Sag das doch deinen Freunden!
SVP-Präsident Toni Brunner führt neben «Mehr Sicherheit» als zweitwichtigstes Argument für die Durchsetzungsinitiative (DSI) folgendes an: «Die DSI will, dass sich in der Schweiz auch die Gäste an unsere Gesetze halten.»
Gegen diesen Satz in seiner Rede an der SVP-Delegiertenversammlung vom 23. Januar ist nichts einzuwenden. Nur das Wort «auch» suggeriert, dass sich Schweizer Bürger an die Gesetze halten. Dem ist nicht so. Nebst dem Schreibenden sind rund ein Drittel der männlichen Schweizer Bevölkerung vorbestraft. Und nicht wenige aktive und ehemalige SVP-Parteimitglieder auch. Würden sie nun eines dieser Delikte aus dem zweiten Teil des Katalogs der Durchsetzungs-Initiative begehen, drohte dem einen oder anderen die Ausweisung, hätte er keinen Schweizer Pass.
Diese 19 ehemaligen oder aktiven SVP-Mitglieder sind in den vergangenen zehn Jahren mit dem Gesetz in Konflikt geraten:
Bruno Zuppiger war SVP-Nationalrat und Kandidat für Bundesratswahlen 2011. Kurz vor der Wahl berichtete die «Weltwoche», dass Zuppiger mittels verschiedenster Tricks 240'000 Franken aus einer Erbschaft einer ehemaligen Mitarbeiterin abgezweigt hatte. Er hätte die Erbschaft zweien karitativen Organisationen zukommen lassen sollen, verbuchte aber einen Grossteil der Summe für seine angeblichen Anstrengungen, weitere rechtmässige Erben zu finden. Mit dem veruntreuten Geld bezahlte er Hotelübernachtungen und Lohnkosten seiner Firma. Das Bezirksgericht Zürich verurteilte Zuppiger zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 13 Monaten. Das Urteil ist rechtskräftig, Zuppiger von all seinen Ämtern bei der SVP zurückgetreten.
Mehr Arbeitszeit, mehr Lohn: So lautet die gängige Regel im Schweizer Arbeitsmarkt. Nicht so bei Luzi Stamm. Er liess die malaysische Haushaltshilfe seiner Eltern die Arbeitszeit von 36 auf 72 Stunden pro Woche erhöhen und beliess es bei einem Lohn von 3000 Franken pro Monat. Einen Arbeitsvertrag gab Stamm der Frau nicht. Rund 200 Franken, die die Haushälterin ihrem Arbeitgeber Stamm für ein Essen vorgeschossen hatte, wollte er ebenfalls nicht zahlen, weshalb die Haushaltshilfe ans Arbeitsgericht Baden gelangte. Dieses verweigerte der Haushaltshilfe zwar die rückwirkende Lohnerhöhung, weil sie diese nie explizit verlangt hatte, verdonnerte Stamm aber dazu, ihr die vorgeschossenen 209.60 Franken für das Essen zu erstatten. Strafrechtlich ist Stamm deswegen unvorbelastet, aber imagemässig war die Auseinandersetzung mit der Haushälterin kein Gewinn. Stamm ist nach wie vor Nationalrat und Vizepräsident der SVP.
Martin Baltisser und Silvia Bär, also das Generalsekretariat der SVP, sind beide verurteilt worden wegen Verstosses gegen die Antirassismus-Strafnorm. Als Verantwortliche sind ihnen vom Berner Strafgericht Geldstrafen aufgebrummt worden, weil die Partei in Zeitungen Inserate mit der Meldung «Kosovaren schlitzen Schweizer auf» geschaltet hatte. Toni Brunner als oberster Verantwortlicher für die Inseratekampagne konnte dank parlamentarischer Immunität nicht belangt werden. Baltisser und Bär haben das Urteil weitergezogen.
Der SVP-Nationalrat Hans Fehr aus Eglisau (ZH) und seine Frau hatten wie viele andere Bewohner des Dorfes zwischen 2011 und 2013 eine Asylbewerberin als Putzfrau engagiert. Einerseits verfügte die Frau über keine Arbeitsbewilligung, andererseits unterliessen es die Fehrs, die AHV-Abgaben auf das Salär der Asylbewerberin zu entrichten. Fehr, der im Parlament ausgiebig engagierte Voten gegen Schwarzarbeit vorbrachte, entschuldigte sich öffentlich und versprach, die Sozialversicherungsabgaben nachzuzahlen. Das Strafverfahren gegen die Eglisauer Arbeitgeber der Asylbewerberin ist eingestellt worden, da die Beschuldigten nicht gewusst hätten, dass die Frau nicht arbeiten dürfe. Die Verfahrenskosten wurden Fehrs jedoch auferlegt, da das Verfahren durch «schuldhaftes Verhalten» ausgelöst worden sei.
Erich Hess, erlernter Beruf Lastwagen-Chaffeur, fuhr 2009 angetrunken mit dem Wagen seines Parteikollegen Thomas Fuchs in einen Familien-Van der Marke Peugeot. Beim Unfall blieben alle Beteiligten unverletzt. Weil er 0,9 Promille Alkohol im Blut hatte, musste Hess seinen Fahrausweis abgeben. Hess ist heute Mitglied der SVP-Fraktion im Bundeshaus.
Der damalige Präsident der JSVP Obwalden baute im April 2013 angetrunken einen Auffahrunfall, bei dem ein 43-jähriger Mann ums Leben kam. Hertli versuchte, mit hoher Geschwindigkeit eine Unfallstelle auf dem Pannenstreifen zu umfahren und prallte in das stehende Auto des 43-Jährigen. Forensiker ermittelten bei Hertli für den Unfallzeitpunkt einen Blutalkoholwert von 1,45 Promille. Das obige Bild entstand drei Monate nach dem tödlichen Unfall. Hertli fungiert auf der Alpnacher Parteienwebseite nach wie vor als Kontaktperson für die JSVP Obwalden. Gegen den einschlägig vorbestraften Hertli ist ein Strafbefehl mit unbedingter Geldstrafe und Übernahme der Verfahrenskosten über 21'000 Franken erlassen worden. Hertli hat dagegen rekurriert. Die Parteileitung gab er nach dem Unfall ab.
Die Wiler SVP-Parlamentariern Sarah Bösch geriet im April 2015 mit über 0,8 Promille am Steuer in eine Polizeikontrolle. Via Facebook beschwerte sie sich über den Aufwand, der zur Entnahme der Blutprobe nötig war. In der Folge schied sie aus der SVP-Fraktion und auch aus der Partei aus. Zuvor hatte Bösch für ein nie realisiertes Kinderkrippen-Projekt bei anderen SVP-Mitgliedern Geld gesammelt, das versickert ist.
Der ehemalige SVP-Kantonsrat Jürg Leuthold hatte zwischen Mai 1999 und September 2003 aufgrund eines Gutachtens seines Hausarztes eine volle IV-Rente bezogen. Weil er in der selben Zeit politisch sehr aktiv war und auch mit anderen Mandaten in der Öffentlichkeit stand, fing die Zürich Versicherung an, Leuthold zu observieren, weil er aus der Pensionskasse dieses früheren Arbeitgebers Leistungen bezog. Das Zürcher Sozialversicherungsgericht beurteilte Leuthold 2007 aufgrund der Observation der Zürich und weiterer Gutachten als 100 Prozent arbeitsfähig, weswegen er die erhaltenen Beträge rückwirkend zurückzahlen müsse. Das Bundesgericht bestätigte später, dass Leuthold wohl arbeitsfähig gewesen sei, weswegen die Zürich Versicherung 164'000 Franken ausbezahlte Invaliditätsleistungen mit dem Freizügigkeitsguthaben Leutholds verrechnen durfte. Vom Vorwurf des Betrugs an der IV wurde er jedoch entlastet, da er «gutgläubig» gehandelt habe. Leuthold trat von allen Ämtern zurück, in seinem Pensionskassenkonto bei der Zürich Versicherung lagen 2008 noch 88 Franken.
Oliver M. war SVP-Stadtrat in Schaffhausen und wurde 2013 vom Kantonsgericht wegen Förderung der Prostitution und Menschenhandels zu zwei Jahren bedingt verurteilt. M. hatte zusammen mit einem Geschäftspartner in Stein am Rhein ein Cabaret betrieben und Tänzerinnen dazu gezwungen, Gäste sexuell zu befriedigen. Das Bundesgericht hat das Urteil des Kantonsgerichts bestätigt. Oliver M. hat sich aus der Politik zurückgezogen.
Heinz Müller war bis 2011 SVP-Parteipräsident im Kanton Solothurn und ist 2013 wegen Steuerbetrugs und Urkundenfälschung verurteilt worden. Müller hatte sich sechsstellige Summen aus seiner Firma als Wahlkampfaufwendungen ausgezahlt und Kosten aus einem privaten Liegenschaftsdeal als Geschäftsaufwand verbucht, wodurch Gewinn und Steuerbelastung der Firma sanken. Mit den «Wahlkampfspenden» ist er durchgekommen, mit dem Liegenschaftsdeal nicht. Heinz Müller ist weiterhin im Vorstand der SVP Grenchen.
Der Freiburger SVP-Grossrat und Gemeinderat von Jaun (FR) ist zweifach wegen Jagdvergehen mit der Justiz in Konflikt geraten. 2013 hatte er ausserhalb der Jagdsaison drei Füchse nahe einer Wohnsiedlung geschossen, die «ihn und seine Gäste gestört» hätten. Er hatte die Tiere in einem Sack entsorgt, wobei einer der Füchse noch lebte und später vom Wildhüter abgetan werden musste. Damals erhielt Schuwey eine bedingte Geldstrafe und eine Busse von 1000 Franken. Im Herbst 2015 verurteilte das Greyerzer Polizeigericht Schuwey erneut, weil er bei der Jagd eine Gämse nicht richtig schoss und zu lange leiden liess. Er erhielt eine bedingte Geldstrafe mit einer Probezeit von vier Jahren.
Aldo Patriarca, ehemaliger Präsident der SVP Widen, hat zusammen mit zwei Mittätern 2012 rassistische Slogans auf der Homepage der SVP Widen publiziert. Alle drei sind wegen Verstosses gegen die Antirassismus-Strafnorm rechtskräftig zu bedingten Geldstrafen verurteilt worden. Patriarca ist nicht mehr im Vorstand der SVP-Widen.