Der neue Justizminister Beat Jans verschafft sich in seinen ersten Wochen im Amt einen ersten Überblick im Asylwesen. Er erwartet ein «anspruchsvolles Jahr». Priorität hat die Suche nach zusätzlichen Unterbringungsplätzen für Geflüchtete.
SP-Bundesrat Jans tauschte sich am Freitag ein erstes Mal mit dem Vorstand der kantonalen Sozialdirektorinnen und Sozialdirektoren (SODK) zur aktuellen Lage im Asylwesen aus. Danach besuchte er das Bundesasylzentrum in Basel.
«Ich sah vor Ort, was es bedeutet, ein Verfahren durchzuführen und vielen unterschiedlichen Bedürfnissen gerecht zu werden», sagte Jans im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Es sei sein erster Besuch in einem Bundesasylzentrum gewesen. Weitere würden in den nächsten Wochen und Monaten folgen, unter anderem im Tessin.
Eine seiner ersten Erkenntnisse sei, dass es keine einfachen Lösungen rund um die Migration gebe, hielt Jans fest. Es gebe aber Möglichkeiten, um die Situation zu verbessern. Das Asylwesen sei eine Verbundaufgabe zwischen Bund, Kantonen und Gemeinden. «Wir müssen das gemeinsam lösen», sagte der neue Justizminister.
Momentan sei die Auslastung in den Bundesasylzentren hoch, so Jans weiter. «Die Situation ist aber nicht kritisch.» Ab Sommer werde jedoch mit einem deutlichen Anstieg der Asylgesuche gerechnet. Deshalb brauche es wieder zusätzliche Plätze. «Alles deutet darauf hin, dass auch 2024 ein anspruchsvolles Jahr wird.»
Das Ziel bleibe es, jedem und jeder ein Dach über dem Kopf zu geben und keine vorzeitigen Zuweisungen an die Kantone zu tätigen, hielt Jans fest. «Wir arbeiten intensiv daran, die Verfahren rasch abzuschliessen.»
In diesem Zusammenhang sei es auch eine ständige Herausforderung, genügend qualifizierte Mitarbeitende zu finden - insbesondere Sozialpädagogen zur Betreuung der unbegleiteten minderjährigen Asylsuchenden (Uma).
Als weiteres wichtiges Thema in diesem Jahr erwähnte Jans die Integration von Geflüchteten in den Arbeitsmarkt, auch von Personen mit Status S aus der Ukraine. «Ich werde dem Bundesrat demnächst konkrete Vorschläge machen», sagte Jans.
Jans' Vorgängerin im Justizdepartement, die heutige Innenministerin Elisabeth Baume-Schneider, hatte vergangenes Jahr im Asyldossier einen schweren Stand. Ein geplantes Projekt zur Unterbringung von Geflüchteten in sogenannten Containerdörfern lehnte das Parlament ab. Der neue Justizminister übernahm einen grossen Pendenzenberg.
Jans sieht optimistisch in die Zukunft. «Wir sind im Gespräch mit den Kantonen und der Armee, um gemeinsam Lösungen zu finden.» Kommuniziert werde, wenn Lösungen gefunden worden seien.
Das Staatssekretariat für Migration (SEM) rechnet für 2024 mit einer ähnlich hohen Anzahl Asylgesuche in der Schweiz wie im vergangenen Jahr prognostiziert, also mit 28'000 bis 30'000 Gesuchen - Flüchtlinge aus der Ukraine sind dabei nicht mitgezählt. Genaue Vorhersagen sind aufgrund der aktuellen Krisenherde in der Ukraine, dem Nahen Osten sowie verschiedenen afrikanischen Staaten aber schwierig.
Kurz- und mittelfristig dürfte der Migrationsdruck nicht abnehmen. Die Unterkünfte für Asylsuchende waren in den vergangenen Monaten zeitweise am Anschlag. Aus den Kantonen ertönte Kritik, weil der Bund ihnen vorzeitig Asylsuchende zuweisen musste. Im vergangenen Herbst wurden hastig Zivilschutz- und Militäranlagen in Betrieb genommen.
Laut der SODK ist man nach dem Kennenlerntreffen mit Bundesrat Jans «in einer konstruktiven Atmosphäre» darin verblieben, die Planung von fehlenden Betten im Asylbereich im Hinblick auf den Sommer und Herbst sofort anzugehen. Es gehe darum, bei einem hohen Asylgesuchsaufkommen nicht wieder im Krisenmodus operieren zu müssen. «Wir müssen gemeinsam und kreativ nach Lösungen suchen, die beiden Seiten Gewinn bringen», liess sich SODK-Präsidentin Nathalie Barthoulot (JU) in einer Mitteilung zitieren. (sda)