sicht auf die Dinge: «Der Konflikt zwischen Kurden und Türken in der Schweiz ist in den letzten Wochen nicht eskaliert», sagt der Schrifsteller. In den letzten 20 Jahren habe sich das Verhältnis normalisiert. «Die Türken hier haben sich an die Kurden gewöhnt.»
Im Juni war es der Partei HDP als erste prokurdische Partei jemals gelungen, ins Parlament in Ankara einzuziehen. Nachdem die Regierungspartei AKP dadurch die absolute Mehrheit verpasst hatte, rief Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan für den 1. November Neuwahlen aus.
Kurz darauf entflammte der blutige Konflikt zwischen der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK und der Regierung erneut. «Auch gemässigte Beobachter gehen davon aus, dass Erdogan nichts unversucht lässt, um die HDP unter die 10-Prozent-Marke zu drücken», sagt Yesilöz. Gemäss Prognosen könnte die Partei am 1. November jedoch ein deutlich besseres Resultat einfahren.
«Die Kurden in der Türkei haben Angst. Sie vermeiden grössere Menschenmengen», erzählt der Schriftsteller, der die Türkei im September besucht hat. Es werden weitere Anschläge befürchtet, weshalb auch das Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) bei Reisen in die Türkei zur Vorsicht mahnt.
14 Schweizer Politiker mit kurdischen und türkischen Wurzeln bitten Aussenminister Didier Burkhalter, sich in der Türkei für sichere Wahlen einzusetzen, zum Beispiel mit Wahlbeobachtern. Eine gute Idee, findet Yesilöz: «Im Konflikt um den Islamischen Staat hat die Schweiz neben Russland, den USA und der Türkei zu wenig Einfluss. Die Schweiz könnte aber eine wichtige Rolle dabei Spielen, wenn es darum geht, zwischen den Parteien zu vermitteln und Wahlmanipulationen zu verhindern.»