Dass in der Schweiz seit Anfang dieses Jahres Menschen mit Transidentität viel einfacher ihr amtliches Geschlecht ändern lassen können, stösst auch im Kanton Bern auf Interesse: Auf den bernischen Zivilstandsämtern haben sich seit Dezember 23 Personen für diesen Schritt angemeldet.
Wie der Zivilstands- und Bürgerrechtsdienst des kantonalen Amts für Bevölkerungsdienste am Montag auf Anfrage bekanntgab, liegen im Zivilstandsamt Bern-Mittelland am meisten Anmeldungen vor, nämlich deren 14. Je drei Anmeldungen gibt es auf den Zivilstandsämtern Oberland West und im Seeland, deren zwei im Emmental.
Eine Person will ihr amtliches Geschlecht im Oberaargau ändern lassen. Keine Anmeldungen liegen im Oberland Ost und im Berner Jura vor. Bei den angemeldeten Personen handelt es sich um Menschen zwischen 18 und 66 Jahren – beiderlei Ursprungsgeschlechts.
In den letzten Jahren gab es im Kanton Bern laut dem Zivilstands- und Bürgerrechtsdienst pro Jahr etwa 25 bis 30 Geschlechtsänderungen. Diese wurden bisher den Zivilstandsämtern von den Gerichten mitgeteilt.
Anfang 2022 liegen den sieben Ämtern also schon fast gleich viele Anmeldungen vor, wie es bisher Änderungen in einem ganzen Jahr gab. Dennoch spricht Hans Rudolf Egli, der Leiter des bernischen Zivilstands- und Bürgerrechtsdiensts, von Anmeldungen im Bereich der Erwartungen.
Viele Interessierte hätten wohl angesichts der bevorstehenden Gesetzesänderung mit der Änderung des Geschlechts zugewartet, sagte er dazu am Montag. Nun kommt es zu einer temporären Häufung. Ab Dezember war es möglich, sich bei den Zivilstandsämtern für eine Vornamens- und die Geschlechtsänderung anzumelden.
Die Eidgenössischen Räte beschlossen die Gesetzesänderung in der Wintersession 2020. Bei Personen über 16 Jahren reicht eine einfache Erklärung, sofern die Erwachsenenschutzbehörde nichts anderes angeordnet hat. Ändern lassen kann man den Vornamen und das im Personenstandsregister eingetragene Geschlecht.
Louis Käser, Student an der Hochschule der Künste in Bern, ist ein Mann, der weiblich zur Welt kam und vor etwa fünf Jahren den Namen ändern liess. Das kostete ihn damals noch rund 600 Franken, wie er am Montag als Morgengast im Schweizer Radio SRF 1 sagte. Heute kostet die amtliche Geschlechtsänderung noch 75 Franken.
Auch Käser geht davon aus, dass viele Betroffene mit der Änderung des Geschlechts zuwarteten, bis am 1. Januar die Gesetzesänderung in Kraft trat.
Für Käser, Vorstandsmitglied des Vereins Transgender Network Switzerland (TGNS), handelt es sich bei der Geschlechtsänderung mehr als um einen symbolischen Akt: «Es vereinfacht den Alltag enorm, wenn Dokumente mit dem übereinstimmen, was man im Alltag lebt», sagte er im Radio. Mit dieser Übereinstimmung des Amtlichen mit dem persönlich Gelebten entfielen Zusatzfragen und Unklarheiten.
Das Wort «trans» wird laut TGNS dann verwendet, wenn das innere Wissen einer Person, welches Geschlecht sie hat, also die Geschlechtsidentität, nicht mit dem bei der Geburt zugewiesen Geschlecht übereinstimmt. (aeg/sda)
Korrektur: Käser ist Student an der Hochschule der Künste in Bern. In einer früheren Version hiess es, er sei Student an der PH Bern. Der Fehler wurde berichtigt.
Die echten Hürden liegen aber ganz woanders.
An der Akzeptanz der Mitmenschen fehlt es noch allenthalben.
Das merke ich besonders, der mit beiden Geschlechtern geboren ist.
Oft werde ich als Tunte bezeichnet und ins Abseits gestellt.