Wer Albert Rösti zufällig auf der Strasse trifft und ihn mit «Guten Tag, Herr Verteidigungsminister ...» begrüsst, erhält ein Lachen. Und es kann sein, dass der SVP-Bundesrat sogar schelmisch salutiert: «Gefreiter Rösti!»
Als SVP-Politiker hat Albert Rösti natürlich Militärdienst geleistet. Er bekleidet den Rang eines Gefreiten der Schweizer Armee. Ins Verteidigungsdepartement (VBS) will er trotzdem nicht wechseln. Er möchte im Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek) bleiben, wie er dem Nachrichtenportal Nau sagte: «Wir haben sehr wichtige Projekte im Uvek. Ich fühle mich entsprechend wohl.»
Auch die SVP hat kein Interesse daran, dass Rösti das Uvek aufgibt, das sie nach langem Warten ergattert hat. Es ist nur in einem Fall denkbar, dass Rösti allenfalls doch ins VBS zügelt: Wenn das der Gesamtbundesrat will – weil es keine andere Lösung gibt.
Albert Rösti ging am Donnerstagabend an einem Anlass im Bundeshaus auf den Rücktritt von Viola Amherd ein. Die Zeitschrift «Schweizer Journalist:in» des österreichischen Medienfachverlags Johann Oberauer zeichnete Uvek-Kommunikationschefin Franziska Ingold zur Mediensprecherin des Jahres aus.
«Alle im Bundesratsgremium waren überrascht über den Rücktritt», sagte Rösti im Gespräch mit Urs Leuthard, dem SRF-Redaktionsleiter Bundeshaus, an der Feier vor Kommunikationsfachleuten. Obwohl viele immer wieder von einem Rücktritt gesprochen hätten. Amherd habe diesen kommunikativ geschickt vorbereitet. «Ich werde Ende Jahr sicher nicht zurücktreten. Ich werde weiterarbeiten», sagte sie im 1.-August-Interview gegenüber SRF. «Das war intelligent formuliert», sagte Rösti. Deshalb sei er davon ausgegangen, sie bleibe.
Verstärkt hat sich dieser Glaube nach der Rücktrittsforderung der SVP vor einer Woche. «Ich ging davon aus, dass die SVP mit ihrer Forderung möglicherweise das Gegenteil erreicht – nämlich, dass Viola Amherd gerade deswegen noch nicht zurücktritt», meinte er. «Das wäre die normale Reaktion auf eine Rücktrittsforderung.»
Rösti nahm auch die Kritik der Medien an Amherd auf. Er selbst stehe wohl nicht so stark in der Kritik, weil er erst zwei Jahre im Bundesrat sei. Sitze man hingegen schon mehrere Jahre in der Regierung, sei das anders. Das habe er sich am Mittwoch persönlich überlegt, als die Verteidigungsministerin ihren Rücktritt erklärte.
«Kollegin Viola Amherd wurde enorm stark kritisiert, unter anderem wegen IT-Projekten», sagte er. Auch er selbst hätte es aber kaum verhindern können, dass ein IT-Projekt im VBS nicht funktioniere, habe er sich gedacht. «Als Bundesrat muss man manchmal den Kopf hinhalten für etwas, das keinen direkten Zusammenhang mit einem hat.»
Das Rücktrittsdatum sei das grösste Geheimnis eines Bundesrates, betonte Rösti. «Selbst gegenüber dem engeren Umfeld und wohl sogar gegenüber dem privaten Umfeld.» Medienspekulationen seien zwar spannend. Das Beispiel von Viola Amherd zeige aber, dass es immer wieder Überraschungen gebe.
Der Energieminister erwartet dennoch keinen weiteren Bundesratsrücktritt bis zu den Wahlen 2027. «Ich gehe davon aus, dass das Gremium in dieser Legislatur konstant und stabil bleibt.» Auch wenn er das natürlich nicht definitiv wisse.
Rösti legte auch seinen Medienkonsum offen. «Ich bin Medienminister und muss wissen, was wo geschrieben wird», betonte er. Um 7 Uhr erhält Rösti jeweils einen ersten Medienspiegel von seinem Kommunikationsteam. Um 8 Uhr trifft er sich zur Sitzung mit seinem Stab, an der auch die Kommunikationschefin teilnimmt. Er hat die meisten Tageszeitungen und auch andere Medienprodukte abonniert – von der «Weltwoche» bis hin zur «Republik». Zur Abwechslung greift er auch mal zum «Frutigländer» aus dem Berner Oberland.
Wie wichtig es für ihn im Alltag ist, sich kommunikativ gut vorzubereiten, schilderte Rösti am Beispiel des Amherd-Rücktritts. Am Donnerstag stellte sich für die Medien die Frage, ob der Energieminister ins VBS wechsle, weil die Grünen dies gefordert hatten.
Eine «gute Sprachregelung» sei da zentral. Das höre sich zwar banal an, sei es aber nicht, betonte er. Am Donnerstag hielt er nämlich am Stromkongress eine 30-minütige Rede. Dann folgten einige Fragen – zuletzt die Frage, ob er ins VBS wechsle.
Natürlich könne man eine Standardantwort geben: «Das entscheidet der Bundesrat.» Man könne die Chance aber auch nutzen, um aufzuzeigen, wie wichtig die vielen Projekte im Uvek seien. Das tat Albert Rösti. (aargauerzeitung.ch/lyn)