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Bundesrat segnet Gasabkommen mit Deutschland und Italien ab

SVP-Parteipräsident und Nationalrat Albert Rösti ist Schweizer Stimmenkönig. Er holte von allen Nationalratsmitgliedern mit 128'252 die meisten Stimmen.
Bild: KEYSTONE

Bundesrat segnet Gasabkommen mit Deutschland und Italien ab

15.03.2024, 11:4715.03.2024, 12:38
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Mit dem geplanten Solidaritätsabkommen für Gaslieferungen in Notfällen zwischen der Schweiz, Deutschland und Italien geht es vorwärts. Der Bundesrat hat am Freitag grünes Licht gegeben für die Unterzeichnung des trilateralen Vertrags. Entscheiden wird das Parlament.

Im Januar während des Weltwirtschaftsforums (WEF) in Davos GR hatte Energieminister Albert Rösti angekündigt, dass die drei Länder das Gasabkommen bald abschliessen wollten. Auch wenn sich die Energiesituation in Europa im Vergleich mit den vergangenen beiden Wintern inzwischen verbessert habe, würde ein solches Abkommen im Notfall «Sinn machen», sagte Rösti. Man wolle für die Zukunft gewappnet sein.

Nun ist es so weit: Der Gesamtbundesrat hat Rösti ermächtigt, einen entsprechenden Anhang zu diesem Abkommen zu unterzeichnen, wie er mitteilte. Zudem seien die zuständigen Departemente beauftragt worden, ihm bis im Mai eine Vernehmlassungsvorlage mit dem Antrag zur Ratifizierung sowie den notwendigen Verpflichtungskrediten vorzulegen. Entscheiden darüber wird das Parlament.

Abkommen als Ultima Ratio

Die Schweiz verfügt über keine eigenen Gasspeicher. Sie ist von den Nachbarländern abhängig. Ohne Vertrag besteht die Gefahr, dass die Nachbarländer im Fall einer Verknappung ihre Gaslieferungen an die Schweiz reduzieren könnten.

Das trilaterale Solidaritätsabkommen soll gegenseitige Gaslieferungen in Notsituationen regeln – etwa damit Spitäler und Haushalte auch in akuten Krisen stabil mit Gas versorgt werden können. In den Solidaritätsverträgen sollen Prozesse und gegenseitige Verpflichtungen über Lieferungen geregelt werden.

Die Unterzeichnung des Anhangs zum Solidaritätsabkommen zwischen Deutschland und Italien ermöglicht der Schweiz laut dem Bundesrat, bei Ausrufung des Notfalls und nach Ergreifung sämtlicher im Inland möglichen Massnahmen, bei den beiden Staaten um Solidarität zur Versorgung der geschützten Schweizer Kundinnen und Kunden zu ersuchen.

Im Gegenzug kann auch die Schweiz im Notfall um Solidarität angefragt werden. Die drei Staaten garantieren zudem, die bestehenden Transportkapazitäten in ihren Netzen nicht einzuschränken. Für die Schweiz ist das Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung (BWL) für die Umsetzung des Solidaritätsabkommens zuständig.

Schiedsgericht bei Streitfällen

Im Falle von Solidaritätslieferungen hätte der Bund Zahlungsverpflichtungen. Diese umfassen die Kosten für das Gas und den Gastransport sowie allfällige Entschädigungen für Schäden im Zusammenhang mit hoheitlichen Massnahmen. Damit der Bund im Bedarfsfall Zahlungen leisten könnte, sind entsprechende Verpflichtungskredite notwendig.

Dies zum einen für die Staatsgarantie, um für die Bezahlung von freiwilligen Massnahmen durch schweizerische Marktteilnehmer zu bürgen. Zum andern, um zugunsten der Schweiz im Ausland umgesetzte hoheitliche Massnahmen entschädigen zu können. Allfällige Zahlungen des Bundes würden im Nachgang den Empfängern der Gaslieferungen in Rechnung gestellt.

Streitigkeiten zwischen den Vertragsparteien, die nicht durch die zuständigen Behörden beigelegt werden können, würden vor einem Ad-hoc-Schiedsgericht beigelegt. Dieses entscheidet ausschliesslich und abschliessend über alle Streitfälle, die in den Anwendungsbereich des Abkommens fallen.

Gemäss der Schiedsklausel sollen alle drei Parteien je eine Schiedsrichterin oder einen Schiedsrichter ernennen. Die drei Parteischiedsrichter bezeichnen einen vierten Schiedsrichter als Vorsitzenden. Diesem kommt für den Fall einer Pattsituation der Stichentscheid zu.

Von EU-Kommission geprüft

Deutschland hat bereits mehrere solcher Solidaritätsabkommen mit EU-Ländern. Die Schweiz soll sich nun dem Gas-Solidaritätsabkommen zwischen Deutschland und Italien anschliessen.

Die EU-Kommission hatte das Abkommen bereits vorgeprüft. Sie wollte damit sicherstellen, dass «zwischenstaatliche Energieabkommen die Versorgungssicherheit der EU und das Funktionieren des Binnenmarkts nicht gefährden», hiess es damals.

Sollte ein Mitgliedstaat ein Abkommen unterzeichnen, das nicht mit dem EU-Recht vereinbar ist, hat die Kommission die Möglichkeit, ein Vertragsverletzungsverfahren gegen diesen Staat einzuleiten. (rbu/hkl/sda)

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