Im Rockerprozess hat das Berner Obergericht am Donnerstag die erstinstanzlichen Urteile vollumfänglich bestätigt. Wegen Raufhandels wurden vier Bandidos und zwei Hells Angels zu mehrmonatigen Freiheitsstrafen verurteilt.
Ein Bandido muss acht Monate ins Gefängnis, ein weiterer muss zwei Monate seiner Strafe absitzen. Die übrigen Angeklagten kamen mit bedingten Strafen davon. Aus Sicht des Obergerichts fielen die Strafen des Regionalgerichts zwar zu mild aus. Eine Verschärfung war aber nicht möglich, weil die Staatsanwaltschaft keine Anschlussberufung eingelegt hatte.
Bei der blutigen Fehde von 2019 in Belp seien beide Rockergruppen bewaffnet auf die Konfrontation zugesteuert, stellte die vorsitzende Oberrichterin fest. Von einer zufälligen Beizenschlägerei könne keine Rede sein. Der Rechtsstaat dürfe keine Schattengesellschaft dulden, die nach eigenen Regeln handle.
Die sechs Beschuldigten seien keineswegs nach dem Prinzip der Sippenhaft verurteilt worden, wie dies ein Verteidiger kritisiert habe. Jeder einzelne Fall sei sorgfältig geprüft worden.
Den Beschuldigten könne zwar nicht vorgeworfen werden, dass sie meist geschwiegen und so von ihrem Recht auf Aussageverweigerung Gebrauch gemacht hätten. Sie hätten damit aber kaum etwas zu ihrer Entlastung beigetragen.
Nach den Erkenntnissen der Berner Justiz war der schwelende Streit zwischen den Motorradklubs 2019 eskaliert, weil die Bandidos einen Ableger in der Schweiz gründen wollten. Das passte den Hells Angels und den mit ihnen befreundeten Berner Broncos nicht.
Zum Gewaltexzess kam es, als Bandidos in Belp eine Party feiern wollten. Mehrere Rocker wurden schwer verletzt.
Erstmals im Berufungsprozess befanden sich am Donnerstag Mitglieder der beiden verfeindeten Motorradklubs im selben Saal. Drei Bandidos und zwei Hells Angels nahmen die Urteile weitgehend regungslos zur Kenntnis. Ein weiterer Bandido aus Griechenland wurde in Abwesenheit verurteilt.
Die Polizei war mit einem Grossaufgebot vor Ort und zeigte auch rund ums Gebäude Präsenz. Zwischenfälle gab es keine, im Gegensatz zum Prozess vor Regionalgericht 2022. Damals hatte die Polizei Tränengas und Gummischrot eingesetzt, um die Rockergruppen vor dem Berner Amtshaus auseinanderzuhalten.
Das Regionalgericht hatte 17 Schuldsprüche gefällt. Das Obergericht beurteilte am Donnerstag nur sechs Fälle von Rockern, die das Urteil weitergezogen hatten.
Nicht dabei waren die beiden Bandidos, die in erster Instanz am härtesten bestraft wurden. Der eine verzichtete auf den Weiterzug und sitzt seine Freiheitsstrafe von acht Jahren wegen versuchter vorsätzlicher Tötung ab.
Der andere hat zwar Berufung gegen die Verurteilung wegen versuchter schwerer Körperverletzung eingelegt, befindet sich aber in stationärer psychiatrischer Behandlung. Sein Fall wird später beurteilt. (sda)