
Sag das doch deinen Freunden!
Alt-Bundesrätin Elisabeth Kopp wurde 1984 zur ersten Bundesrätin der Schweiz gewählt. 1989 beendete ein Skandal ihre Karriere. Nun, 30 Jahre später, berichtet Kopp in der «Schweiz am Sonntag», dass sie damals als Finanzministerin das Asylgesetz verletzt habe, um ein todkrankes Kind vor der Ausschaffung zu retten.
Während ihrer Amtszeit trat der damalige Delegierte für das Flüchtlingswesen, Peter Arbenz, mit der Bitte an sie heran, sich die Situation einer von der Ausschaffung bedrohten Familie anzusehen. «Ich wusste sofort, dass es sich um einen ausserordentlichen Fall handeln musste, wenn der Flüchtlingsdelegierte damit zu mir kommt», sagt Kopp zu der Zeitung.
Ein ausserordentlicher Fall war es tatsächlich. Eine Mutter wollte in einem Supermarkt einen Schokoladenriegel klauen, während das Asylverfahren noch lief. Es drohte ein Strafverfahren und damit das Ende des Asylverfahrens. Besonders tragisch: Das Kind der Mutter war todkrank und bei einem Berner Spezialisten in Behandlung. Eine Abschiebung hätte den sicheren Tod des Kindes zur Folge gehabt, ist sich Kopp sicher.
Weil es damals noch keine Härtefallklausel gab, wäre die Familie trotz des drohendne Schicksals abgeschoben worden. «Ich entschied, dass die Familie bleiben kann. Ich habe damit das Asylgesetz verletzt. Für mein Handeln gab es keine rechtliche Grundlage.» Wie es der Familie heute geht, weiss die Alt-Bundesrätin nicht.
Doch warum tritt die FDP-Bundesrätin erst fast 30 Jahre nach dem Fall an die Öffentlichkeit? Die SVP-Durchsetzungsinitiative will die Härtefallklausel abschaffen und nimmt damit solche Fälle künftig wieder in Kauf. «Die Stimmbevölkerung muss sich bewusst sein, dass sie mit dieser Initiative über das Schicksal von Menschen entscheidet.»
Mit weiteren ehemaligen Bundesräten setzt sich Kopp nun gegen die Durchsetzungsinitiative ein. Sie haben zusammen ein Manifest unterzeichnet, dass in den kommenden Tagen veröffentlicht werden soll. (lhr)