Am Sonntag ist die Staatssekretärin für Wirtschaft, Helene Budliger Artieda, nach Washington abgereist. Auf Anfrage bestätigte das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) Medienberichte: Man nutze «alle Kanäle, um mit den US-amerikanischen Behörden in Kontakt zu treten». Die Staatssekretärin werde bis Mittwoch verschiedene Gespräche führen, «um unseren Partnern in den USA die Situation der Schweiz zu erklären und mögliche Missverständnisse auszuräumen».
Zugleich wird Budliger den Besuch von Wirtschaftsminister Guy Parmelin und Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter vorbereiten. Die beiden nehmen Ende Monat am Frühlingstreffen des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank teil und hoffen, dann mit möglichst hochrangigen US-Regierungsvertretern reden zu können. Im besten Fall mit Trump selbst. Für Budliger ist also Klinken putzen angesagt.
Der Bundesrat selbst setzt derweil auf stille Diplomatie. Es gehe darum, «nichts zu tun, was Lärm verursacht», heisst es. Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter erklärte am Samstag im Interview mit «La Liberté», es gelte «kühlen Kopf zu bewahren und nicht in Alarmismus zu verfallen». Eine Eskalation liege nicht im Interesse der Schweiz: «Was wir jetzt brauchen, ist die Möglichkeit, die Situation am Verhandlungstisch zu erklären.»
Das ist leichter gesagt als getan. Denn zweieinhalb Monate nach dem Amtsantritt von Donald Trump haben weder Bundespräsidentin Keller-Sutter noch Aussenminister Ignazio Cassis oder Wirtschaftsminister Parmelin direkten Kontakt zum innersten Kreis des US-Präsidenten. Keller-Sutter sagte am Donnerstag, es habe bisher keinen Anlass gegeben, Trump anzurufen, «am Telefon kann man nicht sehr viel besprechen».
Auch Ignazio Cassis hat noch nicht mit seinem Amtskollegen telefoniert, Aussenminister Marco Rubio. Das mag auch daran liegen, dass nach Elon Musks Kettensägenmassaker in der US-Verwaltung Chaos herrscht – die üblichen diplomatischen Kanäle sind teilweise verschüttet. So haben sogar die viel gelobten Guten Dienste, die die Schweiz als Schutzmacht der USA in Iran leistet, bisher nicht geholfen.
Eine halbe Woche nachdem er zugeschlagen hat, zeigt sich immer deutlicher: Der Bundesrat wurde von Trumps Zollhammer voll getroffen. Nächsten Mittwoch treten die neuen Tarife aller Voraussicht nach in Kraft. Ab dann ist jedes Sackmesser aus der Schweiz, jede Uhr und jeder Bestandteil für eine Maschine 31 Prozent teurer als bis jetzt. So hoch ist der Strafzoll. Und schlimmer noch: Schweizer Produkte werden in den USA deutlich teurer sein als jene der europäischen Konkurrenz, weil die EU mit Zöllen von 20 Prozent spürbar glimpflicher davonkommt.
Offensichtlich hat man sich in Bundesbern zuvor einlullen lassen von den Schalmeienklängen der Amerikaner: Dass die Schweiz wenig zu befürchten habe, weil sie eben gerade nicht Mitglied der EU sei, dem europäischen Feindbild Trumps und seines Vizepräsidenten J.D. Vance. Mit dem Besuch von sechs US-Kongressabgeordneten im März in Bern, die auch von Cassis und Parmelin begrüsst wurden, sah man sich zudem in der Hoffnung bestätigt, dass trotz Trumps Durcheinander für die Schweiz weiterhin business as usual gelte mit den USA.
Dies auch im Glauben an die eigenen, in der Tat sehr guten Argumente: Die Schweiz als sechstgrösste Investorin in den USA, als Nummer eins bei Forschung und Entwicklung, die Hunderttausende gut bezahlte Jobs schafft. Die Schweiz, wo 99 Prozent der US-Güter zollfrei eingeführt werden können. Das müsste doch sogar Trump einleuchten, dachte man.
Tat es aber nicht. Für die Berechnung der Strafzölle unterwarf Trump die Schweiz derselben, laut den meisten Wirtschaftsexperten absurden Formel wie alle andern Staaten – mit dem bekannten, katastrophalen Ergebnis. Für den Bundesrat war es ein böses Erwachen. Und ein spätes.
Dass Budliger bis Mittwoch das Schlimmste abwenden kann, ist kaum wahrscheinlich. Schon bei ihrer letzten Reise nach Washington vor nur gerade drei Wochen führte sie zahlreiche Gespräche, darunter mit dem Stabschef des Handelsdelegierten Jamieson Greer. Inzwischen zeigte sich, dass selbst diese Personen nicht zum Kreis jener gehörten, die den Zoll-Entscheid vorbereiteten.
Entsprechend schwierig dürfte es nun werden, für Bundespräsidentin Keller-Sutter ein Treffen mit Trump persönlich am Rande der Bretton-Woods-Konferenz Ende Monat zu organisieren. Dann werden auch Dutzende andere Staats- und Regierungschefs um eine solche Audienz ersuchen. Käme die Schweiz zum Zuge, wäre schon das als diplomatischer Erfolg zu werten. (aargauerzeitung.ch)
Oder anders gesagt: Der Bundesrat besteht aus Warmduschern ohne Rückgrat und Patriotismus. Eine Schande.
Es fühlt sich an wie eine Schultheateraufführung, wo ich im Publikum sitze und mein Kind seinen Text nicht auswendig kann und auf der Bühne nur Faxen macht.
Kein schönes Gefühl.