Nach den Bränden im Flüchtlingslager Moria will die Stadt Bern 20 Flüchtende aufnehmen. Dies gibt der Gemeinderat per Medienmitteilung bekannt. Der Gemeinderat sei bestürzt über die Brände, heisst es im Schreiben.
Man sei überzeugt, dass die Schweiz «rasch Unterstützung» leisten müsse. Der Gemeinderat fordert die Bundesbehörden auf, «über die bestehenden Verpflichtungen» hinaus Flüchtende aus Moria in der Schweiz aufzunehmen. Der Gemeinderat sei bereit, in einem ersten Schritt 20 Flüchtende aufzunehmen.
Die Bevölkerung und die politisch Verantwortlichen in vielen Städten seien der Überzeugung, «dass die Schweiz mehr tun könne gegen die humanitäre Krise an den Grenzen Europas».
Thomas Fuchs, Präsident der Berner SVP, beurteilt den Entscheid des Gemeinderates mit «gemischten Gefühlen», wie er auf Anfrage von watson sagt. Den Menschen auf Moria gehe es sicher schlecht, sagt Fuchs, «aber das Problem muss Europa lösen, nicht die Stadt Bern».
Man habe in der Stadt Bern selber finanzielle Probleme, gibt Fuchs zu bedenken. Auch sei die Evakuation von 20 Flüchtenden «nicht praktikabel». «Ich weiss nicht, wie man das umsetzen soll. Will die Stadt Bern etwa einen Helikopter nach Lesbos schicken?»
Fuchs vermutet, dass die Berner Stadtregierung den Entscheid aus wahltaktischen Gründen gefällt hat. «Das ist für mich ein billiger Wahlkampfstunt», so Fuchs. Ende November wird in der Stadt Bern gewählt.
Die Stadt Bern wird jedenfalls kaum eigenmächtig «einen Helikopter nach Lesbos schicken». «Über die Aufnahme von Migrantinnen und Migranten im Rahmen eines Kontingentes entscheidet der Bundesrat», sagt Emmanuelle Jaquet von Sury, Pressesprecherin des Staatssekretariats für Migration (SEM), auf Anfrage.
Es stellten sich eine Reihe von rechtlichen und finanziellen Fragen, welche auch die Kantone betreffen würden, so Jacquet von Sury weiter. «Ein solcher Entscheid müsste auf jeden Fall mit den Kantonen abgesprochen werden.»
Dessen ist sich auch die Berner Gemeinderätin Franziska Teuscher bewusst. Einen solchen Beschluss könne nur der Bund fällen, schreibt die Grüne. «Wir haben uns deshalb in den letzten Jahren wiederholt an diesen gewendet und um entsprechende Beschlussfassungen gebeten.» Das letzte Mal seien die acht grössten Städte der Schweiz mit dem Anliegen der Direktaufnahme von zusätzlichen Flüchtlingen aus Lesbos im Juni an den Bundesrat gelangt.
Sobald man vom Bund grünes Licht erhalte, werde man die Flüchtenden «in den bei uns dafür vorhandenen Strukturen unterbringen», so Teuscher weiter. Diese seien zurzeit nicht zu 100 Prozent ausgelastet.
Bei dem Grossbrand im Flüchtlingscamp von Moria sind nach Angaben der Regierung in Athen keine Menschen ums Leben gekommen.
Der Brand sei am späten Dienstagabend während Protesten von Migranten ausgebrochen, die nicht in die Isolation gehen wollten, nachdem sie positiv auf das Coronavirus getestet worden waren, hiess es.
Der griechische Regierungschef Kyriakos Mitsotakis kritisierte die «Haltung einiger Migranten», die allen Anzeichen nach Feuer gelegt und die Feuerwehr anschliessend daran gehindert hätten, den Grossbrand zu löschen. «Es kann keine Ausreden geben für gewalttätige Reaktionen aufgrund von Gesundheitskontrollen», sagte er mit Blick auf die Corona-Fälle und entsprechende Tests in dem Camp.
Wie viele Menschen durch das Feuer obdachlos geworden sind, soll nach einer Inspektion bekanntgegeben werden, die auf Lesbos bereits begonnen hat, teilte Migrationsminister Giorgos Koumoutsakos mit.
Moria war das grösste Flüchtlingslager Griechenlands und Europas. Es war seit Jahren heillos überfüllt, zuletzt lebten dort nach Angaben des griechischen Migrationsministeriums rund 12'600 Flüchtlinge und Migranten – bei einer Kapazität von gerade mal 2800 Plätzen.
Mit Material von (sda/dpa)
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